TBeton statt Biotop: Baufirma will Baggersee-Auflagen streichen lassen

Am Osthang des Baggersees schwebt dem Bauunternehmen Bunte schon lange eine Wohnbebauung vor. Foto: Vasel
Die Gemeinde Nottensdorf und die Firma Bunte wollen Wohnungen am Baggersee bauen lassen, Naturschützer halten dagegen. Jetzt geht der Eigentümer den nächsten Schritt.
Nottensdorf. Still und starr ruhte der Nottensdorfer Baggersee in den vergangenen Monaten. Doch die Ruhe täuscht, denn Grundstückseigentümer Firma Bunte trifft bereits auf dem Papier weitere Vorkehrungen zur umstrittenen Wohnbebauung am Osthang.
Am 24. Oktober 2024 habe die Firma Bunte Bauunternehmung SE & Co. KG einen Änderungsantrag für den Planfeststellungsbeschluss von 2006 für das Gebiet Nottensdorf (Schragenberg/Baggersee) bei der zuständigen Behörde gestellt, bestätigt Kreissprecher Daniel Beneke auf TAGEBLATT-Nachfrage.
Diese Auflagen will die Baufirma streichen lassen
In ihrem Antrag fordere das Bauunternehmen diverse Aufhebungen von Auflagen sowie eine Verlagerung der Kompensationsfläche von Nottensdorf nach Buxtehude-Ketzendorf, so Beneke weiter. So wurde etwa die Aufhebung der Auflagen für die Fischerei, den Rückbau sowie die Verpflichtung zum Setzen von Findlingen beantragt.
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Die Verlegung der Kompensationsfläche sei angedacht, da es sich bei der derzeit vorgesehenen Fläche in Nottensdorf laut Antragsbegründung „um eine Fläche mit einem erheblichen Erholungsdruck“ handele. Grund sei die Ortsnähe, was eine „ungestörte Entwicklung der Fläche im Sinne des Naturschutzes“ nicht möglich mache, teilt der Kreissprecher mit.
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Doch noch gilt der Beschluss von 2006. „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren“, betont Beneke. Daher könne die Kreisbehörde derzeit noch keine inhaltliche Position zum Sachverhalt beziehen. Die Träger öffentlicher Belange und etwa Naturschutzverbände würden entsprechend daran beteiligt werden.
Beneke sagt aber auch: „Sofern der beantragten Änderung gefolgt werden würde, weist die Fläche keine festgelegte Folgenutzung mehr auf.“ Bei Nutzungsplänen wären aber weiterhin die naturschutzrechtlichen Bestimmungen etwa zum Biotop- und Artenschutz zu berücksichtigen.

Der direkte Weg zum Baggersee ist mit Bauzäunen versperrt. Foto: Vasel
Die Zukunftspläne für die ehemalige Sandkuhle am Schragenberg sorgen seit Jahren für Diskussionen in Nottensdorf. Durch den aktuellen Planfeststellungsbeschluss ist Firma Johann Bunte nach Ende des Sandabbaus verpflichtet, den Baggersee in Nottensdorf zu renaturieren. Das Papenburger Bauunternehmen äußerte in der Vergangenheit jedoch vermehrt den Wunsch, einen Streifen auf dem Osthang zur Wohnbebauung zu verkaufen. Anwohner am Schragenberg und Naturschützer hielten dagegen, jedoch bisher vergebens.
Gemeinde befürwortet weiterhin Wohnungsbau
Der Gemeinderat unterstützte die Baupläne und hatte 2021 trotz massiver Kritik von Anwohnern einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst. In den kommenden Jahren soll die Samtgemeinde nämlich wachsen.
Das aktuelle Wohnraumversorgungskonzept des Landkreises Stade prognostiziert, dass bis 2040 zusätzliche 833 Ein- und Zweifamilienhäuser sowie 627 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern im Gebiet der Samtgemeinde benötigt werden. Auch wirtschaftlich will die Gemeinde sich vergrößern: 2022 stimmte der Nottensdorfer Rat knapp für die Ausweisung eines Gewerbegebiets südlich des Sees.

Im Januar 2023 sorgte eine illegale Abholzaktion des Eigentümers für Ärger am Baggersee. Foto: Vasel
„Das Interesse der Gemeinde an der Bebauung ist weiterhin gegeben“, bestätigt Nottensdorfs Bürgermeister Hartmut Huber (CDU) gegenüber dem TAGEBLATT. Durch den beantragten Wegfall der Auflagen sieht Huber den Naturschutz nicht gefährdet. Von Firma Johann Bunte ging bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme ein.
Naturschützer setzen weiter auf Büsche statt Beton
Die lokalen Naturschutzverbände sehen das anders. Der BUND-Vorsitzende Heiner Baumgarten sowie der stellvertretende Nabu-Vorsitzende Hans-Jürgen Feindt positionierten sich bereits in der Vergangenheit klar gegen die Wohnbebauung sowie das Gewerbegebiet und halten nach TAGEBLATT-Nachfrage weiterhin daran fest.
„Inzwischen haben sich in dem Biotop seltene Arten angesiedelt“, sagt Baumgarten. Bei vergangenen Begehungen wurden etwa Fledermäuse, Rebhühner oder Wildbienen dokumentiert. „Wir sollten die Flächen nicht zubetonieren, sondern erhalten“, betont Feindt. Beide Verbände haben angekündigt, ausführliche Stellungnahmen zu Buntes Änderungsantrag beim Landkreis einzureichen.