TWas fehlt in Estebrügge? Jugend bleibt bei ihren Wünschen hartnäckig
Politik soll alle Generationen einbeziehen. Matthias Riel, Bürgermeister der Gemeinde Jork, hörte sich in der Brüggerei die Wünsche der Jugend an. Foto: Meyer
Estebrügges Jugend will den Ort mitgestalten. Bei einem ihrer Wünsche macht Matthias Riel Hoffnung, beim anderen bremst er die Euphorie. Doch sie geben nicht auf.
Estebrügge. Auf einem hellblauen Sessel vor einem Weihnachtsbaum, an dem goldene Kugeln glänzen und rot-weiße Sterne baumeln, sitzt der, der Wünsche erfüllen soll. Er spricht zu elf Kindern und Jugendlichen, die ihm von einer weinroten Couch in einer Sitzecke zuhören. Weihnachtslieder laufen leise im Hintergrund: „I wanna wish you a merry Christmas.“
Hier sitzt nicht der Weihnachtsmann. Sondern der Bürgermeister der Gemeinde Jork. Aber die Kinder und Jugendlichen hoffen, dass auch er ihre Wünsche wahr macht. Sie haben Matthias Riel in die Brüggerei eingeladen.
Riel muss Liegestütz- und Pumptrack-Frage beantworten
Die Jugend fragt, der Bürgermeister antwortet: Begonnen hatte diese Idee mit einem Video, das die Jugendgruppe drehte. Eine Einladung mit ersten Fragen, auch Spaß-Fragen. „Schaffen Sie mehr als 48 Liegestütze? Wenn ja, dann zeigen Sie es!“ „Die Frage habe ich beantwortet , weil ich in dem weichen Sessel hier sitze.“

„Ich bin 54: Wenn ich durch Estebrügge gehe, habe ich nicht euren Blick“, sagt Riel. Foto: Meyer
Das Treffen ist zunächst ein Monolog des Bürgermeisters. Nach zehn Minuten entsteht ein Dialog zwischen Bürgermeister und den elf 10- bis 16-Jährigen sowie Jugendhelferin Inge Swinnen.
Die jungen Estebrügger interessieren sich für Treffpunkte, bei denen sie in ihrer Freizeit chillen oder sich sportlich aktivieren können. Bekommt Estebrügge einen Pumptrack - eine mobile Bahn, auf der Skaten und Radfahren möglich ist?
Hoffnung für Estebrügges Jugend beim Pumptrack
Der Austausch ist nicht nur ein Frage-Antwort-Pingpong. Die Runde debattiert, ob der Bolzplatz am Wetternweg für eine solche Freizeitaktivität weichen sollte. Lex sagt, wenige Jugendliche bolzen dort. „Ich sehe öfters welche, die die Tore benutzen“, sagt Philipp. Man könne den Pumptrack drumherum bauen. „Das ist gefährlich, wenn jemand daneben schießt“, sagt Lex. Enya will nicht, dass die Hügel am Bolzplatz deswegen weg müssen. Die Idylle dort sei für sie ein „Rückzugsort zum Abschalten“.
Matthias Riel steigt in die Diskussion ein. „Habt ihr schon mal etwas von der Dorfentwicklung gehört?“ Viele fragende Kindergesichter. Riel sagt: Die Gemeinde könne Fördergelder einwerben, um den Pumptrack zu finanzieren.

Fast alle Jugendlichen beteiligen sich an der Diskussionsrunde mit dem Bürgermeister in der Brüggerei. Foto: Meyer
Der Bürgermeister hat eine erste Positivnachricht. Ein Pumptrack sei „grundsätzlich machbar“. Zwischen Idee und Umsetzung liege ein politischer Entscheidungsprozess. In den wolle Riel die Jugend integrieren. Versprechen könne er die Umsetzung nicht - er hat eine von 31 Stimmen im Gemeinderat.
Stand-up-Paddling lässt die Jugendlichen nicht los
Die Jugend träumt vom Stand-up-Paddling auf der Este. Bevor sie den Verwaltungschef fragt, würde der lieber über wichtigere Ideen wie den Pumptrack reden.

