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Baumfrevel

TGericht kippt Bußgeld: Stadt Stade verliert im Spitzahorn-Streit

Jörn von Holt hatte ein Bußgeldverfahren am Hals, weil ein Spitzahorn in seinem Garten zu weit zurückgeschnitten wurde.

Jörn von Holt hatte ein Bußgeldverfahren am Hals, weil ein Spitzahorn in seinem Garten zu weit zurückgeschnitten wurde. Foto: Stehr

Ein Spitzahorn in Jörn von Holts Garten wurde zu stark zurückgeschnitten - ein Verstoß gegen die Stader Baumschutzsatzung. Warum das Gericht ihn trotzdem freisprach.

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Von Lena Stehr
Freitag, 22.08.2025, 11:10 Uhr

Stade. Hat eine Firma im Auftrag von Jörn von Holt einen Baumfrevel begangen? Diese Frage wurde kürzlich vor dem Stader Amtsgericht geklärt. Nach zwei Stunden endete die Verhandlung mit einem Freispruch.

Zwar wurde der Spitzahorn in Jörn von Holts Garten tatsächlich zu stark und damit illegal gekappt, allerdings nicht vorsätzlich, begründete der Richter das Urteil. „Ich muss kein Bußgeld zahlen und fühle mich bestätigt“, sagt der Architekt aus Stade-Bützfleth.

Anzeige wegen illegaler Baumkappung

Von Holt und eine von ihm beauftragte Firma waren wie berichtet im Frühjahr angezeigt worden. Von Holt hatte daraufhin Besuch von einem Mitarbeiter der Stadt Stade bekommen, der sich in seinem Garten umsehen wollte.

Stein des Anstoßes: ein etwa sieben Meter hoher Spitzahorn mit einem Stammumfang von 117 Zentimetern in seinem Vorgarten, der auf 3,5 Meter gekappt worden war. Eine Firma hatte zuvor im Auftrag des Architekten mehrere Baumschneidearbeiten auf dem Grundstück durchgeführt.

„Dass die Arbeit nicht korrekt ausgeführt wurde und ein Verstoß gegen die Baumschutzsatzung vorlag, ahnte ich nicht. Ich bin schließlich kein Sachverständiger. Außerdem hat eine andere Fachfirma den Baum vor einigen Jahren schon einmal genau so zurückgeschnitten“, sagt von Holt.

Dass er ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro zahlen sollte, wollte er nicht hinnehmen und legte über seinen Anwalt Einspruch ein. Unterdessen hatte die von ihm beauftragte Firma ihr Bußgeld in gleicher Höhe bereits bezahlt.

Was von Holt trotz seines Freispruchs ärgert: Als Bürger fühle er sich bevormundet, anstatt gut informiert. Das harte Vorgehen der Stadt sei unverhältnismäßig.

Es entstehe der Eindruck, dass gegeneinander anstatt miteinander gearbeitet werde. „Die Stadt hätte mich doch erst einmal verwarnen können. Aus der Satzung bin ich auch hinterher nicht wirklich schlau geworden“, sagt er.

Zahl der Bußgeldverfahren steigt in Stade

Bußgelder zu verhängen, sei immer das letzte Mittel, erklärt Stadtsprecher Stephan Voigt auf TAGEBLATT-Nachfrage. In diesem Fall sei die Stadt davon ausgegangen, dass von Holt vorsätzlich gegen die Stader Baumschutzsatzung verstoßen habe.

Ob die Anzeigen von einem Fachbetrieb kamen, der ebenfalls Baumschneidearbeiten anbietet und dafür bekannt ist, Baumfrevel bei der Stadt anzukreiden, konnte Voigt nicht beantworten. Wie berichtet, hatte Jörn von Holt dies vermutet. Insgesamt hat die Stadt in diesem Jahr bereits fünf Bußgeldverfahren wegen Verstößen gegen die Baumschutzsatzung eingeleitet, 2024 war es nur ein Verfahren.

Dieser Spitzahorn in Jörn von Holts Garten wurde nicht ordnungsgemäß zurückgeschnitten.

Dieser Spitzahorn in Jörn von Holts Garten wurde nicht ordnungsgemäß zurückgeschnitten. Foto: Stehr

Trotz der aktuellen Niederlage vor Gericht ziehe die Stadt auch Positives aus der Sache. „Viele Firmen sind jetzt für das Thema sensibilisiert, das begrüßen wir“, sagt Voigt.

Die Gerichtskosten muss übrigens nicht die Stadt, sondern das Land Niedersachsen zahlen, weil die Stadt das Verfahren an die Staatsanwaltschaft übergeben hat. Dennoch seien auch der Stadt Kosten entstanden, weil sich mehrere Mitarbeiter mit dem Fall befassen mussten, so Voigt.

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Worauf Bürger beim Baumschnitt achten müssen

Der Stadtsprecher rät Bürgerinnen und Bürgern, die Baumschnitte vornehmen wollen, sich bei Zweifeln oder Fragen an die Abteilung Umwelt- und Freiraumplanung unter umwelt@stadt-stade.de zu wenden. Groß- und Obstbäume sollten generell nur von qualifizierten Fachfirmen geprüft und gepflegt werden.

Ein guter Anhaltspunkt seien Ausbildungen wie FLL-zertifizierter Baumkontrolleur oder ETW (European Tree Worker) und ETT (European Tree Technician). Baumfällungen und die Beseitigung von Hecken müssen zudem von der Naturschutzbehörde des Landkreises Stade genehmigt werden, und zwar über das Service-Portal.

Bei Bäumen gilt dies ab einem Stammumfang von 60 Zentimetern, gemessen in einem Meter Höhe, bei Hecken ab einer Länge von fünf Metern. Schonende Form- und Pflegeschnitte sind genehmigungsfrei und können unter Beachtung des Artenschutzes ganzjährig durchgeführt werden.

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