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Schimmel-Schule

TAufstand der Grundschul-Eltern: Schlagabtausch in Horneburg

Aufstand der Eltern: Die Mensa in der Oberschule Horneburg war bis auf den letzten Platz besetzt.

Aufstand der Eltern: Die Mensa in der Oberschule Horneburg war bis auf den letzten Platz besetzt. Foto: Vasel

Fast 150 Mütter und Väter waren gekommen und machten wegen der zahlreichen Sanierungsmängel unmissverständlich klar: Nur ein Neu- und Umbau sichert die Bildungschancen ihrer Kinder. Doch die Eltern bissen auf Granit. Immerhin einen kleinen Erfolg gibt es.

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Von Björn Vasel
Donnerstag, 29.02.2024, 09:50 Uhr

Horneburg. Die Ausgangslage: Samtgemeindebürgermeister Knut Willenbockel (parteilos) und der Rat standen am Pranger. Nur Mate Sieber (FDP) blieb verschont. Der Liberale hatte sich bei der Diskussion in Sachen Neu- und Umbau der Grundschule Horneburg früh auf die Seiten der Lehrer und Eltern geschlagen und sich den Protesten und der Online-Petition, mittlerweile von mehr als 2000 Bürgern unterstützt, angeschlossen.

Die Debatte war zum Teil hoch emotional, die Eltern und Lehrer trugen erneut ihre bereits im TAGEBLATT vorgestellten Forderungen vor. Sie alle eint die Sorgen um die Bildungschancen der Kinder.

Schimmel-Schule in Horneburg: Lange Mängelliste

Schulleiterin Sabine Folster unterstrich unter lang anhaltendem Beifall der Väter und Mütter, dass die Kinder einen zeitgemäßen Lern- und Lebensort verdient hätten. Für einen guten Start ins Leben sei ein Neu- und Umbau unverzichtbar. Dieser dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden. Ohne die Großinvestition seien der Ganztag ab 2026 und Inklusion nicht abzubilden. Es fehlten Differenzierungsräume. Insbesondere mit einer Übergangsmensa im Keller, in der lediglich 50 von heute 350 Kindern zeitgleich essen könnten, sei das alles nicht zu wuppen. Auch die Turnhalle reiche seit zehn Jahren nicht mehr aus. Hinzu komme: 2025 werde die Schule fünfzügig. „Wir haben gar keine andere Meinung“, sagt Willenbockel, „nur wir können es uns aktuell finanziell nicht leisten.“

Provisorische Fluchtwege: Die Baugerüste müssen weg, die Samtgemeinde muss an der Grundschule Horneburg kräftig in den Brandschutz investieren.

Provisorische Fluchtwege: Die Baugerüste müssen weg, die Samtgemeinde muss an der Grundschule Horneburg kräftig in den Brandschutz investieren. Foto: Vasel

Neubaupläne für Grundschule Horneburg auf Eis gelegt

Die Vorgeschichte: Der Samtgemeinderat hatte Ende 2023 den 15 Millionen Euro teuren Um- und Neubau der Grundschule in Horneburg auf Eis gelegt, weil er aufgrund des Haushaltsrechts aktuell lediglich den Neubau der knapp 20 Millionen Euro teuren, zweizügigen Grundschule Bliedersdorf-Nottensdorf finanzieren könne. Dieses Projekt sei - im Gegensatz zu Horneburg - nicht mehr zu stoppen gewesen. Aufgrund der Verträge und des EU-Vergaberechts hätte der Samtgemeinde laut Willenbockel eine Strafzahlung in Höhe von zwei bis vier Millionen Euro bei einem Ausstieg gedroht.

Ende 2022 war die Schulbaurichtlinie des Landes weggefallen. Seitdem kämpfen die Städte und Gemeinden um Investitionskostenzuschüsse zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen ab 2026. Landrat Kai Seefried (CDU) und die elf hauptamtlichen Bürgermeister fanden kein Gehör. Mehr als 200 Millionen Euro müssen die Kommunen kreisweit in den nächsten vier Jahren in den Schulbau investieren - finanziert überwiegend über Kredite und höhere Steuern. Ursprünglich hatten die Horneburger mit 14 Millionen Euro aus der Landeskasse gerechnet, jetzt fließen magere 640.000 Euro.

