TBrautkleidmord vor 25 Jahren: Ein Ermittler erinnert sich

Der sogenannte Brautkleidmord sorgte vor 25 Jahren für Schlagzeilen: Der 23-jährige Täter wurde im Dezember 1999 zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt. Foto: Mangels
Vor 25 Jahren erschütterte der sogenannte Brautkleidmord die Region. Der Täter wurde in Stade verurteilt. Für Ermittler Hans-Jürgen Böhm war es der wohl spektakulärste Kriminalfall in seiner 45-jährigen Berufslaufbahn.
Cuxhaven. Vor acht Jahren hat sich Hans-Jürgen Böhm in den Ruhestand verabschiedet und seinen Polizeidienst hinter sich gelassen. Doch es gibt Fälle, die ihn bis heute nicht loslassen. Einer davon ist der sogenannte Brautkleidmord. „Das war ein herausragender Fall in meiner Laufbahn“, sagt der frühere Ermittler.
Dabei fing die Sache eher unspektakulär an: Hans-Jürgen Böhm, der auf den Spitznamen „Lucky“ hört, und seine Kollegen bekamen Pfingsten 1999 einen Vermisstenfall auf den Tisch. Vermisste Personen tauchen in der Regel schnell wieder auf, doch bei dieser Geschichte habe er von Anfang an ein „komisches Gefühl“ gehabt, erinnert sich Böhm.

Für den früheren Polizisten und Ermittler Hans-Jürgen Böhm war der sogenannte Brautkleidmord vor 25 Jahren der "herausragender Fall" in seiner beruflichen Laufbahn. Foto: Mangels
Vermisst wurde eine 24-jährige Cuxhavenerin, 1,63 Meter groß, dunkles, gelocktes Haar. Sie hatte ihre Wohnung im Stadtteil Süderwisch am Pfingstmontag zur Mittagszeit verlassen. Bei sich trug die Friseurin ein champagnerfarbenes Brautkleid, das sie an diesem Tag verkaufen wollte. In der Woche zuvor hatte sie per Kleinanzeige Käufer für das auffällige Kleidungsstück gesucht.
Landgericht Stade
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Böhms Wunsch, eine Ermittlungsgruppe einzurichten, wurde von seinem Chef zunächst skeptisch beäugt. Doch letztendlich vertraute er dem Instinkt seines Mitarbeiters. „Und das war auch gut so. Wenn eine Verzögerung eingetreten wäre, hätten wir ein Problem gehabt“, sagt Hans-Jürgen Böhm, der in Otterndorf lebt.
Die achtköpfige Sonderkommission unter „Lucky“ Böhms Leitung machte sich sogleich an die Arbeit. Der Ehemann der verschwundenen Frau wurde als Zeuge vernommen, konnte jedoch als Täter ausgeschlossen werden. Ein Hubschrauber kreiste über Cuxhaven, um die 24-Jährige zu finden.
Auswertung der Telefondaten brachte die entscheidende Spur
Die Auswertung der Telefondaten brachte dann die entscheidende Spur. Sie führte die Ermittler zu einem 23-jährigen Montagearbeiter, mit dem die verschwundene Cuxhavenerin wegen des Brautkleids telefoniert und sich mit ihm getroffen hatte. Er stellte sich später als Täter heraus.
Der schnelle Einsatz der Ermittlungsgruppe hatte sich dabei als Glücksgriff erwiesen: „Hätten wir mit der Arbeit erst später begonnen, wären die Telefondaten verloren gewesen“, erklärt Böhm. Nur aufgrund der Pfingstfeiertage hatte der Telekommunikationsanbieter die gespeicherten Nummern noch nicht gelöscht. Böhm ist heute überzeugt, dass der Brautkleid-Fall entscheidend zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland, also der Sicherung von Telefon- und Internetdaten zur Kriminalitätsbekämpfung, beigetragen hat.
„Er wirkte nicht wie ein Frauenmörder“
„Lucky“ Böhm kann sich noch genau an den Moment erinnern, als er zum ersten Mal auf den Montagearbeiter traf, der im Verdacht stand, die junge Cuxhavenerin umgebracht zu haben. Da stand ein zu groß geratener Junge vor ihm, Sohn einer unauffälligen Familie. Ein „Heimchen vor dem Herd“, wie Böhm es formuliert. Er wirkte überhaupt nicht wie ein Frauenmörder. Der Mann stritt zunächst ab, etwas mit dem Verschwinden der Frau zu tun zu haben.
„Etwas Belastendes hatten wir zunächst nicht“, erinnert sich der einstige Polizist. Doch dann fanden die Ermittler im Auto und im Portemonnaie des Tatverdächtigen Schmuckstücke der verschwundenen Cuxhavenerin. Mit etwas psychologischen Druck gelang es den Ermittlern, dem Verdächtigen ein Geständnis zu entlocken. Er führte die Polizei zur Leiche der Frau, die in einem Waldstück bei Neuenwalde lag.
Die Ermittler stellten eine Digitalkamera sicher und schafften es, gelöschte Fotos zu rekonstruieren. Zum Vorschein kamen Aufnahmen von Damenfüßen, die mit unterschiedlichen Schuhen bedeckt waren. „Der Täter war ein Schuhfetischist“, erklärt Böhm. Ihm sei es nur um die Bilder gegangen, Schuldgefühle wegen des Mordes habe er nicht gehabt. Die Polizei fand im Haus des Täters außerdem einen bereits im Jahr 1994 verfassten Brief, in dem der Mann einen brutalen und detaillierten Mordplan aufgelistet hatte.
Stader Gericht verurteilt Brautkleidmörder
Der 23-Jährige wurde im Dezember 1999 vor dem Stader Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus verurteilt. Böhm geht davon aus, dass der Brautkleidmörder immer noch sitzt. „Jedenfalls war er noch im Gefängnis, als ich 2016 pensioniert wurde“, sagt der in Otterndorf lebende Ex-Polizist.
Durch den schnellen Ermittlungserfolg und die damals noch neue Ermittlungsmethodik mit Telefondaten sei der Fall des Brautkleidmords in die Kriminalgeschichte eingegangen, so Böhm. „Wenn wir ihn nicht gefasst hätten, wäre aus ihm womöglich ein Dieter Zurwehme oder ein Marc Hoffmann geworden“, zieht er den Vergleich zu den Serienmördern.