TWarum sich Hamburg künftig um das Abwasser im Alten Land kümmert

Ein Mitarbeiter nimmt Messungen auf dem Faulturm der Kläranlage des Abwasserverbandes Altes Land und Geestrand in Wetterndorf vor. Foto: Vasel
Die Altländer und Horneburger setzen auf einen Steuerspar-Trick, um Haushalte und Gewerbe vor Mehrkosten bei der Schiet-Entsorgung zu bewahren. In der CDU Lühe gibt’s Widerstand.
Steinkirchen. Zur Vorgeschichte: Seit dem Jahr 2002 kooperieren die Altländer und Horneburger bei der Schiet-Entsorgung erfolgreich mit Hamburg. Jetzt wollen die Samtgemeinden Horneburg und Lühe sowie die Gemeinde Jork auch die hoheitliche Aufgabe der Abwasserbeseitigung und -behandlung zum 1. Januar 2027 an die Hamburger Stadtentwässerung (Hamburg Wasser) übertragen.
Mehrbelastung von 300.000 Euro jährlich droht
Der Grund: Ab 2027 muss laut Finanzamt die Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent auf einen Teil der von der Hamburger Stadtentwässerung (HSE) erbrachten Leistungen aufgeschlagen werden. Die EU-Kommission pocht auf Wettbewerbsgleichheit zwischen den privatwirtschaftlichen und den kommunalen Anbietern bei Dienstleistungen.
Es geht um Rechnungen in Höhe von 1,6 Millionen Euro im Jahr. Die Folge: 36.000 Haushalten droht eine Mehrbelastung von 300.000 Euro - im Jahr. Der Abwasserzweckverband Altes Land und Geestrand überweist Hamburg Wasser insgesamt 2,9 Millionen Euro im Jahr für die Betriebsführung. Wenn die Vorgabe bereits heute gelten würde, müssten die Gebührenzahler knapp 3 Euro statt 2,76 Euro pro Kubikmeter für das Abwasser zahlen.
Die Umsatzsteuer würde zu einer „dauerhaften Gebührenerhöhung“ von 20 Cent führen. Das entspräche einer Steigerung von rund 7,2 Prozent. Das hat Phillip Fricke, stellvertretender Geschäftsführer des Abwasserzweckverbands, ausgerechnet. Doch davor wollen die Bürgermeister Knut Willenbockel (Horneburg), Timo Gerke (Lühe) und Matthias Riel (Jork) ihre Bevölkerung und ihre Gewerbebetriebe bewahren.
Altländer und Horneburger setzen auf Steuerspar-Trick
Ihr Steuerspar-Trick: Die hoheitliche Aufgabe der Abwasserentsorgung wird an die stadteigene Hamburg Wasser beziehungsweise an die Tochter Hamburger Stadtentwässerung, eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR), übertragen.

Blick auf die Kläranlage in Wetterndorf. Foto: AZV
Damit entfällt die Umsatzsteuerpflicht. Die Verbandsversammlung des 1967 gegründeten Abwasserzweckverbands hatte sich vor diesem Hintergrund bereits im Herbst 2023 für die Übertragung der hoheitlichen Aufgabe an Hamburg Wasser ausgesprochen. Der Bund hatte die Übergangsfrist wiederholt, unter anderem wegen der Corona-Pandemie, verlängert. Am 31. Dezember 2026 ist Schluss.
Vertrag sichert Mitspracherecht zu
Die Kommunen haben einen Vertrag ausgehandelt. Das kommunalpolitische Mitspracherecht bei Gebührensatzung und -höhe bleibt bestehen. Die Altländer und Horneburger bekommen umfangreiche Informations- und Überprüfungsrechte, ein Abwasserbeirat wird gebildet. Die Hamburger dürfen sich das Vermögen nicht unter den Nagel reißen. Rund 20 Millionen Euro liegen auf den Konten. Es wird von HSE lediglich treuhänderisch verwaltet - in extra Buchungs- und Gebührenkreisen.

Blick auf die Anlagen in Wetterndorf. Foto: AZV
Der Vertrag läuft bis zum 31. Dezember 2056. Die Kommunen haben ein Sonderkündigungsrecht, wenn die HSE ihren Pflichten nicht nachkommt. Sollte die Freie und Hansestadt Hamburg ihre Tochter Hamburg Wasser privatisieren, wird die Stadt automatisch zur Vertragspartnerin. Bei Vertragsende fällt das Vermögen inklusive Netz und Kläranlage Wetterndorf zurück an die Altländer und Horneburger.
CDU stimmt gegen Abgabe der Abwasserentsorgung
Der Beschluss: Nach den Horneburgern hat jetzt auch der Rat der Samtgemeinde Lühe den Grundsatzbeschluss für die Übertragung gefasst - mit 13:5 Stimmen. Teile der CDU stimmten mit Nein. Gerd Dehmel (CDU) warb vergeblich dafür, es beim Alten zu belassen: „Wir verlieren erheblich an Einfluss.“ Die Mehrkosten seien mit 8 Euro pro Haushalt überschaubar. Der Christdemokrat wollte das Vermögen der Gebührenzahler nicht aus der Hand geben, die vertraglichen Vereinbarungen beruhigten ihn nicht. Hinzu komme: Die Übertragung koste den Gebührenzahler rund 200.000 Euro. FDP, Grüne, FWG und SPD sprachen sich einstimmig dafür aus.
In Jork fällt die Vorentscheidung am Montag, 15. September, 19 Uhr, im Umweltausschuss in der Oberschule Jork. Der Rat Jork tagt am 25. September.
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