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Denkmalschutz

TRestaurierung: Sie retten das prächtige Bauernhaus im Alten Land

Madeleine Göhring, Jan Diekmann, Denkmaleigentümerin Birgit Mählmann, Bodo Vogel und Ralf Mählmann (von nlinks) bei der Übergabe des Fördervertrags für die Restaurierung des Schmuckgiebels des Denkmals Stellmacherstraße 14 in Neuenfelde.

Madeleine Göhring, Jan Diekmann, Denkmaleigentümerin Birgit Mählmann, Bodo Vogel und Ralf Mählmann (von nlinks) bei der Übergabe des Fördervertrags für die Restaurierung des Schmuckgiebels des Denkmals Stellmacherstraße 14 in Neuenfelde. Foto: Vasel

Es ist einer der prächtigsten Schmuckgiebel des Alten Landes: Handwerker und Restauratoren arbeiten in der Stellmacherstraße 14 in Neuenfelde, um ein Juwel wieder schick zu machen, das bedroht war.

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Von Björn Vasel
Freitag, 23.08.2024, 14:10 Uhr

Neuenfelde. Das Haus mit seinem prächtigen Schmuckgiebel sei „das herrlichste des ganzen Alten Landes“ schrieb Hans Förster im Jahr 1922 in seinem Werk über die Altländer Kultur- und Kunstgeschichte. Die Hofstelle Stellmacherstraße 14 gehört zu den ältesten in Neuenfelde-Nincop, bereits 1524 wird ein Heino Quast als Besitzer im Schatzregister erwähnt. Seine Vorfahren lebten seit Anfang des 14. Jahrhunderts im Alten Land.

Prunkgiebel zeugt vom Selbstbewusstsein der Marschbauern

Quast, Behr und Heinrich hießen die Eigentümer, heute gehört das Denkmal der Obstbäuerin Birgit Mählmann. Eberhard Taube vom Denkmalschutzamt Hamburg ist begeistert vom Stolz der Altländer und ihrem Streben, das kulturelle Erbe zu erhalten. Die prächtige Nordfassade des Hauses Behr-Heinrich mit mehrfach vorkragendem, reich geschmücktem Prunkgiebel zeuge von dem hohen Anspruch der Erbauer.

400 Seiten umfasst die Akte des Hauses. „Die Familie bemüht sich seit Jahrzehnten mehr als vorbildlich um den Erhalt des Zweiständerhauses“, sagt der Denkmalschützer. Dieser Haustyp war bis 1800 im Alten Land weit verbreitet. Danach wurde das Wohnkammerfach, im hinteren Teil des Hauses lag der Stall, gesondert abgebunden. Deshalb habe der Bau im Alten Land hohen Seltenheitswert, so Taube.

Diese Inschrift weist auf den Wiederaufbau nach dem Brand im Jahr 1779 hin.

Diese Inschrift weist auf den Wiederaufbau nach dem Brand im Jahr 1779 hin. Foto: Vasel

Ob Fassade, Fenster, Brauttür mit barockem Zierwerk oder Reetdach, immer wieder wurde investiert. Doch der Zahn der Zeit nagt weiter am Denkmal. Im Jahr 2019 drohte der Schmuckgiebel „eines der schönsten und prächtigsten Häuser des Alten Landes“ einzubrechen. Eine Stützkonstruktion sicherte die Fassade. 2022 konnten die Rettungsarbeiten beginnen. Die Stadt Hamburg, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die Lotterie Glücksspirale unterstützen die Maßnahme.

Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützt Restaurierung

Mitte dieser Woche überreichten Jan Diekmann vom Ortskuratorium Hamburg der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Madeleine Göhring von Lotto Hamburg eine weitere Förderung in Höhe von 40.000 Euro - aus Spenden und Lotto-Geldern - für die Restaurierung und Sanierung der Schmuckgiebel und der Fenster im denkmalgeschützten Zweiständerhaus. Auch Malerarbeiten stehen an.

Restaurator Bodo Vogel im Gespräch mit Eberhard Taube vom Denkmalschutzamt Hamburg (von links).

