TAuch ohne das AKW: Stade soll Energiestandort bleiben

Das AKW-Gelände noch mit den alten Gebäuden direkt an der Elbe. Links lagert Klei aus dem Hafenbau für den LNG-Anleger. Foto: Martin Elsen
Das Ende ist absehbar: Vom ehemaligen Kernkraftwerk Stade steht nur noch die Betonhülle. Die Abbrucharbeiten laufen, Ende 2026 ist der Standort geräumt. Und dann?
Stade. Das Gelände hat es in sich: 120 Hektar ist es groß, direkt an Schwinge und Elbe gelegen, mit Zugang zum seeschifftiefen Wasser über zwei Anleger. Das lässt die Fantasien sprießen.
Feriendorf an der Elbe? Daraus wird nichts
Der Großteil des AKW-Areals liegt auf Stader Gebiet, die südöstliche Ecke gehört zur Samtgemeinde Lühe. Eine touristische Nutzung war lange im Gespräch, zum Beispiel durch ein Feriendorf am Rande des Alten Landes mit Blick auf die dicken Pötte. Aber daraus wird wohl nichts.
Die Flächen stehen im Landesraumordnungsprogramm, das bindend ist für den Flächennutzungsplan und den daraus resultierenden Bebauungsplan der Stadt, festgeschrieben als Energiestandort mit „Vorrang für großtechnische Energieanlagen“, also ein Kohle- oder Gaskraftwerk. Doch selbst das ist Stand heute schon wieder aus alten Zeiten und soll überarbeitet, den neuen Ansprüchen an die Energieversorgung angepasst werden.
Eon und Uniper planen gemeinsam die Energiezukunft
Das sagte Ulrike Lehner vom Unternehmen Arcadis jüngst im Stadtplanungsausschuss des Stader Rates. Arcadis plant für die Grundstücksinhaber Eon und Uniper die neue Nutzung des Geländes. Die Pläne der beiden Unternehmen passen offenbar gut zusammen. Sie werden jetzt in einen städtebaulichen Rahmenplan gegossen, der die möglichen Vorhaben grob zusammenfasst.

Das Maschinenhaus war einst ein zentrales Gebäude des Kernkraftwerks. Ein 110 Tonnen schwerer Bagger hat es in wenigen Tagen abgerissen. Foto: Strüning
Marco Albers ist als Technischer Leiter des Kraftwerks damit beschäftigt, den Rückbau zu Ende zu führen. Das macht für Eon die Sparte PreussenElektra. Albers wird anschließend weiterziehen zum nächsten AKW-Abbau, Eon bleibt. Albers spricht von einem „klaren Bekenntnis zum Standort Stade“.
Die Premiumgrundstücke seien zu schade, um als grüne Wiese brach zu liegen. Deswegen würden jetzt gemeinsam mit Uniper die Flächen entwickelt. Für das noch staatliche Unternehmen war Arne Bayer im Stader Fachausschuss. Die drei Referenten skizzierten die Pläne.
Strom aus Sonnenkraft und grüner Wasserstoff
Uniper prüft demnach, ob sich Salzkavernen als Speicher für Erdgas und Wasserstoff eignen (das TAGEBLATT berichtete). Zentral sind große Photovoltaik-Anlagen zur Gewinnung von grünem Strom. Der könnte ins Netz eingespeist, in großen Batterien gespeichert oder per Elektrolyseur zur Produktion von grünem Wasserstoff auf dem Gelände genutzt werden.
Für die Energienutzung sind 36 Hektar an der Elbe vorgesehen. Auf 14 Hektar soll Obstbau nebst Photovoltaik möglich sein (Agri-PV). Nahe der Schwinge bleiben die Biotope unangetastet, Richtung Lühe soll Obstbau betrieben werden. Am Elbdeich wird ein 50 Meter breiter Schutzstreifen eingerichtet - für eine Deicherhöhung und einen Deichverteidigungsweg. Der Elberadweg kreuzt das Gelände.
Der Mix macht‘s, die Energieanlagen könnten miteinander verbunden werden. Die Entwicklungen auf diesem Gebiet seien derzeit rasant, sagte Ulrike Lehner. Was konkret gebaut werde, bleibe abzuwarten.
Mittendrin radioaktiver Abfall aus dem Kernkraftwerk
Eon scheint aufs Gaspedal treten zu wollen. Ihre Pläne könnten parallel zum Rückbau oder direkt danach umgesetzt werden. Eines stört dabei empfindlich: Lara, das Zwischenlager auf einer Fläche von einem Hektar für schwach und mittelradioaktive Abfälle direkt neben dem Kernkraftwerk und damit mitten im Weg für neue Planungen. Darauf muss jetzt Rücksicht genommen werden, wenn in der Nähe mit gefährlichen Stoffen hantiert wird.
Uniper steht bereit, eines der wasserstofffähigen Gaskraftwerke zu bauen, die das Bundeswirtschaftsministerium plant, um das Stromnetz in Deutschland bei Schwankungen stabil zu halten. Dafür müssen aber die Voraussetzungen stimmen.
Der Starkstromanschluss, der einst zum Kernkraftwerk führte und längst demontiert wurde, muss wieder hergestellt werden. Auch muss das Gelände an ein deutsches Wasserstoffnetz angebunden sein. Das alte, inaktive Industriegleis könnte wieder instand gesetzt werden.
Wärme aus der Elbe für die Stader Haushalte
Auch die Stadt Stade hat ein Auge auf das Gelände geworfen. Das ehemalige Ein- und Auslaufwehr des Kernkraftwerks für Elbwasser könnte per Flusswärmepumpe dazu umfunktioniert werden, die Stadt mit Wärme zu versorgen. Die Wehre sind zwei mal zwei Meter groß.
Limitiert ist die Nutzung durch das Lärmkontingent aus der industriellen Nachbarschaft von Bützflethersand und die verkehrliche Anbindung über die Bassenflether Chaussee, die durchs Wohngebiet führt. Also wird leise Industrie bevorzugt, die wenig Verkehr verursacht.
Bislang sind die Pläne mit der Industrie- und Handelskammer, mit der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung, dem Deichverband, dem Wasserschifffahrtsamt, dem Landkreis, der Samtgemeinde Lühe und der Stadt abgesprochen.