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Betrugsmasche

TPost aus den USA: Betrüger nehmen Buxtehuder Witwe ins Visier

Absender ist ein Unternehmen aus Chicago. Der gelbe Umschlag enthält ein Schreiben mit der Aussicht auf ein Erbe aus den USA und einen Honorarvertragsentwurf.

Absender ist ein Unternehmen aus Chicago. Der gelbe Umschlag enthält ein Schreiben mit der Aussicht auf ein Erbe aus den USA und einen Honorarvertragsentwurf. Foto: Sulzyc

Nach dem Tode ihres Mannes möchte eine 80 Jahre alte Frau aus Buxtehude nur zur Ruhe kommen. Fremde aber versuchen mit unterschiedlichen Betrugsmaschen an ihr Geld zu gelangen. Perfider Höhepunkt ist ein Schreiben aus Amerika.

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Von Thomas Sulzyc
Freitag, 02.08.2024, 05:50 Uhr

Buxtehude. Überraschend findet Brigitte Kaufmann (Name von der Redaktion geändert) Post aus den USA in ihrem Briefkasten. In einem Schreiben, verfasst in englischer und deutscher Sprache, bittet ein Unternehmen für Erbenermittlung aus Chicago die 80 Jahre alte Frau aus Buxtehude, sich mit einer Rechtsanwältin der Firma in Verbindung zu setzen.

Der erste Gedanke, der Brigitte Kaufmann beim Lesen des Schreibens durch den Kopf geht: „Die werden ja immer verrückter.“ Zum Verständnis: Seit dem Tode ihres Mannes vor einem Jahr versuchen Fremde immer wieder auf unterschiedliche Art und Weise, an Geld der Buxtehuderin zu kommen.

Unbekannte versuchen mehrere Betrugsmaschen

Dramatisch am Telefon weinend, versucht es ein Betrüger mit dem sogenannten Enkeltrick. Die Masche kennt Brigitte Kaufmann, weil Freundinnen aus Hamburg ihr davon berichtet haben. Sie unterbricht sofort das Telefonat. Jemand anderes behauptet, die Seniorin habe angeblich Geld gewonnen, und verlangt 800 Euro Vorabkasse, um den Gewinn auszahlen zu können. Auch darauf fällt Brigitte Kaufmann nicht herein.

Als „dreckigen Versuch“ bezeichnet die 80-Jährige die Behauptung eines Anrufers, sie wolle ihre Eigentumswohnung verkaufen - das ist aber nicht ihre Absicht. Konsequent wimmelt sie auch den Anrufer ab, der sich an einem Sonnabend als Behördenmitarbeiter ausgibt - angeblich, weil ihr Pflegegeld aufgestockt werden soll. Diese Leistung bezieht Brigitte Kaufmann gar nicht, die Dame ist bei guter Gesundheit.

US-Firma verlangt keine Vorauszahlung

Die Betrugsversuche am Telefon scheinen kein Ende zu nehmen. Dann erreicht die 80-Jährige das auf den ersten Blick seriös wirkende Schreiben aus den USA. Eine Vorauszahlung verlangt das Unternehmen mit Namen Paytech Inc. nicht. Lediglich im Erfolgsfall solle die Buxtehuderin eine „Gebühr“ in Höhe von einem Drittel der angeblichen Erbschaft zahlen. Ein Honorarvertragsentwurf, den Brigitte Kaufmann unterschreiben soll, liegt dem Schreiben bei.

„Wir untersuchen seit mehreren Jahren eine Angelegenheit in den Vereinigten Staaten und glauben, dass der Nachlass ihres verstorbenen Mannes sowie alle noch lebenden Erben Anspruch auf einen Teil eines amerikanischen Nachlasses haben“, steht in dem Schreiben an die Witwe.

Buxtehuderin kannte Menschen in den USA

Tatsächlich besaß Brigitte Kaufmann vor etwa 20 Jahren über eine Patentochter Kontakte in die USA. Und wer will ausschließen, dass nicht doch ein Erbonkel aus Amerika einem ein Vermögen hinterlassen hat?

Erhebliche Zweifel an der Seriosität des Schreibens aus den USA kommen dennoch schnell auf: Die angebliche Firma für Erbenermittlung behauptet im Anschreiben, dass Brigitte Kaufmann ihren Anruf „am Samstag“ entgegengenommen habe. „Habe ich aber nicht“, versichert die Buxtehuderin.

Das sagt die Verbraucherzentrale

Ein Unternehmen mit dem Namen Paytech existiert zwar in den USA - aber in Denver und nicht in Chicago. Geschäftsfelder sind Personalplanung und die Beratung von Führungskräften. Auf TAGEBLATT-Nachfrage prüft die Verbraucherzentrale Niedersachsen den Firmennamen - entdeckt aber keine Internetpräsenz eines Unternehmens Paytech mit dem Geschäftsfeld Erbenermittlung. Für „eher unseriös“ hält die Verbraucherzentrale allein deshalb das Schreiben.

Wer in solchen Fällen trotzdem von der Chance auf ein Millionenerbe in den USA träumt, solle einen Fachanwalt für Erbrecht in Deutschland beauftragen, rät die Verbraucherzentrale. Der solle dann zu der angeblichen Firma in den USA Kontakt aufnehmen.

Europäisches Verbraucherzentrum warnt

Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland warnt vor Betrug, wenn angebliche Rechtsanwälte aus dem Ausland deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher in seriös wirkenden Briefen oder E-Mails von einem Erbe in Millionenhöhe überzeugen wollen.

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„Wer darauf eingeht, erhält kein Vermögen, sondern erleidet einen Schaden, der bis zum finanziellen Ruin führen kann“, heißt es auf der Internetseite des Europäischen Verbraucherzentrums.

So funktioniert die Masche mit der Erbschaft

Sobald sich der vermeintliche Erbe einmal darauf einlässt, einen vermeintlichen Honorarvertragsentwurf zu unterschreiben, würden von ihm unter den verschiedensten Vorwänden immer neue Geldbeträge gefordert, so die Verbraucherschützer. Angefangen bei Verwaltungsgebühren von wenigen Hundert Euro, gefolgt von noch zu entrichtenden Steuern von mehreren Tausend Euro bis hin zu Gutachterkosten für völlig Abwegiges wie ein vorgeschriebenes Anti-Terror-Gutachten.

Die Verbraucherschützer raten, entsprechende Briefe, Faxe oder E-Mails zu ignorieren und am besten sofort zu entsorgen.

Das macht auch Brigitte Kaufmann so. Sie wünscht sich ein Ende der Betrugsversuche, denen sie seit dem Tode ihres Mannes ausgesetzt ist. „Mal bin ich wütend - und mal habe ich geweint“, sagt sie. „Das zerreißt einen.“

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