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„Orange Days“

T„Manchmal sehen wir Anzeichen und sprechen die Schüler direkt an“

Die FSJler Johanna Stuppin und Matti Meyn haben die Bank mit Schülern orange angemalt. Sie bleibt als Erinnerungsstütze auf dem Pausenhof, was auch Tanja Bett (links) von der Polizei unterstützt.

Die FSJler Johanna Stuppin und Matti Meyn haben die Bank mit Schülern orange angemalt. Sie bleibt als Erinnerungsstütze auf dem Pausenhof, was auch Tanja Bett (links) von der Polizei unterstützt. Foto: Fehlbus

Eine orange Sitzbank, Clementinen, ein oranger Schokoriegel und orange Fenster: In der Ahlerstedter Schule am Auetal wurden die „Orange Days“ optisch eindrucksvoll umgesetzt. Das ist der schöne Teil des Themas, das ein sehr ernstes Anliegen verfolgt.

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Von Miriam Fehlbus
Dienstag, 05.12.2023, 09:50 Uhr

Ahlerstedt. „Gewalt?!... kommt nicht in die Tüte!“ Einige Jugendliche schauen bewusst auf den Schriftzug, bevor sie in die Papiertüte greifen. „Wir haben das Thema im Unterricht aufgegriffen und unter anderem die Sitzbank orange gestrichen“, sagt die Leiterin der Schule am Auetal, Josephine Friede. In der Pause strömen die Oberschüler auf den Platz vor dem Eingang. Andra Jülisch und Stefanie Nitschke als Gleichstellungsbeauftragte der Samtgemeinde Harsefeld und Polizistin Tanja Bett von der Harsefelder Polizeistation erwarten sie dort.

Auch wenn die Musik aus dem Lautsprecher fröhlich ist und Luftballons im Wind wehen, ist es ein ernstes Thema. Häusliche Gewalt passiert hinter vielen verschlossenen Türen. An Frauen, Männern, Kindern. In der Oberschule in Ahlerstedt steht die Tür von Schulsozialarbeiterin Eva Heuermann immer offen. Manchmal reicht es aber nicht. Der Tag in Orange an der Schule soll daran erinnern, dass es gut ist, sich bei Problemen mit Gewalt zu Hause Hilfe zu holen. Auf der Bank steht die Nummer des Hilfetelefons.

Gewalt-Thema beschäftigt während Corona verstärkt Schulsozialarbeiterin

Es gibt die Fälle auch an der Schule, sagt Rektorin Friede. In der Zeit des Lockdowns wegen Corona und danach gab es vermehrt Hinweise und Gespräche. Niemand muss Angst haben, dass es nach außen dringt. Sozialpädagogin Heuermann hat sich das Vertrauen der Schüler seit November 2005 an der Schule am Auetal erarbeitet.

„Manchmal sehen wir Anzeichen und sprechen die Schüler auch direkt an“, sagt Friede. Es braucht immer Mut, sich der Situation zu stellen. Auch dafür sollen die Internationalen „Orange Days“ vom 25. November bis 10. Dezember eine Erinnerungsstütze und Hilfe sein.

Zehn Jahre mit den Motto-Tüten gegen häusliche Gewalt

Die Gleichstellungsbeauftragten, Beratungsstellen, Vereine und Institutionen aus dem Landkreis Stade sowie viele Bäckereien und Geschäfte verteilen die Aktionstüten mit dem Schriftzug. Dabei soll auch deutlich werden: Gewalt hat viele Gesichter. Beschimpfungen, wiederholtes Niederschreien und Kontrolle gehören dazu. Ebenso wie körperliche oder sexuelle Gewalt. Auf 130.000 Papiertüten stehen Notrufnummern, nicht nur für Frauen und Mädchen. Aber bei häuslicher Gewalt sind sie besonders häufig betroffen.

Gleichstellungsbeauftragte Andrea Jülisch und Stellvertreterin Stefanie Nitschke (von links) verteilen Tüten an die Schüler.

Gleichstellungsbeauftragte Andrea Jülisch und Stellvertreterin Stefanie Nitschke (von links) verteilen Tüten an die Schüler. Foto: Fehlbus

Die Tüten-Aktion ist 2013 gestartet. Seit zwei Jahren ist sie Teil der sogenannten „Orange Days“. Die weltweite Kampagne macht auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam. Sie erstreckt sich über einen Zeitraum von 16 Tagen, immer vom 25. November – dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen – bis zum 10. Dezember – dem Internationalen Tag der Menschenrechte.

Auch Selma-Lagerlöf-Schule und Aue-Geest-Gymnasium sind mit dabei

Dass die Notrufnummern der lokalen Beratungsstellen auf einer Tüte direkt nach Hause oder in den Schulranzen kommen, soll den Weg oder den ersten Schritt erleichtern.

Seit mehr als 20 Jahren gibt es das Netzwerk gegen Häusliche Gewalt im Landkreis Stade.

Neben den hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Stade (Elena Knoop), der Hansestädte Stade (Jacqueline Jugl) und Buxtehude (Gabi Schnackenberg), der Samtgemeinden Oldendorf-Himmelpforten (Hiltrud Gold) und Horneburg (Daniela Subei) sowie Andrea Jülisch von der Samtgemeinde Harsefeld beteiligen sich die Awo-Beratungsstelle bei häuslicher Gewalt (BISS), das Stader Frauenhaus, die Awo-Beratungsstelle Lichtblick, der Kinderschutzbund, Polizei, Jugendämter und Justiz.

Andrea Jülisch auf Abschiedstour: Wechsel zur Hansestadt Buxtehude

In der Samtgemeinde Harsefeld machen sich Andrea Jülisch und ihre Stellvertreterin Stefanie Nitschke auch auf zu weiteren Schulen. Auch an der Selma-Lagerlöf-Oberschule in Harsefeld und am Aue-Geest-Gymnasium sind sie bis Donnerstag unterwegs.

Für Andrea Jülisch wird es eine Art Abschiedstour. Sie wechselt Ende des Monats zur Hansestadt Buxtehude, um sich dort leitend um das neue Wohnprojekt für schutzsuchende Frauen zu kümmern. Ein neues Projekt, das aber viel mit dem Motto auf den Papiertüten zu tun hat.

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