TArmin Morbach: Die unglaubliche Karriere eines Fotografen und Promi-Stylisten

Fotograf und Promi-Stylist Armin Morbach. Foto: Ariel Oscar Greith
Juror bei Germany´s Next Topmodel, Fotograf und Promi-Stylist. Armin Morbach ist einer der vielseitigsten Hamburger Promis. Im Interview spricht er über seinen Karriereweg - und sein ruhiges Leben nur wenige Kilometer vom Kreis Stade entfernt.
Hamburg. TAGEBLATT: ProSieben ruft aktuell dazu auf, sich für die nächste Staffel von Germany’s Next Topmodel zu bewerben. Würden Sie dazu raten?
Armin Morbach: Es kommt darauf an, was du machen willst. Wenn du Influencer werden möchtest, wenn du in Deutschland eine Karriere auf Social Media machen willst, ja. Wenn du wirklich Model werden möchtest, nein.
Und was mache ich, wenn ich Model werden will?
Dann gehst du ganz klassisch zu einer Modelagentur, bewirbst dich und guckst, in welche Kategorie du passt. Im Grunde gibt es da nur drei: Neben der klassischen Model-Norm sind das die Plus Size Models und die Best Ager.
Sie selbst lassen sich nur schwer einer Kategorie zuordnen.
Meinen Sie privat oder professionell?
Bleiben wir zunächst beim Professionellen.
Ich bin kein studierter Künstler und habe auch nie gesagt: Ich will Fotograf werden. Ich stand einfach am Set oft neben der Kamera, bis mir einmal ein Fotograf angeboten hat, selbst ein paar Bilder zu machen. Es wurde schließlich ein kommerzieller Job.
Es hat auf Anhieb funktioniert?
Vor 20 Jahren habe ich mein Magazin gegründet und hatte damit automatisch eine Plattform. Jede Ausgabe habe ich zur Stiftung F.C. Gundlach geschickt. Es hieß: Wenn du gut bist, musst du da hin. Eines Tages klingelte das Telefon und F.C. Gundlach war persönlich dran. Ich habe erstmal aufgelegt, weil ich dachte, das sei ein Scherz. Dann habe ich zurückgerufen und er war es wirklich. Wenig später haben wir uns getroffen und 24 meiner Werke wurden sofort in die Stiftung aufgenommen.
Ein Traum wurde also wahr?
Es war mehr, als ich mir je hätte erträumen können. Ich hing plötzlich neben den wichtigsten Künstlern der Neuzeit, wie Lindbergh und Mapplethorpe. Daneben fühlte ich mich natürlich sehr klein.
Der große F.C. Gundlach blieb Ihr Förderer?
Ich war sehr mit ihm verbunden. Er sagte mir: „Alles, was ich mache, gebe ich an dich weiter, du bist die Weiterführung meines Stils.“ Es war eine riesengroße Ehre und das Beste, was mir passieren konnte.
Wie war es für Sie, als F.C. Gundlach 2021 starb?
Ich bin in ein Loch gefallen. Ich habe sogar überlegt, ob ich überhaupt noch Ausstellungen machen soll. Zum Glück bin ich etwas abergläubisch.
Das müssen Sie erklären.
Ich saß zu Hause auf einem Stuhl, betrachtete einige Bilder von F.C. Gundlach und grübelte. Da riss die Wolkendecke auf, und die Sonne schien durchs Fenster genau auf die drei Fotos. Das war für mich das Zeichen: Okay, es kann auch ohne ihn weitergehen.
Erzählen Sie ein bisschen vom jungen Armin Morbach.
Ich habe in München Friseur gelernt. Aber ich wollte nicht jeden Tag zwölf Damen frisieren, 1200 Mark verdienen und vom Trinkgeld abhängig sein. Also bin ich weggezogen und habe die ersten großen Stars frisiert, Celine Dion zum Beispiel. Ich habe meine erste Show für Chanel gemacht, mit Naomi Campbell, Claudia Schiffer …
Moment. Man zieht doch nicht einfach so los und, zack, frisiert Stars und Supermodels?
