TBuxtehuder Kultwirt Opi ist gestorben – Stammgäste erinnern sich an Michael Obrecht

Michael Obrecht - Opi - arbeitete 36 Jahre als Kneipenwirt in Buxtehude. Foto: Madeline Jost
36 Jahre lang stand „Opi“ hinter dem Tresen und versorgte seine Gäste mit Banalitäten und Bier. Das Buxtehuder Original ist im Dezember gestorben. Aber es gibt viele Geschichten und Bilder um Michael Obrecht. Hier sind einige davon.
Buxtehude. Mit ihm ist ein Stück Buxtehuder Gastronomie-Geschichte gegangen. Kultwirt Michael Obrecht - von allen nur Opi genannt - ist im Dezember gestorben. Freunde und Stammgäste haben sich noch einmal getroffen, um die Beerdigung vorzubereiten. Jede Menge lustige, traurige und überraschende Geschichten über den Kneipenwirt aus Leidenschaft wurden dabei erzählt. Das TAGEBLATT hat einige aufgeschrieben.
Bruder Hans, die Stammkunden Thomas - den alle unter seinem Spitznamen Duggi kennen - und Benny sowie Michael Obrechts beste Freundin Suse haben sich um einen Tisch im gemütlichen Wohnzimmer versammelt. Die Bewirtung ist herausragend: Gastgeberin Suse hat ein Leben lang in der Gastronomie gearbeitet.
Opis kommunalpolitische Karriere war von kurzer Dauer
„Wenn du mich 'siezt', fliegt du hier raus“, war einer der Sprüche, die die Gäste bei Opi des Öfteren zu hören bekamen. Entsprechend wollen sie es auch heute bei den Vornamen belassen. Ausnahme ist Benjamin Koch-Böhnke, den aktiven Kommunalpolitiker und seine Verbindung zu Opi kennen ohnehin viele Buxtehuder.
Dazu passt die erste Geschichte, die bei Kaffee und Zigarette in der Wohnung im ersten Stock erzählt wird. Michael Obrecht saß Ende der 90er Jahre im Rat der Stadt Buxtehude. Für die SPD war er damals nachgerückt. Dort überwarf er sich aber in den zwei Jahren mit einigen SPD-Vorderen und beendete seine politische Karriere nach einem kurzen Engagement bei der Alternativen Liste. „Wir junge Leute in Neukloster haben damals alle Opi gewählt“, sagt Thomas.

Ein Bild aus dem „Großen Canapé" in der Buxtehuder Altstadt. Hier kann Opi (vorne) auch optisch punkten. Foto: privat
Michael Obrecht wollte immer in die Gastronomie
Der mütterliche Teil der Familie Obrecht wohnt schon ewig in Buxtehude. Der Vater ist aus dem Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg dazugekommen. Opis Biografie ist entsprechend geprägt. Er hat die Grundschule „Am Rotkäppchenweg“ und die Realschule Nord besucht. Seinen Zivildienst leistete er bei der Lebenshilfe in Buxtehude ab. Seine Ausbildung hat er in der inzwischen abgerissenen Gaststätte „Walhalla“ in Hedendorf in der Harsefelder Straße hinter sich gebracht. 1999 rückten Bagger an und rissen das ehemals renommierte Ausflugslokal mitten im Ort ab. „Irgendwie wollte mein Bruder schon immer Wirt werden“, sagt Bruder Hans. In 36 Jahren betrieb Opi vier Kneipen in der Stadt. Die erste in Neukloster. Nummer zwei und drei waren das kleine und das große Canapé in der Altstadt. Seit 2007 gab es das „Opi“ in Altkloster.