Matthias Riel zur Estebrügger Jugend: „Ich kann nicht alles möglich machen. Wenn es ein Thema gibt, wo ich sage, ‚Leute, das geht nicht‘, kann ich das erklären.“ Foto: Meyer
Riels Begründung: Wenn die Feuerwehren Estebrügge und Königreich in den Neubau an der Königreicher Straße ziehen, müsse die Gemeinde eine Anlegestelle an der Este für das Feuerwehrboot bauen. Die Gemeinde wolle erst abwarten, wo der Steg gebaut wird. Danach könne über das Stehpaddeln diskutiert werden. Und er glaubt, dass ein Pumptrack mehr Jugendliche anspricht.
Kommunalpolitik
T Feuerwehrgerätehaus: Bebauungsplan in Königreich ist beschlossen
Die Gruppe versteht seine Erklärung. Riel beantwortet eine Frage zu einem anderen Thema. Doch die Wortmeldung danach: Stand-up-Paddling. Jonas hat die Idee, wo ein Steg - für Stehpaddler und Angler - hin könnte. Linus mag Stand-up-Paddling, erzählt wie es funktioniert. „Ich glaube, es gibt wichtigere Themen, wo man mehr Leute mit begeistern kann“, sagt Riel. Lex sagt: „Wir behalten das Stand-up-Paddling im Hinterkopf.“
„Was schätzt ihr, was kostet das neue Feuerwehrhaus der Gemeinde?“ 5 Millionen, sagt Lex. 5,5 Millionen, löst Riel auf. Jork baut auch eine neue Grundschule. Lex vermutet Kosten von 26 Millionen für die Gemeinde. Es sind 29 Millionen. Zweimal gut geschätzt. Riel ist verblüfft. „Liest du den Haushaltsplan?“ Nein, sagt Lex.

Lex ist einer der Jugendlichen, die Estebrügge attraktiver machen wollen. Er zeigt politisches Interesse und ist gut informiert über die Bauprojekte der Gemeinde. Foto: Meyer
Das zeigt: Die Jugend ist politisch interessiert und informiert, welche Projekte die Lokalpolitik plant und umsetzt. Den Interessierten vermittelt Riel, die Projekte Feuerwehr oder Grundschule werden teuer für die Gemeinde, nicht jedes Projekt sei umsetzbar.
Kleine Menschen mit großen Ideen
Nach dem Pingpong im Gespräch spielt Riel es mit den Jugendlichen auch an der Tischtennisplatte. Der Bürgermeister verlässt die Brüggerei mit einem „Schöne Weihnachten“ und den Ideen der Jugend. Für ihn war der Dialog „erfrischend“. Der zweifache Vater kennt Estebrügge jetzt aus der Perspektive der jungen Estebrügger.

Auf ein Tischtennis-Match mit den Jugendlichen: Matthias Riel wird zum Abschluss des Treffens sportlich aktiv. Foto: Meyer
Lex gefiel das Gespräch: „Jugendliche haben einen anderen Blick auf die Politik.“ Jugendteilhabe bei Projekten, die sie betreffen, ist laut Kommunalverfassungsgesetz verpflichtend für Kommunen.
Verhandlungserfolg
T Kreis Stade weitet Betriebszeit des Fußballplatzes in Steinkirchen aus
Wie „erfrischend“ - und manchmal erwachsen - Kinder denken, zeigte Jonas dem Bürgermeister. Seine Geschäftsidee: Das alte Feuerwehrhaus gegenüber der Brüggerei könne die Gemeinde verkaufen, „ein Restaurant oder Döner kann dann dort einziehen“. In dem Fall wäre ein Pumptrack noch sinnvoller. Irgendwann seien die Jugendlichen müde vom Fahren - und hungrig. Eine Win-win-Situation.
Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.