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Schauübung

TAls in Harsefeld das Feuer wütete: Ortsfeuerwehr erinnert an die Katastrophe vom Mai 1799

An dieser Stelle muss das Gebäude des Hausvogts gestanden haben, in dem das Feuer am 30. Mai 1799 ausbrach.

An dieser Stelle muss das Gebäude des Hausvogts gestanden haben, in dem das Feuer am 30. Mai 1799 ausbrach. Foto: Samtgemeindearchiv

Es war ein Tag mit viel Wind, an dem das Feuer vor 225 Jahren große Teile Harsefelds zerstörte. Gut 100 Jahre lang erinnerte eine kirchliche Feier an die Katastrophe - dann war damit Schluss. Nun möchte die Ortsfeuerwehr das Inferno zurück ins Bewusstsein rufen.

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Von Miriam Fehlbus
Donnerstag, 30.05.2024, 14:20 Uhr

Harsefeld. Am Donnerstag, 30. Mai, werden in Harsefeld um 18.30 Uhr die Sirenen läuten. Mit einem Großaufgebot wird die Feuerwehr im Flecken dann zum Einsatzort am Kino-Hotel Meyer fahren. Es ist eine Übung, aber eine besondere: als Erinnerung an die Feuersbrunst vom 30. Mai 1799.

Harsefelder Spritzenhaus erst ab 1839 am Amtshof

Als das Feuer vor 225 Jahren in Harsefeld 81 Gebäude zerstörte und 64 Familien obdachlos wurden, gab es noch keine Feuerwehr. Ein Spritzenhaus, innerhalb des Vorwerksgebäudes am Amtshof, wird erstmals 1839 erwähnt, erklärt Günter Kachmann, Feuerwehr-Chronist und ehrenamtlicher Mitarbeiter im Samtgemeindearchiv.

1799 hatte jeder Haushalt lediglich einen ledernen Eimer vorzuhalten und zum Löschen mitzubringen. Jede Hofstelle verfügte über eine Leiter und einen Einreißhaken. Damit war einer Feuersbrunst allerdings nicht zu begegnen.

Sturmglocke ruft Harsefelder von den Feldern zurück

Dass sich das Feuer so ausbreiten konnte, lag wohl auch daran, dass die überwiegend landwirtschaftlich geprägte Bevölkerung Harsefelds an diesem Tag auf den Feldern war oder im Moor, um Torf zu stechen. So bekamen es die meisten zunächst nicht mit, als sich um die Mittagsstunde in der heutigen Marktstraße die Katastrophe anbahnte. Erst als die Sturmglocke läutete, eilten die Harsefelder zurück in den Ort.

Feuer bricht im Bereich der heutigen Marktstraße aus

Die Marktstraße in der heutigen Form gab es 1799 nicht. Der Weg an dieser Stelle war eng bebaut, mit weich gedeckten Häusern, also mit leicht brennbarem Stroh oder Reet. In Höhe des heutigen Don Camillo war es so schmal, dass sich dort keine zwei Gespanne begegnen konnten.

Hier begann das Feuer in dem Gebäude des Hausvogts, des Beamten, der für die Einhaltung der Ordnung in der Gemeinde und dem dazugehörigen Gebiet verantwortlich war. Seine Schuld war es nicht, wird es später heißen, vielmehr soll es eine Unaufmerksamkeit beim Anheizen für die Wäsche gewesen sein.

Dielenbalken erinnern an den Großbrand im Ort

Das Feuer sprang über die Wiesen und den Rellerbach und vernichtete alle Häuser der Bergstraße. In der Schulstraße dehnte sich das Feuer aus bis zur Teichstraße. Bei einem Blick auf eine nachempfundene Karte wird deutlich, dass es fast den gesamten Ortskern betraf.

Die roten Gebäude fielen 1799 dem Feuer zum Opfer.

Die roten Gebäude fielen 1799 dem Feuer zum Opfer. Foto: Samtgemeindearchiv/Breier

Die Brandkasse Hannover hat aufgelistet, was die Versicherten ausbezahlt bekamen. Nicht alle waren versichert. Noch am Brandtag gingen die ersten Spenden ein, akribisch aufgeschrieben und verwaltet von Hausvogt Carl Greten, bei dem das Feuer ausgebrochen war. Viele Häuser wurden neu errichtet. Einige Bauherren schmückten die Dielentür mit einem Balken, der auf das Ereignis hinweist. Drei dieser Balken sind heute noch erhalten.

Was uns durch den Brand ward am 30. Mai entrissen, ist hier wieder hergestellt, heißt es über dieser Dielentür.

Was uns durch den Brand ward am 30. Mai entrissen, ist hier wieder hergestellt, heißt es über dieser Dielentür. Foto: Günter Kachmann

Der damalige Pastor Brandt hielt zwei Wochen nach dem Feuer eine Predigt, die 1800 in Stade gedruckt wurde. Im Feuerwehrarchiv gibt es eine Kopie des Drucks. „Der Klerus in der damaligen Zeit war nach solchen Ereignissen sehr schnell bereit, mit erhobenem Zeigefinger auf ein gottesfürchtiges Leben hinzuweisen“, sagt Günter Kachmann. Doch der Pastor musste seine Worte vorsichtig wählen, da sein Haus bis auf die Grundmauern niederbrannte. Er war zum Zeitpunkt des Brandes auf Reisen und wurde durch einen Boten zurückgeholt.

21-Jähriger hat Idee der Erinnerungs-Übung

Die Gemeinde wünschte sich, den Brandtag mit einer besonderen kirchlichen Feier zu begehen. Daran wurde weit über 100 Jahre festgehalten. Dann verblasste das Ereignis mehr und mehr. Nun, nach 225 Jahren, möchte die Feuerwehr Harsefeld mit einer besonderen Übung alles wieder in Erinnerung rufen. Der 21 Jahre alte Feuerwehrmann Maximilian Borchers hatte die Idee dazu und fand schnell breite Zustimmung bei den Kameraden. Zur Schauübung sind alle Bürger eingeladen. Ein Info-Stand zum damaligen Feuer wird aufgebaut.

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