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T„Amor gegen Goliath“: Das ist das neueste Werk des berühmten Autors aus Stade

Frank Schulz, der Schöpfer der „Hagen-Trilogie“ und von Onna Viets, hat einen neuen Roman herausgebracht. Gewohnt sprachgewaltig und mit dem ihm ureigenen Mikroskop-Blick auf die Unzulänglichkeiten unserer Zeit.

Frank Schulz, der Schöpfer der „Hagen-Trilogie“ und von Onna Viets, hat einen neuen Roman herausgebracht. Gewohnt sprachgewaltig und mit dem ihm ureigenen Mikroskop-Blick auf die Unzulänglichkeiten unserer Zeit. Foto: Arne Weychardt

Frank Schulz ist zurück: Mit seinem neuesten Roman „Amor gegen Goliath“ präsentiert er seine Erforschung der Gesellschaftskrisen unserer Zeit. Nun kommt er in seine Heimat Stade.

Von Silvia Dammer Mittwoch, 06.11.2024, 17:35 Uhr

Stade. Nach einer achtjährigen Pause meldet sich der wortgewandte, mehrfach ausgezeichnete Schriftsteller zurück und bringt mit „Amor gegen Goliath“ einen Roman heraus, der nicht nur durch seine stattliche Zahl von über 700 Seiten, sondern vor allem durch seine thematische Vielfalt und sprachliche Brillanz beeindruckt.

„Schreiben ist reine Knochenarbeit“, gesteht Schulz im TAGEBLATT-Gespräch. Doch die schwere Arbeit hat sich ausgezahlt: Sein neuer Roman entfaltet eine komplexe, vielschichtige Geschichte, die persönliche Dramen und gesellschaftliche Herausforderungen eindrucksvoll kombiniert.

Literarisches Schaffen und der neue Roman

Die Handlung von „Amor gegen Goliath“ beginnt an einem kretischen Strand im September 2021 - der perfekte Schauplatz für Schulz, der es liebt, mythologische Bezüge in seine Werke zu integrieren. Hier treffen der arbeitslose Redakteur Dr. Philipp Büttner und die Psychologin Cathrin Weye aufeinander. „Zwischen ihnen knistert es“, erzählt Schulz. Doch das ist nur der Auftakt einer weit umfassenderen Erzählung.

Von diesen schicksalhaften ersten Begegnungen springt die Erzählung zwei Jahre zurück und taucht tief in das Leben und die Gefühlswelt der Protagonisten ein. Büttner, ein Schürzenjäger und eloquenter Draufgänger, ist verlobt mit Franzi und nutzt die neue Situation der Pandemie, um seine Video-Flirtfähigkeiten zu schärfen.

Ihm gegenüber: Patrick „Ricky“ Kottenpeter, ein einst erfolgreicher Musiker, der sich nun mit Werbejingles über Wasser hält und immer tiefer in eine Depression stürzt. Seine Ehe mit Cathy ist in einer Krise, verstärkt durch seine Eifersucht auf den Klimaaktivisten Mario. Kottenpeters depressive Episoden beschreibt Schulz mit einer Präzision, die von persönlicher Erfahrung zeugt: „Das Schreiben von Rickys Passagen war unheimlich anstrengend.“

Schulz verwebt gekonnt die Themen der Klimakrise und der persönlichen Krisen. Während Büttner und Franzi sich in Hamburg vergnügen, kämpft Ricky daheim in Osnabrück mit seinen Dämonen und der Isolation durch die Pandemie. Die Idee für den Roman kam Schulz während des Jahrhundertsommers 2018 auf seiner Veranda in Osnabrück. Schulz beobachtete mehrere Kohlmeisen und fühlte eine tiefe Verbundenheit zur Natur. „Gleichzeitig wurde mir plötzlich klar, dass extreme Sommer das neue Normal sind und der Klimawandel ernsthafte Konsequenzen hat.“

Sprachgewalt und grotesker Humor

Besonders eindrucksvoll sind in „Amor gegen Goliath“ die Perspektiven von Baum und Vogel, die im Roman eine zusätzliche, metaphorische Dimension eröffnen. Der alte Baum Alimur Viribus I. und das Kohlmeisen-Männchen Johnny beobachten das Geschehen mit einer Ruhe, die kontrastiert zu den menschlichen Dramen steht. Schulz schafft es, diese Perspektiven nicht nur als literarische Spielerei, sondern als ernsthafte Reflexionen über Natur und Menschlichkeit darzustellen.

Humor als Notwehr

„Humor ist für mich eine Art Notwehr“, sagt der Autor. Und tatsächlich: Trotz schwerer Themen wie Klimawandel und psychische Gesundheit bleibt der Roman leicht. Die Dialoge sprühen vor Witz, die inneren Monologe der Figuren sind präzise und tiefgründig. Schulz schafft es, selbst einen Schwätzer wie Büttner sympathisch wirken zu lassen.

Ein weiterer Trumpf ist Schulz‘ Talent, gesellschaftliche Themen in die Erzählung einzuflechten. „Büttner projiziert seinen Wunsch nach einer Lösung für die Klimakrise auf den skurrilen Internet-Zausel ‚Konfusius‘“, berichtet der Autor. Diese Einbindung aktueller Themen wie Internetphänomene und Social Media verleiht dem Roman zusätzliche Tiefe und Relevanz.

Schulz plant keine weiteren Mammutwerke. „Langsam wird es mir zu viel, dicke Romane zu schreiben“, gesteht er. Stattdessen will er sich auf kürzere Werke konzentrieren und träumt davon, „noch einmal einen Roman zu schreiben, der ganz linear erzählt wird, von A bis Z, ohne große Rückblenden, ohne Fremdwörter, ohne viel Getöse und sprachliches Gezickel“. Ob ihm das gelingt, wird die Zeit zeigen. Ideen hat er jedenfalls genug: „Über Romane wie den vierten Onno Viets-Teil, darüber denke ich nach ….“

Für alle, die mehr von Frank Schulz und seiner literarischen Welt erfahren möchten, steht eine unterhaltsame Lesung bevor: Am Freitag, 8. November, um 20 Uhr in der Seminarturnhalle. Gemeinsam mit seiner Schriftstellerkollegin Karen Duve tritt der gebürtige Hagener im Rahmen der NDR-Kultur-Veranstaltung „Der Norden liest“ auf. Karten für 14 Euro gibt es an der Abendkasse.

Das Cover des neuen Buches.

Das Cover des neuen Buches. Foto: Verlag

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