TAlle sagten, es geht nicht: Wer in diesem Autohaus die Hebebühne bewegt

Altes Dach und neue Module: Wolf und Peter Warncke haben für ihren Betrieb in Tarmstedt eine Lösung gefunden. Foto: Privat
Die Hebebühne in einer Tarmstedter Autowerkstatt wird jetzt von der Sonne bewegt. Und nicht nur dort sorgt Sonnenstrom für Bewegung. Wolf und Peter Warncke haben Solarmodule aufs Firmendach bauen lassen - obwohl die Chancen dafür schlecht standen.
Tarmstedt. Unternehmen wachsen - wenn es gut läuft für die Firmeninhaber. Je nach Branche und Bedarf können aus einem dann zwei, drei oder noch mehr Gebäude werden. Das geschieht mal schneller, mal langsamer. Manchmal liegen Jahre dazwischen, manchmal Jahrzehnte. Grundsätzlich muss das schrittweise Bauen kein Nachteil sein.
Ein Problem kann es allerdings für jene werden, die planen, ihren Betrieb energetisch umzurüsten. Diese Erfahrung machten auch die Autohändler Wolf und Peter Warncke.
Solarstrom für die Werkstatt
„Geht nicht“, hieß es, als die Tarmstedter bei Unternehmen anfragten, die ihnen eine Solaranlage aufs Dach setzen sollten. Geht doch, wissen die Brüder inzwischen.
Seit Ende des vergangenen Jahres ist ihre Photovoltaik-Anlage in Betrieb.
Mit Sonnenkraft bewegt sich seitdem die Hebebühne in der Werkstatt auf und ab, werden Schlagbohrer betrieben und Kompressoren, werden Räume erhellt und in Funktion gesetzt, was mit Strom zu betreiben ist.
Draußen werden außerdem an mehreren Ladestellen firmeneigene E-Autos geladen.

Wolf und Peter Warncke stehen auf dem Dach eines Gebäudes auf ihrem Betriebsgelände. Im Hintergrund sind die neuen Solarmodule auf dem Dach der Neuwagenhalle zu sehen. Foto: Harscher
Anlage arbeitet, sobald es hell ist
Sobald es hell wird, beginnt die 98 Kilowatt-Peak-Photovoltaikanlage (kWp) zu arbeiten. Die Maßeinheit Kilowatt-Peak gibt dabei die theoretisch mögliche Höchstleistung einer PV-Anlage an, erklärt Wolf Warncke. Wie viel Strom erzeugt, verbraucht und gespeichert wird, kann Peter Warncke in Echtzeit mit der App auf seinem Smartphone verfolgen. Und er schaut oft, weil diese Möglichkeit neu ist, vor allem aber, weil sie aufschlussreich ist.
Klimafreundlichen Strom zu erzeugen, ist den Tarmstedern wichtig. Mindestens genauso wichtig ist für sie als Unternehmer zusätzlich das Thema Wirtschaftlichkeit.
Zwar bedeutet jede Investition erst einmal, dass Geld in die Hand genommen werden muss, aber auf lange Sicht versprechen die Brüder sich Einsparungen. In etwa neun Jahren soll sich die Anlage amortisiert haben. „Die Sonne schreibt keine Rechnung“, sagt Peter Warncke. Das sei einerseits ein platter Spruch, andererseits jedoch ein sehr wahrer, so der Unternehmer.

Alles im Blick: Auf dem Smartphone können Wolf und Peter Warncke in Echtzeit sehen, wie viel Strom die Anlage gerade produziert, wie hoch der Verbrauch ist und wie der Speicher ausgelastet ist. Foto: Harscher
Brüder geben Plan nicht auf
Die Brüder sind froh, dass sie an ihr Vorhaben geglaubt haben, auch wenn klar war, dass es nicht leicht werden würde, wegen der vorhandenen Hallen.
Der Grund: Die Gebäude des Unternehmens sind aus unterschiedlichen Baujahren und jedes mit einer anderen Statik. Gleich mit dem ersten Anbieter sind sie auf die Nase gefallen, erinnert sich Wolf Warncke. „Der hat nur Probleme gesehen, aber keine Lösungen angeboten.“
Aufgeben war für die Brüder allerdings keine Option. Mittlerweile gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sagen die Tarmstedter.
So lassen sich - vielleicht nicht für jedes Gebäude - wohl aber für sehr viele, passgenaue Photovoltaik-Lösungen finden, betont Peter Warncke und macht Mut, sich nicht von der ersten Absage verunsichern zu lassen.
Anbieter gefunden, der bereit war zu tüfteln
Die Warnckes sind am Ball geblieben und haben ein Unternehmen in Bremen gefunden, das bereit war, gemeinsam mit ihnen zu überlegen und zu tüfteln, wie es klappen könnte, mit Solarmodulen auf Dächern, die auf den ersten Blick nicht optimal dafür schienen.
Peter und Wolf Warncke haben die Module nicht so setzen lassen, dass sie steil auf Süden stehen. Die Anlage ist nicht auf maximalen Ertrag ausgerichtet, sagen die Tarmstedter.
Es soll kein Strom eingespeist werden, sondern möglichst viel selbst verbraucht werden. Deshalb ist die PV-Anlage so ausgerichtet, dass sie gleichmäßig Strom produziert. „Es soll sich verteilen“, sagt Peter Warncke.
Sie haben die Module flach aufbauen lassen. Die Ausrichtung: Ost-West. Die flachen Module haben den Vorteil, dass sie wenig Windangriffsfläche bieten und so, mit weniger Gewicht fixiert werden müssen. Das wiederum heißt: weniger Belastung für das Trägerdach.
Solarstrom für den Eigenverbrauch
Der Betrieb soll 75 Prozent des erzeugten Solarstroms selbst verbrauchen. Das wiederum soll das Unternehmen in die Lage versetzen, dass deutlich weniger Stromabnahme vom Netz möglich wird. „Der eingekaufte Strom soll über ein Drittel verringert werden“, sagt Peter Warncke. Außerdem sollen so rund 36 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.
Wolf Warncke ergänzt, dass ein 23-Kilowattstunden-Stromspeicher helfen soll, den am Tag erzeugten Strom in die Abend- und Morgenstunden, sowie in den Nachtbetrieb mitzunehmen.