Ein bisschen war es schon so. Ich bin einfach von München weggegangen, direkt nach New York, in Miami habe ich auch eine Weile gelebt. Aber mir war schon klar, was ich machen muss, wem ich assistieren und wo ich abends hingehen muss. Die Szene damals war ja nicht wie heute, wo du nur über Social Media kommunizierst. Netzwerken, das konnte ich schon immer sehr gut. Ich habe die richtigen Leute frisiert, war auf den richtigen Veranstaltungen. In den 90er Jahren war halt alles anders, und man hat Jobs noch anders vergeben.
Sind Sie immer noch ein großer Netzwerker?
Oh, ja! Wenn ich mein Telefon aufmache, dann sind da nicht nur die Nummern von Shirin David oder Eva Padberg drin – ich kann sie auch anrufen. Das ist das Entscheidende.
Haben Sie Ihren Mann auch übers Netzwerken kennengelernt?
Das war ganz klassisch bei einer Ausstellung in der Europapassage, da hat er ein paarmal zu mir herübergeguckt. Später auf der Party in einem Club haben wir uns wiedergetroffen. Ich habe schnell gemerkt, wie spießig er ist (lacht). Im Ernst, das fand ich total cool. Wie kann man mit 25 so herrlich altmodisch sein, habe ich gedacht. Er erinnert mich an Karl Lagerfeld.
Wie kommen Sie gerade auf den?
Ich habe noch mit ihm zusammengearbeitet. Karl Lagerfeld hat immer Faxe geschickt. Jeder, der mit ihm arbeiten wollte, musste ein Fax haben. Einmal waren wir bei Henkel gerade in der Retusche, als ein Fax von ihm kam, in dem genau stand, was er gut findet und was schlecht. Für uns war es total wichtig, das in der Hand zu haben. Auf dem Handy kann doch heutzutage innerhalb einer Sekunde alles weg sein.
Arbeiten Sie noch für Henkel?
Ja, und zwar seit 22 Jahren. Jede Schwarzkopf-Verpackung ist von mir fotografiert und umgesetzt.
Sie sind auch Hamburg schon lange treu.
Ich bin dieses Jahr 30 Jahre in Hamburg und fühle mich als Hamburger. Ich liebe München und finde es toll, ab und zu hinzufahren. Aber nach zwei Tagen habe ich genug. Manchmal vermisse ich die Berge. Darum sind wir ja auch in den Hamburger Süden gezogen (lacht).
Sie wohnen in Harburg?
In Hausbruch. Es ist ein 60er-Jahre-Architektenbungalow mit viel Grün drumherum und 20 Meter Höhenunterschied zur Straße.
Das klingt idyllisch.
Ist es auch. Wir haben vorher in der Langen Reihe gewohnt, man kann schon sagen, mitten im Homo-Viertel. Aber dieses Klischee vom schwulen Paar war uns irgendwann zu offen, zu transparent. Es war eine bewusste Entscheidung rauszuziehen, und ich vermisse wirklich nichts.
Wie würden Sie das Klischee beschreiben?
Ich habe das Gefühl, schwule Männer müssen sich ständig irgendwie identifizieren, gerade in einem Viertel wie der Langen Reihe. Ich habe darauf aber überhaupt keine Lust. Es interessiert mich auch nicht, wer mit wem schläft und wer welchen Fetisch hat. Warum muss alles gelabelt werden, alles in eine Schublade passen? Ich finde, wir Schwule sind inzwischen overexposed (wörtlich: überbelichtet, sinngemäß: übermäßig sichtbar, Anmerk. d. Red.), auch wenn ich mich mit dieser Meinung in der Community schon öfter in die Nesseln gesetzt habe. In Hausbruch sind wir ein schwules Paar, und es interessiert null, das ist super.
War das immer so?
Es war anfangs ein bisschen merkwürdig. Viele Leute hier sind 70 plus und alteingesessen. Also haben wir ein Gartenfest gemacht. Alle sind gekommen und das war‘s.
