TBüstenhalter und Michael Schulte: Was Peter Urban in Buxtehude verrät

Ein gut gelaunter Peter Urban signiert am Ende der Lesung sein Buch für die zahlreichen Fans. Foto: Felsch
Von traumhaft bis traumatisch: NDR-Urgestein Peter Urban plaudert aus seinem Leben und das Publikum hängt an seinen Lippen. Natürlich geht es um den ESC. Aber es geht auch um Büstenhalter auf Augenhöhe und das Comeback von Stefan Raab.
Buxtehude. Es ist auch seine markante Stimme, die haften bleibt. Sein Buch „On Air“, aus dem der ehemalige Kommentator des Eurovision Song Contest (ESC) im Buxtehuder Kulturforum am Hafen vorliest und das schnell ausverkauft war, wünscht sich ein weiblicher Fan als Hörbuch. „Gibt es“, sagt der NDR-Moderator. Und fügt in seiner verschmitzten Art hinzu: „Zum Herunterladen. 540 Seiten in 18 Stunden.“
Andere Möglichkeit, ihn zu hören: im Radio, in seinen Podcasts oder auf einer seiner Lesungen - sofern sie nicht ausverkauft sind. Wie am Sonntagnachmittag in Buxtehude, wo zum zweiten Mal alle 100 Tickets innerhalb von Minuten weg waren.
Urbans Anfänge als Musiker in Niedersachsen
Gut zwei Stunden dauert die Zeitreise, auf die Urban seine Zuhörer mitnimmt. Aufgewachsen in einem katholischen Elternhaus, in dem viel Musik gemacht wurde, zog es den Beatles-Fan immer wieder nach London und nach Hamburg, wo er heute noch mit seiner Familie wohnt. Er berichtet amüsiert über seine musikalischen Erfahrungen in seinem Heimatort Quakenbrück, als er als Messdiener zum ersten Mal eine NDR-Live-Übertragung miterlebte, bei der einiges schiefging.
Als Jugendlicher mit langen Haaren - sehr zum Missfallen seines Vaters, der Schulleiter war - schloss er sich einer Jazzband an und hackte mit aller Kraft auf sein Piano ein, um sich gegenüber seinen Mitspielern zu behaupten. „Wir haben Quakenbrück ordentlich aufgemischt. Traten in Holland und in den River Kasematten in Hamburg auf.“ In die Hansestadt habe er sich sofort verliebt. Hier wollte er studieren und kam in einem katholischen Studentenheim unter. Es gefiel ihm so gut, dass er erst nach neun Jahren auszog.

Peter Urban war zum zweiten Mal Gast im Kulturforum. Foto: Felsch
Traumatisch dagegen fielen seine Tanzschulerlebnisse aus: „Aufgrund meiner Körpergröße überragten mich meine Partnerinnen um Kopflänge“, erinnert er sich. Er habe dann immer den knallharten Büstenhalter auf Augenhöhe gehabt, was ihn damals sehr irritierte. Auch als junger NDR-Redakteur wurde er noch mal so richtig rot - so puterrot wie die Farbe der durchsichtigen Bluse von Diana Ross. „Ich wusste nicht, wie ich das Mikrofon an dem Designerteil anbringen sollte und fühlte mich wie in ihrem Song Upside down.“
„Wir sind doch nicht in Kasachstan“ sorgt für Shitstorm
Pleiten, Pech, Pannen und Aufregungen gehörten dazu, sagt Urban, der Stars wie Eric Clapton, Udo Lindenberg, Joe Cocker, Abi Wallenstein, Elton John und andere legendäre Pop-Größen traf. Die Ruhe bewahren, das musste er gleich bei seinem ersten Grand Prix in Dublin. Zwei Polizisten mit Sprengstoffspürhunden durchsuchten wegen IRA-Gefahr die Sprecherkabine, während Urban moderierte. Technische Schwierigkeiten sollen schuld gewesen sein, dass seine ersten Worte nie gesendet wurden. Damals war er nur enttäuscht, 2011 beim ESC in Düsseldorf ließ er sich wegen einer kaputten Tonleitung genervt zu der Äußerung hinreißen: „Wir sind doch nicht in Kasachstan“ - woraufhin ein Shitstorm losging. Die Botschaft dagegen bewies Humor: „Wir verfügen in Kasachstan über eine gute Technik und können den nächsten ESC gern ausrichten.“
Dass der Eurovision Song Contest derart die Menschheit spalte, habe er nie verstanden, sagt Urban. „Das Ganze nicht so ernst nehmen und schon gar nicht politisch“, war eher seine Devise. Ihn habe immer der Wettbewerb gereizt, nie die Frage: Warum schneidet Deutschland immer so schlecht ab? Seine Antwort: „Die Abstimmung hatte nie mit der Nationalität zu tun. Es ist Unsinn, dass uns andere nicht mochten.“ Wenn ein Lied gut sei, dann erhalte es entsprechende Punkte, ist er sicher. „Einige Interpreten hätte ich nicht auftreten lassen, aber Geschmäcker sind Gott sei Dank verschieden und niemand weiß, wer aus welchem Grund am Ende das Rennen macht.“
Lob für Lena und Michael Schulte
Ihm persönlich sei es egal gewesen, wer gewinnt. Die Veranstaltung sei immer ein tolles Erlebnis gewesen, mit netten Kollegen aus aller Welt. Nach einer seiner Hüftoperationen musste er 2010 in Oslo binnen Minuten von seiner Kabine auf die Bühne humpeln, um die Siegerin Lena zu interviewen. „Ohne Hilfe hätte ich das nicht geschafft.“
Von Lena spricht Urban in den höchsten Tönen, auch im nachfolgenden Gespräch mit dem TAGEBLATT. Ebenso von Michael Schulte ist der 75-Jährige Musikkenner schwer beeindruckt. „Was für ein großartiger Auftritt“, schwärmt er. Zu Stefan Raab und seinem Comeback möchte er nicht viel sagen: „Er hat ein gutes Näschen, das sieht man bei Guildo Horn und Lena, aber ob er noch mal den ESC bereichern wird - lassen wir uns überraschen.“ Sich überraschen lassen, das will er auch bei der nächsten ESC-Übertragung und nicht wie sonst die Interpreten vorher anhören. „Mein Job dort ist vorbei, ich bin nur noch Zuschauer, aber das gern. Auch wenn mir der Abschied schwerfiel, solange ich noch meiner Musikleidenschaft frönen kann beim Radio und als Podcaster bin ich happy.“

Restlos ausverkauft: Die Bücher von Peter Urban gingen weg wie warme Semmeln. Foto: Felsch