Die blaue Kneipe in Buxtehude-Altkloster war auch ein bisschen Wahrzeichen des Buxtehuder Südens. Foto: Wisser
Opi half Menschen, wenn sie eine Bleibe brauchten
„Opi war ein sozialer Mensch“, sagt Benjamin Koch-Böhnke, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei im Stader Kreistag und im Buxtehuder Rat. Der Busfahrer hat davon selbst vor vielen Jahren einmal profitiert. Er war auf Wohnungssuche in Buxtehude und dabei ziemlich verzweifelt. „Der Wohnungsmarkt hat Leute, die wenig verdienen, schon damals nicht gerade gesucht“, sagt Koch-Böhnke. Da fragte er Opi, ob er in seiner Kneipe am schwarzen Brett einen Zettel mit einem Wohnungsgesuch aufhängen dürfte. Daraus sind drei Jahre in der gemeinsamen Wohngemeinschaft in der Hastedtstraße geworden. „Opi“ habe vielen geholfen. Auch in Opis letzter Kneipe in Altkloster, in der Straße „An der Rennbahn“, gab es eine sehr kleine Wohnung im Dachgeschoss. Auch hier fanden Freunde kurzfristig Unterkunft. „Zu Opi konnten alle kommen, egal, ob sie viel oder wenig verdient haben“, sagt Benjamin Koch-Böhnke.

Dieses markante und inzwischen aus der Zeit gefallene Regal stand in allen Kneipen, die Michael Obrecht betrieben hat. Foto: privat
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Mit der Kneipe hat Altkloster sein Wohnzimmer verloren
„In seiner Klasse gab es sechs Michaels, deshalb bekamen alle Spitznamen“, erzählt Hans, wie Opi zu Opi geworden ist. Ein Mitschüler habe gesagt, der sieht ja aus wie ein Opi. „Das ist hängengeblieben“, sagt Hans. Bei der Abwicklung der Kneipe in Altkloster „An der Rennbahn“ wurde er von vielen unterstützt. Er selbst war jeden Freitagabend zu Gast bei seinem Bruder. „Jetzt ist es gar nicht mehr so einfach, eine offene Kneipe zu finden, wenn man nach einem St.-Pauli-Fußballspiel am Freitagabend nach Buxtehude kommt“, sagt er. Bei Opi gab es so lange was zu trinken, wie Gäste da waren. Mit der Kneipe mit der auffällig blauen Fassade geht auch ein Stück Altkloster verloren. Das Haus ist alt und sanierungsbedürftig. Gut möglich, dass hier in absehbarer Zeit ein neues Wohnhaus gebaut wird. Altkloster ist stark im Umbruch.
„Altkloster hat mit dem ,Opi‘ sein Wohnzimmer verloren“, sagt Hans. Es hätte aber wohl auch ohne den Tod von Michael Obrecht keine große Zukunft gehabt. Der Mietvertrag wäre im August 2024 ausgelaufen. Für Opi selbst gab es allerdings schon einen Plan B. Er hätte wohl hinter dem Tresen im „Bierbaum“ am Westfleth weiterarbeiten wollen - auch eine Kneipe mit fast 30-jähriger Tradition.
Wieso Opi einmal wegen Reichtum geschlossen hatte
„Opi kannte jeder“, sagt Suse. „Auch auf dem Kiez.“ Sie hat dort in der legendären Kiez-Kneipe „Zur Ritze“ gearbeitet und ist vor einigen Jahren nach Buxtehude umgezogen. „Wenn du aus Buxtehude kommst, musst du Opi kennen“, hätte man ihr gesagt. Suse hat sich auch eineinhalb Jahre um das Opi in Altkloster gekümmert, als Michael Obrecht krank war. „Der hat sich sogar beschwert, wenn ich zu viel Geld eingenommen habe“, erzählt sie. „Das viele Geld kannst du den Gästen doch nicht abnehmen, musste ich mir anhören.“ Bei Opi konnte auch angeschrieben werden. Michael Obrecht feierte auch gerne mit seinen Gästen. Als er das „Kleine Canapé“ in der Abtstraße hatte, eskalierte eine Feier vor dem Altstadtfest so sehr, dass an die Öffnung am Folgetag nicht zu denken war. Ein Schild mit dem Text „Wegen Reichtum geschlossen“ verkündete die Nachricht, dass die Kneipe an einem der für Buxtehuder Gastronomen umsatzstärksten Tage im Jahr geschlossen blieb. „Typisch Opi“, da sind sich alle einig.