Die Warnckes wollen mit ihrer PV-Anlage den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens verkleinern. Foto: Harscher
Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden
Pläne, Strom künftig klimafreundlich zu produzieren, treibt auch die Samtgemeinde Tarmstedt für öffentliche Gebäude voran. Wie Samtgemeindebürgermeister Oliver Moje mitteilt, sollen die Dächer der drei Freibäder mit Solarmodulen belegt werden.
Hepstedt wolle man vor Saisonbeginn 2024 schaffen und Wilstedt/Kirchtimke voraussichtlich erst 2025 nachziehen. „Wir können da aktuell noch nicht anfangen, weil wir noch auf Förderzusagen warten“, heißt es von Moje.
Zudem werden zwei Dächer der KGS Tarmstedt mit einer Photovoltaik-Anlage belegt. Bei den anderen Dachflächen der KGS sei das statisch nicht möglich, teilt der Samtgemeindebürgermeister mit. Gleiches gelte für das eigentliche Oberstufengebäude. „Dafür belegen wir aber noch die Sporthalle der OS mit PV sowie den neuen Grundschulanbau“, so Moje.
Nicht entmutigen lassen
Für Wolf und Peter Warncke steht fest, es gibt für viele Gebäude eine passgenaue Lösung. Aus eigener Erfahrung wissen sie, dass man sich nicht entmutigen lassen soll, wenn es nicht auf Anhieb klappt, weil es etwa statische Bedenken gibt.
Wenn man über ausreichend Fläche verfügt, können etwa Folien eine Lösung sein. Und sogar vertikale Möglichkeiten gibt es, sagt Wolf Warncke, und sein Bruder Peter ergänzt: „Der Wille ist oftmals eine Voraussetzung.“
Nachhaltige Energie
Hansestadt Stade fördert die Installation von Photovoltaik-Batteriespeichern
Optisch ansprechende Lösungen
Auch optische Gründe sind kein Hindernis, um Gebäude mit Photovoltaik auszustatten. Ein Beispiel dafür ist das neue kirchliche Gemeindehaus in Wilstedt. Dort sichtbare Solarmodule zu verbauen, war nicht möglich, erklärt der zuständige Architekt Ralf Schulz aus Zeven.
Bei diesem Neubau in der Ortsmitte und in direkter Nachbarschaft zu mehreren teils historischen Gebäuden sowie der Kirche und dem Friedhof habe die Ästhetik eine wichtige Rolle gespielt. Die Solarmodule sollen sich dort unauffällig in das Dach einfügen.
Das sei auch eine Vorgabe des Amts für Bau- und Denkmalpflege gewesen, sagt der Architekt. Deshalb hat man sich für eine Indach-Photovoltaikanlage entschieden. Statt auf dem Dach aufgebaut zu werden, sind Indach-Module in das Gebäude integriert, ersetzen teilweise die Dacheindeckung.
PV-Anlage „pflanzt“ Bäume
Diese Anlagen, so Schulz, sind etwas teurer, haben aber den Vorteil, dass sie optisch kaum sichtbar sind und sich so gut für Wohnhäuser eignen. Die Anlage in Wilstedt ist eine 10-Kilowatt-Peak-Anlage und verfügt zusätzlich über einen Batteriespeicher.
Für Wolf und Peter Warncke ist die PV-Anlage zur Eigenstromproduktion ein für sie folgerichtiger Schritt. Das Konzept geht auf, sagen die Brüder. Dennoch gehen ihre Überlegungen weiter. Sie wollen ihren CO2-Abdruck weiter verkleinern. Deshalb wollen sie perspektivisch ihre Heiztechnik optimieren.
„Das wäre ein großer Bringer“, sagt Peter Warncke. Wolf Warncke zeigt auf sein Smartphone und macht deutlich, was schon jetzt passiert. Auf dem Display erscheint eine Grafik mit mehreren Bäumen. Die, sagt er, haben sie mit ihrer neuen PV-Anlage zumindest rechnerisch bereits in den vergangenen Wochen gepflanzt.