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Handwerk

TSo klappt Brandschutz bei Reetdächern: Experte aus Kranenburg gibt Tipps

Reetdachdecker Wijnand Koopman wirbt für ein System aus den Niederlanden. Das Reet wird auf Platten (oben) montiert. Hier arbeitet er mit dem Klopfer.

Reetdachdecker Wijnand Koopman wirbt für ein System aus den Niederlanden. Das Reet wird auf Platten (oben) montiert. Hier arbeitet er mit dem Klopfer. Foto: Vasel

Reetdachhäuser sind nicht brandgefährlich. Das betont Reetdachdecker Wijnand Koopman. Er muss es wissen, denn die Niederländer sind den Deutschen beim Brandschutz weit voraus.

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Von Björn Vasel
Donnerstag, 20.03.2025, 15:45 Uhr

Altes Land. Reet ist brandgefährlich. Dieser Satz fällt nach Großbränden wie in Dollern immer wieder. „Doch dieser Satz ist falsch - und sorgt für Unsicherheit“, sagt Reetdachdecker Wijnand Koopman aus Kranenburg. Der Niederländer verweist auf seine Heimat. Dort gehöre das Reetdach auf vielen Alt- und Neubauten zum Standard. Schulen, Museen oder Wohnhäuser werden ganz selbstverständlich mit dem Naturprodukt eingedeckt.

Reetdachdecker Wijnand Koopman fixiert das Reet mit Schrauben und Edelstahldrähten. Die Schicht ist bis zu 35 Zentimeter dick.

Reetdachdecker Wijnand Koopman fixiert das Reet mit Schrauben und Edelstahldrähten. Die Schicht ist bis zu 35 Zentimeter dick. Foto: Vasel

Die Feuerversicherung sei in Holland in der Regel nicht teurer als bei einem Gebäude mit Ziegeldach. Wie kann das sein? Wijnand Koopman kennt die Antwort, er hat bei der Vakfederatie Rietdekkers - dem Branchenverband der Niederländer - maßgeblich das Thema Brandschutz mit vorangetrieben.

Brandschutz: Niederländer setzen auf verschraubtes Reet auf Platten

Im Nachbarland wird das Reet fest auf Platten verschraubt. Diese trennen den hölzernen Dachstuhl vom Reet. Seit 2012 schreibe die Bauverordnung in seiner Heimat fest, „dass ein Dach nicht brandgefährlich sein darf“.

In Deutschland sei das feste Verschrauben des Reets auf dem Dach („Schroefdak-Konstruktion“) noch eine Seltenheit. In Holland sei die Vorgabe eine Grundlage für den optimalen Brandschutz. Sprinkleranlagen oder feuerhemmende Beschichtungen sieht das Gesetz als Alternativen vor.

Durch die feuerhemmenden Spano-Platten komme keine Luft zwischen der Dach-Konstruktion und dem Reet. Es ist eine feste Trennung. Deshalb, so Wijnand Koopman, glimme das Reet bei Bränden häufig nur. Und häufig erlische das Feuer sogar. Denn durch die Platten könne kein Sauerstoff mehr von unten das Feuer nähren - so wie bei den offenen Konstruktionen wie in Deutschland. Sollte auf einem Schraubendach ein Feuer ausbrechen, „gewinnen die Feuerwehr und die Eigentümer bei der Bekämpfung wertvolle Zeit“.

Feuer im Ernstfall leichter zu bekämpfen

Es sei deutlich leichter zu kontrollieren - ähnlich wie bei einem Hartdach. Koopman verweist auf die Forschung in den Niederlanden. Die Platten schützen die unterliegende Dachkonstruktion „bis zu einer Stunde“. Sie hemmen nicht nur das Übergreifen auf das übrige Gebäude, sondern hätten einen weiteren Vorteil: Der Löschwasserschaden falle geringer oder minimal aus. Hinzu komme: Ein Funkenregen - wie in Dollern - sei aufgrund der festen Trennung höchst selten oder nicht größer als bei einem Ziegeldach-Haus.

Immer wieder brennen Rettdachhäuser ab - wie hier in Dollern im März 2025.

Immer wieder brennen Rettdachhäuser ab - wie hier in Dollern im März 2025. Foto: Vasel

Die Praxis habe laut des Verbands Vakfederatie Rietdekkers gezeigt, dass eine zusätzliche Behandlung mit einem feuerverzögernden Material wenig zur Brandschutzsicherheit des Schraubendachs beitrage. Für Koopman gebe es noch weitere Vorteile, wie die isolierende Wirkung. Das besondere Raumklima eines Reetdachhauses - im Winter wärmer und im Sommer eher kühl - gehe nicht verloren.

In den Niederlanden sind Solaranlagen auf Reetdachäusern keine Seltenheit.

In den Niederlanden sind Solaranlagen auf Reetdachäusern keine Seltenheit. Foto: Wijnand Koopman

Brandschutz und Isolierung: Aus diesen Gründen gebe es auch in der hiesigen Region immer mehr Kunden für das etwas teurere System. Koopman hofft, dass es - wie in den Niederlanden - zum Standard wird. Schließlich gehören Reetdachhäuser zur Kulturlandschaft in der Elbe-Weser-Region. Er hoffe, dass der Staat und die Versicherungen das feuerhemmende Schraubendach propagieren - auch im Bereich des Denkmalschutzes. In Holland trugen die Versicherungen zum Durchbruch bei.

Landrat mahnt Wiederauflegen von Fördertöpfen an

Die Untere Denkmalbehörde beim Landkreis Stade lasse das System bei Denkmälern bereits in Wohnbereichen zu, erklärt Kreissprecher Daniel Beneke. Bei Neubauten gibt es keine Einschränkungen. Landrat Kai Seefried (CDU) mahnt einen neuen Fördertopf für den Erhalt von Reetdächern an. 2023 hatte das Land Niedersachsen die Fördersäule für Kulturelles Erbe gestrichen. Dabei seien Reetdachhäuser wichtig für Landesidentität und (Kultur-)Tourismus. Bei Minister Falko Mohrs (SPD), zuständig für Wissenschaft und Kultur, beiße er bislang auf Granit.

Oben sind die Platten noch zu sehen.

Oben sind die Platten noch zu sehen. Foto: Vasel

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