So könnte der Neubau an der Grundschule Horneburg aussehen.

So könnte der Neubau an der Grundschule Horneburg aussehen. Foto: Frenzel und Frenzel

Nur Sieber will Kita- und Feuerwehrbau streichen

Die Positionen: Die Mehrheit im Rat will ihren Kurs nicht ändern. Rein rechnerisch könnte der Neu- und Umbau der Grundschule in Horneburg durch einen Verzicht auf das Feuerwehrgerätehaus in Dollern und das Streichen des Kindergartens Otto-Balzer-Straße in Horneburg finanziert werden. Das forderte Einzelkämpfer Sieber. Allerdings ist der Bau des Feuerwehrgerätehauses bereits mehrfach geschoben worden und die Feuerwehrunfallkasse hat eine Mängelliste erstellt und mahnt mehr Gesundheitsschutz durch Schwarz-Weiß-Bereiche (Stichwort: Krebsrisko durch kontaminierte Einsatzkleidung) und Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften an. Und auch die Kita sei eine Pflichtaufgabe, so die Haltung von CDU, SPD, Grünen und FWG.

„Unser Plan, beide Schulen zu bauen, ist zerstört, weil das Land uns im Stich lässt“, so Willenbockel. Die bittere Erkenntnis der fast dreieinhalbstündigen Schulausschusssitzung: Vor 2028/2029 wird der Grundstein für den großen Umbau- und Neubau nicht gelegt. Im laufenden Finanzplanzeitraum gebe es keinen Spielraum.

Eltern setzen sich bei Brandschutz durch

Der Notplan: Die Samtgemeinde treibt die Planung für den Neu- und Umbau der 1959 errichteten Schule weiter voran. Am Mittwoch segnete die Politik nicht öffentlich weitere Aufträge für den Architekten ab. Die Planung werde in diesem Jahr bis zur Bauantragsreife vorangetrieben, versicherte der Bürgermeister. Der Plan müsse nur aus der Schublade gezogen werden. Rein theoretisch könnte ab 2025/2026 gebaut werden. Der Plan: Am Buswendeplatz soll ein Neubau mit Klassen- und Differenzierungsräumen um einen Marktplatz (Cluster-Lösung) sowie Mensa und Aula errichtet werden, eine neue Sporthalle ist aus Kostengründen kein Thema.

Brandschutz: Die Handwerker sind bereits vor Ort.

Brandschutz: Die Handwerker sind bereits vor Ort. Foto: Vasel

Weil der Neu- und Umbau in den Sternen steht, muss die Kommune auch den Brandschutz anpacken. Der Protest der Eltern - unterstützt von der Bauordnung in Stade - trägt damit erste Früchte. Die Provisorien von 2021 müssen weg, unter anderem Baugerüste als Fluchtweg darf es laut Kreis-Bauordnung zukünftig nicht mehr geben.

Auch eine Lautsprecheranlage (Amok-Lage) fehlt. Gemeinsam wird ein Brandschutzplan erarbeitet, das Architekturbüro „Frenzel und Frenzel“ ist eingeschaltet. Ein Ansatz: auch beim aktuellen Brandschutz den Neu- und Umbau im Blick haben. Willenbockel will Schule, Lehrer und Eltern und Politik einbinden. Geld sei vorhanden, eine Million Euro stehen im Haushalt 2024 für die Schule am Leineweberstieg bereit, das reiche für Brandschutzmaßnahmen und Planungsleistungen aus.

In Sachen Schimmel-Mensa sagte Willenbockel, dass der Gutachter „keine Gesundheitsgefährdung“ sehe. Weil allerdings Mütter von Kindern mit Atemwegerkrankungen von Problemen berichten, wird es weitere Prüfungen geben - vor Wiedereröffnung der Mensa. Übergangsweise gibt es Asyl in der Oberschule. Die Deckenplatten werden noch ausgetauscht.

Schulleiterin Sabine Folster hielt eine Brandrede.

Schulleiterin Sabine Folster hielt eine Brandrede. Foto: Vasel

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