TAlles für den VfL Fredenbeck: Ritscher nimmt sogar Urlaub für Spiele
Jakob Ritscher kann auf mehreren Positionen eingesetzt werden. Foto: Struwe (Archiv)
Abends nach dem Handball-Training in die Firma. Für die Spiele geht der Urlaub drauf. Arbeit und Sport sind bei Jakob Ritscher vom VfL Fredenbeck eng getaktet.
Fredenbeck. „Ich bin zufrieden, so wie es ist.“ Seit seinem sechsten Lebensjahr spielt Jakob Ritscher Handball, fast durchgängig beim VfL Fredenbeck. Ritscher, der Fredenbecker Junge, stammt aus einer nach Handball verrückten Familie.
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Vater und Mutter waren aktive Handballer. Sein Vater hatte den Sechsjährigen für den Handball begeistert. Seit der Saison 2018/19 steht der jetzt 25-Jährige im Kader der 1. Männermannschaft des VfL, hat alle Höhen und Tiefen seitdem mitgemacht.
Pleite gegen Minden wirkt nach
Der denkwürdig schwache Auftritt des VfL bei der krachenden Auswärtsniederlage (27:36) gegen GWD Minden II am Sonntag war so ein Tief. Lars Müller, Geschäftsführer der Handball-GmbH, nannte das Auftreten eine „erschreckende Leistung“. Trainer Matthias Steinkamp sagte, er erwarte „eine Reaktion“.
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Die Pleite ist über die Woche Thema in der Geestlandhalle. Jakob Ritscher sucht wie alle Beteiligten nach den Gründen: „Wir hatten einen guten Start, haben nach acht Minuten komplett den Faden verloren. Zu viele technische Fehler, zu viele Fehler beim Abschluss. Die Folge: viel zu viele einfache Gegentore.“
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Das sagt ein Handballer, dessen sportliche Eigenmotivation unfassbar hoch sein muss. Denn der Aufwand, den Ritscher betreibt, ist enorm. Ritscher arbeitet als Chemikant in einem großen Chemieunternehmen in der Region und steuert gemeinsam mit drei Kollegen im Schichtbetrieb die Produktionsprozesse. In Sieben-Tage-Zyklen wechseln sich bei Ritscher Früh-, Spät- und Nachtschicht ab. Er absolvierte dort seine Lehre und arbeitet seit 2019 im Unternehmen.
Spontanität geht im Alltag verloren
Ein gewöhnlicher Arbeitstag ist eng getaktet und beginnt bei einer Frühschicht morgens um 5.15 Uhr. Um 6 Uhr beginnt die Arbeit, gegen 15 Uhr ist Ritscher wieder zu Hause. Nach einem kurzen Essen werden Dinge des Alltags erledigt. Um 18.30 Uhr fährt er zum Training. Bis 21 Uhr ist er dann für gewöhnlich in der Halle. Spätestens um 23 Uhr geht es ins Bett. „Ich muss meine Tage gut planen. Spontan ist eher schwierig“, sagt Ritscher.
Er kennt seinen Schichtplan für ein Jahr im Voraus. Ritscher versucht, mit seinen Kollegen Schicht und Handball abzustimmen. „Da schiebt man, wenn nötig, so gut es geht.“ Die Kollegen verfolgen seine Spiele in der Zeitung. Zuschauen sei nur selten möglich.
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Da Ritscher auch an den Wochenenden arbeiten muss, nimmt er sich für die Spieltage in der Regel Urlaub. „Hartes Brot, aber ich mach’s gerne.“ Wenn er Spätschicht schiebt, kann er nicht trainieren. Wenn er nachts arbeitet, geht es nach dem Training direkt in die Firma. „Das zehrt an den Kräften, da ist der Körper schon kaputt“, sagt Ritscher.
Ritscher sieht sich am Leistungsmaximum
Als 19-Jähriger hatte Ritscher selbstbewusst erklärt: „Ich will so weit wie möglich im Leistungshandball kommen, Bundesliga eingeschlossen.“ Heute sieht er sich „an der richtigen Stelle angekommen“. Er glaubt, sein Leistungsmaximum erreicht zu haben, „bin, was meine Leistungen betrifft, da, wo ich hingehöre“, sagt er.
Ritscher hofft, noch lange leistungsorientiert Handball spielen zu können. Nur weitere schwere Verletzungen könnten ihn da zum Umdenken bringen. Zweimal hatte es ihn bereits am Knie erwischt, einmal heftig an der Schulter.
Nach den schwachen Leistungen des VfL Fredenbeck in den vergangenen drei verlorenen Auswärtsspielen steigt der Druck auf Jakob Ritscher und die Mannschaft. Vor allem die erfahrenen Spieler sind jetzt gefordert, das Team im Kampf um die erforderlichen Punkte für den Klassenerhalt zu führen.
Nächster Gegner: Ahlener SG
Die Ahlener SG (4:10 Punkte) dürfte ein unangenehmer Gegner werden, der zuletzt mit Heimsiegen gegen den TSV Anderten und den Wilhelmshavener HV Selbstvertrauen getankt hat. Trainer Matthias Steinkamp erwartet am Samstag (19.30 Uhr) in der Geestlandhalle „eine Reaktion“ der Mannschaft. Die Fans bittet er um lautstarke Unterstützung. Die brauche die Mannschaft jetzt, um im Kampf gegen den Abstieg wieder in die Spur zu kommen.
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