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Top-Thema 2023

TAhlerstedter streiten intensiv um die richtige Schule

Erst wenn der Neubau in Ahlerstedt fertig ist, soll das Konzept für die gemeinsame Grund- und Oberschule umgesetzt werden. Doch bis zum Rechtsanspruch auf Ganztagsschule ist es nicht mehr lange hin.

Erst wenn der Neubau in Ahlerstedt fertig ist, soll das Konzept für die gemeinsame Grund- und Oberschule umgesetzt werden. Doch bis zum Rechtsanspruch auf Ganztagsschule ist es nicht mehr lange hin. Foto: Angelika Warmuth/dpa

Ganztagsschule, das ist im Moment in vielen Kommunen ein Thema, mit dem auch Steuererhöhungen drohen. In Ahlerstedt wurde außerdem emotional und von Protesten begleitet über die Schulform diskutiert. Die Politik traf eine unpopuläre Entscheidung.

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Von Miriam Fehlbus
Sonntag, 31.12.2023, 09:50 Uhr

Harsefeld. Vier Grundschulen hat die Samtgemeinde Harsefeld. Zwei sind bereits Ganztagsschule, zwei haben per Grundsatzbeschluss die berechtigte Hoffnung, ähnlich modern gestaltet und umgebaut zu werden, wie die beiden im Kernort. Das Versprechen des Rates wurde kurz vor dem Jahreswechsel durch einen einstimmig verabschiedeten Haushalt erneuert, in dem der Ganztagsausbau an der Grundschule Bargstedt und an der künftigen Grund- und Oberschule (GOBS) Ahlerstedt vorangetrieben werden.

Von Land und Bund kam im Spätherbst die Enttäuschung für alle Kommunen. Sie sollen viel mehr als erwartet für die Weiterentwicklung zur modernen Schule zahlen. Schulden und Steuererhöhungen zeichnen sich ab. Zehn Millionen Euro für Ahlerstedt bis 2025 und 6,5 Millionen Euro für Bargstedt bis 2026 stehen im Haushalt der Samtgemeinde.

Viele gehen jetzt gleichzeitig ins Rennen zur Ganztagsschule

Was es noch schwerer macht, Millionenbeträge für die Schulen in die Hand zu nehmen: Keiner weiß, ob genügend Personal zur Verfügung stehen wird, wenn ab dem 1. August 2026 alle Erstklässlerinnen und Erstklässler in Deutschland Anspruch auf täglich acht Stunden Unterricht und Betreuung in der Schule haben. Sich stufenweise erhöhend sollen mit Beginn des Schuljahres 2029 alle Grundschulkinder das Angebot in Anspruch nehmen können.

Der Protest für die eigenständige Grundschule in Ahlerstedt blieb erfolglos. Der Rat entschied pro GOBS.

Der Protest für die eigenständige Grundschule in Ahlerstedt blieb erfolglos. Der Rat entschied pro GOBS. Foto: Laudien

Die Zeit drängt. Für die Kommunen geht es nach jahrelangen Startschwierigkeiten durch ungeklärte Förderrichtlinien auf eine Rennstrecke, an deren Ende zumindest die baulichen Voraussetzungen geschaffen sein sollen. Die moderne Ganztagsschule soll keine langen Flure mehr haben, sondern Cluster. Sie soll Raum für Differenzierung und unterrichtsferne (Nachmittags-) Angebote bieten. Sie soll nicht mehr aus dem Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts stammen, sondern aktuelle energetische und baubiologische Anforderungen erfüllen. Es droht ein dichtes Gedränge auf der Zielgeraden zu werden, bei der die Baubranche eine entscheidende Rolle spielt.

Stresstest für den Rat der Samtgemeinde mit Drohanrufen und Beleidigungen

Die ersten Schritte sind gegangen. In Bargstedt soll ein Architektenwettbewerb aufzeigen, was machbar ist. 500.000 Euro für Planungskosten stehen im Haushalt für 2024. In Ahlerstedt ist mit den Baumaßnahmen eine neue Schulform verbunden: eine Grund- und Oberschule (GOBS). Das ist beschlossene Sache und war ein einschneidender Moment in diesem Jahr.

Anfang März wurde der Beschluss mit 16:13 Stimmen bei zwei Enthaltungen gefasst. Abgestimmt wurde in einer Wahlkabine und mit Zettel. Es sollte Druck von den Ratsmitgliedern nehmen. Beleidigende Mails und Drohanrufe, Kritik und unsachliche Diskussionen mit Aussagen, die unter die Gürtellinie gingen, waren dieser Rats-Besonderheit vorausgegangen. Die Politik zeigte sich geeint im demokratischen Grundgedanken: Was abgestimmt werden würde, sollte gelten. Noch einmal in der letzten Sitzung vor Weihnachten erinnern fast alle Fraktionen positiv an diesen Stresstest für den Rat. Fakten und nicht Emotionen hätten die Entscheidung gebracht.

Applaus im Dezember 2020: Damals waren es 10,5 Millionen Euro

Bevor es so weit war, hatten Ahlerstedter Eltern in großer Zahl gegen die GOBS protestiert. Ängste und Sorgen wurden formuliert, auf Banner geschrieben und in den Gremien emotional diskutiert. Schon 2020 bei den ersten Neu- und Umbauplänen hatte sich ein Problem in Ahlerstedt offenbart: Pädagogen und Eltern aus der Grundschule sahen eine räumliche Verschmelzung mit der Oberschule kritisch. Zwar gab es damals am Ende Applaus von allen Seiten für die gefundene architektonische Lösung, die für seinerzeit 10,5 Millionen Euro einen Teilabriss und Neubau vorsah. Diese ging aber mit abschließbaren Türen auf gemeinsamen Fluren einher.

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Das Haupt-Gegenargument: Besonders Erst- und Zweitklässler sollten sich sicher und geborgen fühlen und noch nicht mit den Großen mithalten müssen. Auch das Kollegium sah Probleme durch zu große Überschneidungen, etwa bei Schulleitung, Lehrerzimmer oder Vertretungsplänen.

Bis heute läuft zwischen den Planungsgruppen der beiden Schulen eine Mediation mit einem Oberschul-Rektor im Ruhestand als Moderator. Die Stimmung wird als konstruktiv beschrieben. Doch mit den neuen finanziellen Sorgen müssen Einsparpotenziale geprüft werden. Auch Möglichkeiten, entscheidende Räume zusammenzulegen, gehören dazu. Es wird in Ahlerstedt 2024 ein wichtiges Thema bleiben, bei dem - das hoffen alle - Spatenstich und Bagger eine Rolle spielen. Mit der Fertigstellung des Neubaus soll das GOBS-Konzept umgesetzt werden.

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