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TZiele und Sorgen der Obstbauern - Ministerin Miriam Staudte zu Gast in Jork

Experten-Runde mit Ministerin (von links): Christian Jackisch, Jens Stechmann, Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte, Dr. Karsten Klopp, Claus Schliecker und Karsten Palm auf dem Esteburg-Stand.

Experten-Runde mit Ministerin (von links): Christian Jackisch, Jens Stechmann, Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte, Dr. Karsten Klopp, Claus Schliecker und Karsten Palm auf dem Esteburg-Stand. Foto: Vasel

Einen Einblick in die Zukunft des Obstbaus bekam Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte am Mittwoch bei den Norddeutschen Obstbautagen. Die Grünen-Politikerin fand lobende Worte und will die Forschung stärken.

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Von Björn Vasel
Mittwoch, 14.02.2024, 18:57 Uhr

Jork. Auf dem Gemeinschaftsstand der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, des Öko-Obstbau Norddeutschland Versuchs- und Beratungsrings (ÖON) und des Obstbau-Versuchsrings (OVR) informierte sich die Niedersächsische Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) über ein Blühstreifen-Forschungsprojekt des ÖON, das ihr Haus mit 340.000 Euro aus EU-Mitteln unterstützt.

Auf den Projektbetrieben an der Niederelbe wird untersucht, wie die Obstbauern möglichst viel für die Natur und die Sicherung ihrer Obstproduktion mit dem Anlegen von mehrjährigen Blühstreifen erreichen können. Das Stichwort lautet: produktionsintegrierte Förderung der Biodiversität.

Aufwertung von zehn Prozent der Flächen

Staudte lobte den engen Austausch zwischen dem ökologischen und dem integrierten Obstbau bei der Angewandten Forschung. Diese Kooperation zur Förderung der Artenvielfalt und zur weiteren Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes sei vorbildhaft.

Mit der Maßnahme der mehrjährigen Blühstreifen könnten möglicherweise - ohne Aufgabe von Produktion - zehn Prozent der Fläche aufgewertet werden, sagte der ÖON-Vorsitzende Christian Jackisch. Die Herausforderung: Ohne ein angepasstes Mulchmanagement können sich fruchtschädigende Insekten wie Wanzen oder Mäuse pudelwohl fühlen; andererseits könnten Nützlinge gefördert werden. Sie würden mehr und länger Nahrung finden.

Hilfe für die Obstbauern durch die Erzwespe

Wie stark Insekten auftreten, hänge an vielen Faktoren wie Wetter, Zeitpunkt der Aussaat und der Mulchtermine oder der Entwicklung verschiedener Blühpflanzen. Es sei noch eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Raubparasiten wie die Erzwespe könnten helfen, Schädlinge wie die Pfennigminiermotte - sie fördern frühen Laubfall und Abwurf der Äpfel - in Schach zu halten. Dadurch könnte der Einsatz von Öko-Insektiziden reduziert werden. Das Feintuning ist jetzt Ziel der Forscher.

Einig war sich Staudte mit dem neuen Vorsitzenden des Obstbauversuchsrings, Karsten Palm, und dem Vorsitzenden der Landesfachgruppe Obstbau, Claus Schliecker, dass die Leistungen der Obstbauern für die Natur und den Klimaschutz - verbunden mit hohen Sozial- und Umweltstandards - sich nicht nur über mehr Wertschätzung, sondern auch über den Preis widerspiegeln müsse. Beispielsweise kosten die Spezialmäher, die den Streifen in der Fahrgasse unberührt lassen, mehr Geld als herkömmliche. Hinzu kommt der Arbeitsaufwand.

Staudte regt Forschung für E-Schlepper für Obstbau an

Mit Blick auf das drohende Aus der Agrardieselrückerstattung, regte Staudte ein Forschungsprojekt an der Esteburg an - über das Instrument der Europäischen Innovationspartnerschaft. Mit Fördergeldern könnten unter anderem die Entwicklung von leistungsstarken Elektro-Schleppern oder autonomen Fahrzeugen gefördert werden. Zurzeit gibt es keinen E-Traktor, der schwere Pflanzenschutzgeräte ziehen könnte. Diese könnten, wie bereits seinerzeit bei den Tunnelsprühgeräten, in Moorende zur Praxisreife gebracht werden.

Der Obstbau arbeite weiter an Strategien zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, so Esteburg-Leiter Dr. Karsten Klopp, „ohne geht es allerdings nicht - auch mit Blick auf neue Schädlinge durch den Klimawandel“. Allerdings gelte die Devise: Reduktion auf das notwendige Mindestmaß. Neue robuste Sorten könnten helfen. So ist neue Sorte „Deichperle“ der Züchtungsinitiative Niederelbe (ZIN) schorfresistent. Gemeinsam mit der Erzeugerorganisation M.A.L. haben ZIN und Hochschule Osnabrück ein Forschungsprogramm zur Minimierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes durch robuste Sorten initiiert. Neue Sorten sollen gezielt auf Resistenzen geprüft werden.

Auch Tunnelsprühgeräte sind weiter Thema auf der Messe bei den Norddeutschen Obstbautagen. Die kosten 200.000 Euro mit Schlepper.

Auch Tunnelsprühgeräte sind weiter Thema auf der Messe bei den Norddeutschen Obstbautagen. Die kosten 200.000 Euro mit Schlepper. Foto: Vasel

Die ZIN will, so Ulrich Buchterkirch, in naher Zukunft zwei allergikerfreundliche Äpfel auf den Markt bringen. Die Äpfel dürfen nach klinischen Tests das Siegel allergiefreundlich tragen. 15 Prozent der Deutschen reagieren auf den Verzehr von Äpfeln mit allergischen Symptomen. Professor Dr. Werner Dierend von der Hochschule Osnabrück: „Die Allergikeräpfel könnten einen neuen Absatzmarkt schaffen.“ Schließlich geht der Konsum insgesamt zurück.

Bei dem Messerundgang der Ministerin zeigt sich auch, dass nach zwei schlechten Jahren wieder investiert wird - in Bäume und Maschinen. Die Mechanisierung und Digitalisierung gehen weiter, so Landmaschinenhändler Peter Wahlen. Damit wolle der Obstbau Fachkräftemangel und Kostendruck in den Griff bekommen.

Angesichts des Klimawandels werde an der Niederelbe auch der Birnenanbau, als Ergänzung zum Hauptprodukt Apfel, verstärkt, so der Baumhändler Michael Ropers (Baumschule Palm). Obstbauer und Vermarkter Patrick Hauschildt sieht „noch viel Luft nach oben. Der Lebensmitteleinzelhandel will deutsche Birnen“.

Setzen auch auf Birnen: Baumhändler Michael und Wiebke Ropers im Gespräch mit dem Obstbauern und Vermarkter Patrick Hauschildt (von links).

Setzen auch auf Birnen: Baumhändler Michael und Wiebke Ropers im Gespräch mit dem Obstbauern und Vermarkter Patrick Hauschildt (von links). Foto: Vasel

Maik Stölken und Tina Jonas von der Züchtungsinitiative Niederelbe im Gespräch mit Professor Dr. Werner Dierend von der Hochschule Osnabrück setzen auf robuste Äpfel und Äpfel für Allergiker (von links).

Maik Stölken und Tina Jonas von der Züchtungsinitiative Niederelbe im Gespräch mit Professor Dr. Werner Dierend von der Hochschule Osnabrück setzen auf robuste Äpfel und Äpfel für Allergiker (von links). Foto: Vasel

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