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Milchvieh

TAuf dem Rosebrock-Hof melkt der Roboter

Die Kühe der Rosebrocks sehen zufrieden aus.

Die Kühe der Rosebrocks sehen zufrieden aus. Foto: Tausendfreund/Kreiszeitung

Melken von Hand kostet Kraft und dauert. Ein Melkroboter verspricht Erleichterung, ist aber teuer. Das Ehepaar Rosebrock ist das Wagnis vor einigen Jahren eingegangen. Jetzt ziehen die Landwirte Bilanz.

Von Judith Tausendfreund Sonntag, 28.07.2024, 13:00 Uhr

Visselhövede. Wie funktioniert ein moderner Stall für Milchkühe? Wenn das einer weiß, dann ist es Hinnerk Rosebrock mit seiner Frau Kristin. Die beiden führen einen Familienbetrieb in Dreeßel. Sie arbeiten komplett ohne Mitarbeiter – das wiederum funktioniert nur, weil sie ihren Betrieb stark automatisiert haben.

„Es ist sehr schwer, die passenden Mitarbeiter zu finden“, berichtet Marco Schouten. Auch die körperlich schwere Arbeit werde durch die Automatisierung erleichtert. Der Geschäftsführer der Landberatung Rotenburg kennt viele Details des Betriebs: Er hatte die Familie beraten, als diese sich vor gut zehn Jahren zur Neuausrichtung entschlossen hatte.

Hohe Investitionen sind notwendig

1,2 Millionen Euro netto, das ist die Summe, die damals in die Hand genommen wurde, um die Automatisierung der Melkarbeit umzusetzen und einen modernen Boxenlaufstall aufzubauen. Im Ergebnis melken Hinnerk und Kristin Rosebrock zu zweit bis zu 250 Kühe. Um die Leistung mit einem traditionellen Betrieb zu vergleichen, muss man wissen, dass mittlerweile im Durchschnitt 50 Kühe pro Tag von einer Person gemolken werden, die Rosebrocks schaffen mehr als das Doppelte.

Der Betrieb befindet sich seit mehr als 300 Jahren im Besitz der Familie, seit Generationen gehören Kühe zum Alltag. Hinnerk Rosebrock hat die Geschäftsführung vor etwa 17 Jahren übernommen. Mit Blick auf die Investition ist Rosebrock sich sicher: „Das hat sich gelohnt.“ Er ist froh, dass er damals den Mut hatte, das Geld in die Hand zu nehmen. „Heute würde ein solcher Schritt noch einmal doppelt so viel kosten.“ Gut zwei Jahre hatte es gedauert, viele Gespräche erfolgten. Es musste alles gut durchdacht werden. Dann lag die Baugenehmigung vor, es wurde umgebaut.

Inzwischen ist der tägliche Ablauf sowohl für die Rosebrocks als auch für die Kühe längst Routine geworden. „Für uns wäre es gar nicht anders möglich, die Arbeit zu bewältigen“, so Hinnerk Rosebrock. Er kann sich noch gut an die Arbeit erinnern, die seine Mutter jahrelang erledigt hat: Melken ist eine körperlich sehr anstrengende Arbeit, vor allem die Arme so lang auszustrecken, ist über die Jahre hinweg mühsam. Das alles erledigt jetzt der Roboter.

Kühe werden belohnt

Das System ist zugleich einfach und anspruchsvoll. Über den ganzen Tag hinweg gehen die Kühe, die im Laufstall leben, an den Roboter. Jede Kuh trägt ein Halsband, dort ist ein Computerchip drin. Durch den Chip erkennt der Roboter, um welche Kuh es sich handelt. „Die Arbeit mit dem Melkroboter hat im Management der Kühe sehr viele Vorteile.“ Gemessen werden bei jedem Melkvorgang Eutergesundheitswerte, die Temperatur der Kuh, der Milchstatus, ob Blut in der Milch ist. Verletzungen werden schnell erkannt, der Landwirt kann entsprechend schnell handeln. „Das bietet der Melkstand so nicht an.“ Man könne so wesentlich individueller arbeiten, erklärt der Landwirt zufrieden.

Wenn die Kuh in den Melkstand tritt, arbeitet die Maschine mit Sensoren. Das Euter wird geputzt, automatisch greift die Melkmaschine an die Zitzen des Euters. Auch durch die Sensoren weiß der Roboter sehr gut, an welche Stellen er für die jeweilige Tätigkeit greifen muss. Jede Kuh hat eine andere Figur, das aber hat die Maschine gut im Griff. Unter anderem durch eine 3-D-Kamera, die die Kuh genau erfasst.

Beim Einstieg in die Maschine erhält die Kuh eine Art Leckerli aus Kraftfutter – die Belohnung gibt den Anreiz, überhaupt in den Melkstand zu gehen. Manche Kühe ließen sich gerne melken, andere weniger – auch Kühe sind offensichtlich Individualisten. Nach dem Melkvorgang wird das Euter der Kuh mit einem Pflegemittel behandelt, damit die Zitze geschmeidig bleibt. Dann geht der Melkvorgang besser vonstatten. Jetzt nach neun Jahren überlegen die Rosebrock schon, eine neue Maschine anzuschaffen. Denn die Sensoren werden immer besser, immer empfindlicher.

„Die Kühe sind meine besten Mitarbeiter“

Was seine Kühe von der ganzen Sache halten, dazu hat der Landwirt eine klare Meinung. „Den Kühen ist es egal, wer sie melkt“, so Rosebrock. Kühe wollten kein Stress, sie wollten liegen, fressen und eben ihre Ruhe haben. In früheren Jahren lebten die Rinder auf Weiden. Doch auch die hat der Landwirt abgeschafft und auf den Flächen weitere Stallgebäude erreichtet. „Gerade, wenn es jetzt warm ist und die Sonne scheint, da wollen die nicht raus.“ Im Stall dreht sich ein großer Lüfter. Es gebe noch modernere Ställe, in denen die Klimatisierung und vieles andere mehr auf einem noch höheren Level umgesetzt werde. Aber, das weiß er, niemand kann alles auf einmal anpacken. Er ist glücklich, wenn die Tiere glücklich sind: „Die Kühe sind meine besten Mitarbeiter.“ Die Milchleistung sei dann am besten, wenn es den Tieren gut gehe.

Aktuell sind es 170 Kühe, im letzten Jahr hatte sich die Familie von einigen verabschiedet, deren Gesundheit mit Blick auf die Eutergesundheit nicht ganz so zufriedenstellend war. Durch den Melkroboter kann Rosebrock das Thema besser kontrollieren. Fremde Kühe dazu kaufen, das kommt für ihn nicht infrage: Zu groß wäre die Gefahr, durch diese Krankheiten in den Stall zu holen. Nun heißt es also warten, bis der eigene Nachwuchs groß genug ist. Die Rosebrocks züchten auch, dennoch dauert es ein wenig, bis die Zahl der Kühe wieder aufgestockt ist. Nur von Hand wird aktuell gefüttert – auch diesen Vorgang könnte man durchaus automatisieren. Doch das, so die Landwirte, sei sehr teuer. Insofern wird darüber noch nachgedacht, eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. (RK)

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