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Landgericht Stade

TBaggersee-Mordprozess: Angeklagter gesteht Tötung in Buxtehude

Zum Prozessauftakt verdeckt der Angeklagte K. sein Gesicht hinter Büropappe. Jetzt hat er ein Geständnis abgelegt.

Zum Prozessauftakt verdeckt der Angeklagte K. sein Gesicht hinter Büropappe. Jetzt hat er ein Geständnis abgelegt. Foto: Sulzyc

Überraschend bricht der Angeklagte K. sein Schweigen. Er gibt zu, vor 22 Jahren an einem Baggersee bei Buxtehude einen Mann erschossen zu haben. Und der Prozess nimmt noch eine zweite unerwartete Wendung.

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Von Thomas Sulzyc
Dienstag, 09.07.2024, 19:20 Uhr

Buxtehude. Die 2. Große Strafkammer am Landgericht Stade hat den Prozess gegen vier Männer, die wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt sind, fortgesetzt. Überraschend gab ein Angeklagter am Montag eine Erklärung ab. Der 43 Jahre alte K. steht mit drei anderen Männern vor Gericht, weil er im August 2002 - wie zuvor von allen Angeklagten gemeinsam geplant - an einem Baggersee bei Buxtehude einen 27-Jährigen erschossen haben soll.

Ein Angeklagter bricht sein Schweigen

Bislang hatten alle Angeklagten im Prozess geschwiegen. In der Erklärung hat der Angeklagte K. jetzt zugegeben, den damals 27 Jahre alten Valerij V. aus Hamburg mit einem Gewehr erschossen zu haben. „Diese Person Valerij - ich habe ihn umgebracht“, sagte er. Der Angeklagte sprach verständlich in kurzen Sätzen. Manchmal beendete er einige Sätze nicht.

Der Angeklagte K. gilt als psychisch krank. Er höre immer noch Stimmen in seinem Kopf, antwortete der Angeklagte dem Vorsitzenden Richter Dr. Julien Zazoff auf die Frage, wie es ihm gehe. Er sei aber dennoch in der Lage, dem Prozess zu folgen, versicherte K. und fügte hinzu: Er möchte ein Geständnis ablegen.

Der Angeklagte schilderte, dass er mit Valerij V. in Konflikt geraten sei. Valerij V. habe K. als arrogant empfunden. Das habe in seinem Milieu als verboten gegolten. K. sei damals forsch aufgetreten, wollte nicht auf Ältere hören. Valerij habe ihn bedroht, sagte der Angeklagte.

Das passt zu den Erkenntnissen, die im Gerichtsverfahren zu Valerij V. öffentlich wurden. Laut der Aussage seiner früheren Ehefrau habe Valerij V. in einer Clique im Raum Bergedorf etwas zu sagen gehabt. Ein starker Boxer, der bei Streitigkeiten schlichtete. Die Polizei ging bei den Ermittlungen 2002 davon aus, dass Valerij V. in Drogengeschäfte verwickelt war.

Der Angeklagte schildert die Tatnacht

Was in der Tatnacht geschah, schilderte der Angeklagte so: Bei einer Feier am Baggersee habe Valerij ihn „angemacht“, weil er gewisse Informationen über K. erhalten habe. Valerij V. habe K. den ganzen Abend lang provoziert und beleidigt.

K. habe dann entschieden, das Gewehr zu holen. „Man wusste, dass Valerij gefährlich war“, sagte der Angeklagte. Das Gewehr, eine abgesägte Schrotflinte, habe er bei einem Bekannten mit dem Vornamen Alexander, den Nachnamen wisse er nicht, im nicht weit entfernten Neugraben-Fischbek geholt. K. habe das Gewehr dort gelagert.

K. habe gewartet, bis die meisten Gäste die Feier verlassen hatten, dann sei er mit dem stark betrunkenen Valerij zu dem Weg gegangen („eine „Sackgasse“), an dem K. sein Auto bereitgestellt hatte. „Ich wollte ihm zeigen, dass er andere respektieren soll“, sagte K. in seinem Geständnis.

„Ich bin zu den Autos gegangen, habe das Gewehr genommen. Ich dachte, er würde sein Verhalten stoppen“, schilderte K. den Moment vor den tödlichen Schüssen. Offenbar zeigte sich Valerij von dem Gewehr nicht eingeschüchtert. Er habe K. gedroht, beim nächsten Mal werde es anders ausgehen. Was er mit dem Gewehr machen wollte, habe Valerij V. noch gefragt.

„Dann habe ich geschossen“, sagte K. in seinem Geständnis. Valerij V. sei in seine Richtung fallend zu Boden gegangen. Er sei näher an sein Opfer herangetreten und habe zwei weitere Schüsse abgegeben. Dann habe er eine Patrone nachgeladen und ein weiteres Mal geschossen. „Ich sprang ins Auto und fuhr davon.“

Angeklagter will die Tat allein begangen haben

Der Angeklagte K. sagte in seinem Geständnis aus, dass er die Tat allein begangen habe. Die anderen Personen, die im Gerichtssaal säßen, hätten nichts damit zu tun gehabt.

Der Angeklagte hatte in einem Bekennerschreiben gestanden, den Mord an einem Baggersee bei Buxtehude begangen zu haben und damit das Gerichtsverfahren nach 22 Jahren erst ausgelöst. In dem Schreiben hatte er die Namen der anderen Angeklagten genannt. Später widerrief er das Bekenntnis und gab an, Außerirdische hätten zu ihm gesprochen und ihn zu dem Bekennerschreiben bewogen.

Gericht erlässt zwei Haftbefehle

Vor dem Verhandlungstag, an dem K. seine Erklärung abgab, hatte der Prozess bereits eine überraschende Entwicklung genommen. Gegen zwei der Angeklagten, die bisher auf freiem Fuß waren, hatte das Gericht Haftbefehl erlassen.

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Die Haftgründe erläuterte die 2. Große Strafkammer am Montag nicht. Aufgrund der Gesamtentwicklung in dem Verfahren sei die Kammer zu der Überzeugung gelangt, die Haft anzuordnen, antwortete die Pressesprecherin des Landgerichts dem TAGEBLATT.

Wie wirkt sich das Geständnis auf den Prozess aus? Die Angeklagten bleiben zunächst in Haft. Das Gericht prüft, ob Haftgründe noch vorliegen. Am Ende das Verfahrens werde die 2. Große Strafkammer das Geständnis und alle anderen Beweismittel würdigen und ein Urteil sprechen, sagte die Gerichtspressesprecherin.

Der Baggersee-Mordprozess wird am Montag, 29. Juli, 15 Uhr, fortgesetzt.

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