Restaurator Bodo Vogel im Gespräch mit Eberhard Taube vom Denkmalschutzamt Hamburg (von links). Foto: Vasel

Ein Teil des Ständerbauwerks aus Eiche und des Giebel-Mauerwerks mussten teils erneuert werden. Die alten Ziegel aus den Gefachen wurden vorübergehend komplett entfernt. Restaurator Vogel wollte die orginale, knapp 250 Jahre alte Verfugung aus weißem Hochbrandgips aus Bad Segeberg unbedingt erhalten.

Teile des Fachwerks und Mauerwerks wurden erneuert.

Teile des Fachwerks und Mauerwerks wurden erneuert. Foto: Vasel

Die künstlerische Gestaltung und die Herkunft der Baumaterialien zeugen vom Reichtum und vom kulturellen Selbstbewusstsein der Marschbauern. Diese waren durch den Getreideanbau und die Viehzucht reich geworden.

Blick in die frühere Kofferkammer des 1779 erbauten Zweiständerhauses in der Stellmacherstraße 14.

Blick in die frühere Kofferkammer des 1779 erbauten Zweiständerhauses in der Stellmacherstraße 14. Foto: Vasel

Im Zuge der Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten kam in der alten Kofferkammer hinter der Brauttür eine alte Wandbemalung zum Vorschein. Damit der Holzwurm sich nicht breitmacht, wurden die Innenwände mit einer Wandheizung ausgestattet und mit Lehm verputzt. Das schützt das Holz vor Feuchtigkeit.

Wiederaufbau nach dem Brand von 1779

Auch von Katastrophen blieb der Hof nicht verschont. Das reetgedeckte Fachwerkhaus brannte Ende des 18. Jahrhunderts zum Teil ab. „Das vorige Haus ist abgebrandt 1779 24. July und mit Gottes Hülfe wieder aufgebauet im selbigen Jahr des Herrn 7. October“, heißt es bis heute in der Inschrift auf dem Prunkgiebel. Hans und Catharina Quast, sie hatten fünf Kinder, bauten es wieder auf.

Restaurator Bodo Vogel hat bei seinen Arbeiten einige angekohlte Balken entdeckt. „Das Haus ist vermutlich nicht komplett abgebrannt, Baumaterial wurde bei dem Neubau wiederverwendet“, sagt Vogel.

Im Obergeschoss seien Balken aus Fichte verbaut worden. Über Moldau und Elbe gelangten die Stämme ins Alte Land. Die Holzflößer haben ihre Spuren hinterlassen, im Nadelholz sind die Spuren der Verbindungen aus Nägeln und Seilen noch sichtbar.

Bis 1818 stand eine Prunkpforte vor dem Bauernhaus

Hans Quast erlebte als alter Mann noch den Konkurs seines Hofes. Sein Sohn Peter hatte als Vierjähriger erlebt, wie der Hof in Flammen aufging. 1818 wurde nach Aufrufen in den Stader Intelligenzblättern das „in Concurs befangene Wesen des Einwohnern Peter Quast zu Nincop, so in einem großen Wohnhause, zwei Scheunen, einem Kathaus und 25 Morgen Marschlandes bestehet“, an den Meistbietenden verkauft.

Bis 1818 stand diese Prunkpforte von 1690 vor dem Haus, heute steht diese vor dem Palmschen Hof.

Bis 1818 stand diese Prunkpforte von 1690 vor dem Haus, heute steht diese vor dem Palmschen Hof. Foto: Vasel

Dazu gehört auch die Altländer Prunkpforte von 1690, die heute einen Steinwurf entfernt auf dem Hof Palm steht. Vermutlich hatten die Neubaukosten und Krisen in Europa, wie die Französische Revolution und Napoleon & Co., den Betrieb geschwächt.

Heute bewahren Birgit und Ralf Mählmann das Haus ihrer Vorfahren. Der Bio-Obstbäuerin liegt das Denkmal „am Herzen - auch, wenn es einem immer wieder schlaflose Nächte bereitet“. Nach der Restaurierung „hat mein Sohn hoffentlich einige Jahre Ruhe“.

Luftbild des Zweiständerhauses.

Luftbild des Zweiständerhauses. Foto: Jochen Brunkhorst

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