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Haftstrafen

T„Beispiellose Grausamkeit“: Stader Richter sperrt Kneipenschläger weg

Zwei junge Männer im Alter von 21 und 24 Jahren aus Cuxhaven haben im Oktober 2024 einen Mann lebensgefährlich verletzt. Das Urteil wurde jetzt im Stader Landgericht gefällt.

Zwei junge Männer im Alter von 21 und 24 Jahren aus Cuxhaven haben im Oktober 2024 einen Mann lebensgefährlich verletzt. Das Urteil wurde jetzt im Stader Landgericht gefällt. Foto: dpa/Jaspersen

Nach einer brutalen Prügelattacke durch zwei junge Männer ist ein 57-Jähriger für sein Leben gezeichnet. Das Landgericht Stade verhängt Haftstrafen.

Von Tim Larschow Montag, 02.06.2025, 15:50 Uhr

Stade. Es war eine Tat, die Beteiligte fassungslos zurückließ: Zwei junge Männer, 21 und 24 Jahre alt, haben im Oktober 2024 in der Cuxhavener Innenstadt einen 57-jährigen Mann vor einer Kneipe so schwer verletzt, dass er heute dauerhaft gezeichnet ist. Das Landgericht Stade sprach am Freitag das Urteil und fand deutliche Worte für das Geschehen.

Nach einem Besuch in einer Shisha-Bar begaben sich die Angeklagten gemeinsam mit weiteren Personen in eine Kneipe in der Cuxhavener Innenstadt. Dort soll es zu einem Streit zwischen Frauen aus der Gruppe der Angeklagten und anderen weiblichen Gästen gekommen sein. Die Auseinandersetzung verlagerte sich schließlich vor das Lokal.

Nach der Zusammenfassung des Gerichts wollten die beiden Angeklagten den Streit schlichten. Als das spätere Opfer die Bar verließ, nahm es an, die Männer griffen die Frauen an und forderte sie lautstark auf, diese in Ruhe zu lassen. Diese Intervention gefiel den Angeklagten offenbar überhaupt nicht - sie gingen auf den Mann los.

Grausame Tat, schockierende Chats

Der 24-jährige Haupttäter wurde nun wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Der 21-Jährige erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung.

Der Richter betonte in der Urteilsverkündung, dass sich beide Angeklagten in der Tatnacht damit abgefunden hätten, dass ihr Opfer sterben könnte. Während der ältere der beiden Männer weiter auf den bereits am Boden liegenden Mann einschlug und -trat, sei der Jüngere damals schließlich zurückgewichen und habe sogar versucht, seinen Freund aufzuhalten - das wirkte sich strafmildernd aus.

Die Tat selbst war dennoch von einer erschreckenden Brutalität geprägt. Zeugen sprachen von „beispielloser Grausamkeit“. Das Opfer erlitt schwerste Verletzungen. Er brauchte eine Schulterprothese, erlitt Brüche und verlor einige Zähne. Er musste seinen Beruf aufgeben - seine Lebensgrundlage war zerstört. „In seinem bürgerlichen Leben hat er fast alles verloren“, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer am vorletzten Prozesstag.

Besonders entsetzlich wirkten die Chatnachrichten, die die beiden Angeklagten am Tag nach der Tat austauschten. Dort hieß es unter anderem: „Hoffentlich ist der Typ am Überleben“ oder „Wie du ausgeholt hast, war Schadensrate 1000“. Eine weitere Nachricht lobte die Schläge mit: „Deine Bomben waren aber auch 10/10.“ Der Vorsitzende Richter zeigte sich angesichts dieser Aussagen erschüttert: „Menschenverachtend“, nannte er sie. Die Nachrichten zeigten, dass sich die Männer durchaus bewusst waren, welche Verletzungen sie dem Opfer zugefügt hatten.

Verteidigung zweifelte Schuldfähigkeit an

Die Verteidigung hatte auf mildere Strafen plädiert - für den Haupttäter auf drei Jahre und drei Monate, für den Mitangeklagten auf eine Bewährungsstrafe. Sie argumentierte mit erheblichem Alkohol- und mutmaßlichem Kokainkonsum der beiden in der Tatnacht und zog deren Schuldfähigkeit in Zweifel. Doch das Gericht schloss den Kokainkonsum aus.

Strafmildernd wirkte sich aus, dass beide Männer Geständnisse ablegten und dem Opfer bisher ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000 Euro zahlten (insgesamt sollen dem Opfer 50.000 Euro gezahlt werden). Jedoch fiel das Verhalten des jüngeren Angeklagten vor Gericht negativ ins Gewicht: Er erschien zweimal zu spät zu den Verhandlungen und zeigte sich nach Aussagen des Richters gelangweilt. Zudem wurde durch die Angeklagten versucht, Zeugen zu beeinflussen.

Die Staatsanwältin hatte für den Haupttäter sieben Jahre Haft, für den Jüngeren vier Jahre gefordert - beide seien voll schuldfähig und hätten den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen. Das Gericht blieb mit dem Urteil darunter, ließ aber keinen Zweifel daran, dass es die Tat als schweres Verbrechen wertete.

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