Bei Ihnen klingt alles so herrlich einfach, aber das war es doch sicher nicht immer?
Ich habe in meinem Leben nie die Opferrolle eingenommen. Ich habe schon so oft gehört: „Du kannst das nicht, du schaffst das nicht.“ Als ich mit 15 von der Schule abgegangen bin, als ich mit 30 meine erste Agentur und zwei Jahre später mein Magazin gegründet habe. Zwölf Jahre lang habe ich am Anfang keinen Urlaub gemacht, das kann sich die heutige Generation gar nicht vorstellen. Meine Eltern haben ihr Leben lang gearbeitet und beziehen nur eine kleine Rente, das finde ich ungerecht.
Wie ist der Kontakt zu ihren Eltern?
Ich habe sie vor 25 Jahren nach Hamburg geholt, nachdem meine Mutter einen Herzinfarkt hatte. Sie wohnen heute in der Langen Reihe und jeder kennt sie. Mein Vater, gelernter Elektriker, ist dort Hausmeister. Die künstlerische Ader habe ich von meiner Mutter.
Hat sie Sie auch gefördert?
Ja, immer. Ich habe eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Heute weiß man, dass das sehr oft vorkommt, damals galt ich einfach als schlechter Schüler und man wollte mich zur Sonderschule schicken. Das hat meine Mutter aber nicht akzeptiert. Also wurde beim Max-Planck-Institut ein Intelligenztest gemacht und siehe da: Ich war überdurchschnittlich intelligent. Trotzdem musste ich bei allem, was ich tat, immer 150 Prozent geben. Es hat mich im Leben weitergebracht, dass ich mich nie darauf verlassen konnte, was ich gelernt hatte. Ich habe zum Beispiel bis heute genau ein Buch gelesen.
Eines?
Ja, „Die unendliche Geschichte“, und auch nur bis zur Hälfte. Aber nicht, weil es mich gelangweilt hätte. Es hat mich irritiert, ich bin im Kopf dermaßen in diese Welt eingetaucht, bis ich ganz verwirrt war.
Gucken Sie fern?
Analoges Fernsehen so gut wie gar nicht und nie Nachrichtensendungen, das strengt mich zu sehr an. Aber wir gucken gern Serien, zum Beispiel gerade die über Lagerfeld. Und ich mag Dokus. Wie gesagt, privat sind wir sehr ruhig.
Und genießen die Ruhe in Hausbruch.
Absolut. Jeden Tag füttere ich die Vögel. Und mein liebstes Hobby ist schlafen. Du kannst mich irgendwo hinsetzen – und ich schlafe.
Zur Person
Armin Morbach wurde 1971 in Haag (Oberbayern) geboren. Er hat eine Schwester. Mit 15 verließ er die Schule und machte eine Friseur-Ausbildung in München. Danach zog es ihn in die USA, um als Hair- & Make-up-Artist international Karriere zu machen. Mitte der 90er Jahre wurde Hamburg der Lebensmittelpunkt. Dem deutschen TV-Publikum wurde Morbach als Juror in der ersten Staffel von Germany‘s Next Topmodel 2006 bekannt. 2007 begann er zu fotografieren, heute hängen seine Fotos in den renommiertesten Galerien. Morbach ist zudem Herausgeber des Magazins „TUSH“ und leitet eine Agentur in Othmarschen. Er ernährt sich vegan und engagiert sich für den Tierschutz. Mit seinem Mann, dem Künstler Moritz Morbach, lebt er in Hamburg-Hausbruch.
Persönlich
Mein Lieblingsort in Hamburg ist... die Fischbeker Heide
Wenn ich in Hamburg ausgehe, dann... gern in die Hobenköök im Oberhafen. Einfach gut essen, zahlen, wieder gehen. So mag ich es.
Von Hamburg wünsche ich mir... wieder mehr Gelassenheit.
Lachen kann ich über... mich selbst.
Und mich ärgern... schlechte Autofahrer.