TChristoph von Speßhardt - das macht er neu bei der IHK in Stade

Christoph von Speßhardt, Hauptgeschäftsführer der IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum: „Die Region ist noch nicht fertig.“ Foto: Dennis Williamson
Der Mann hat ein gewinnendes Lächeln, eine offene Art, er strahlt Sympathie aus. In nur wenigen Monaten hat sich IHK-Geschäftsführer Christoph von Speßhardt als Marke positioniert. Die Industrie- und Handelskammer erscheint im neuen Licht.
Stade. Mit breitem Grinsen zeigt Christoph von Speßhardt am Eingang zur IHK-Zentrale in Stade auf eine große Tonne in Knallrot. Es ist die „Bürokratonne“, die frisch eingeführt wurde. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können schriftlich Verbesserungsvorschläge machen, vor allem zum Bürokratieabbau. Erste Erfolge zeichnen sich ab.
Die Bürokratonne ist eine typische Von-Speßhardt-Idee. Kreativ, niedrigschwellig, unkompliziert. Dass Reisekostenanträge nur noch von einem Vorgesetzten - und nicht wie früher von zweien - genehmigt werden müssen, ist ein kleiner Erfolg dieser Tonne. Von Speßhardt denkt auch groß. Gerade beim Thema Bürokratieabbau.
Behörde und Wirtschaft - Fehler im deutschen System
Naturgemäß, führt er aus, gibt es einen Widerspruch im deutschen System. Da ist das Unternehmen, das häufig ins Risiko gehen muss, um sich weiterzuentwickeln, um erfolgreich am Markt zu bleiben. Und da sind die genehmigenden Behörden, die von Amts wegen Risiken vermeiden sollen. Sein Problem: Die IHK ist eine dieser Behörden, eine Mitgliedschaft ist obligatorisch.
Die IHK mit Hauptsitz in Stade und Ablegern in Verden und Cuxhaven erstreckt sich auf den Elbe-Weser-Raum mit seinen 2,5 Millionen Einwohnern. Die Kammer mit ihren 100 Angestellten betreut etwa 50.000 Betriebe mit grob geschätzt 150.000 sozialversicherungspflichtigen Jobs. Das ist eine Hausnummer.
Von Speßhardt: „Wir alle sind Wirtschaft“
So ist es von Speßhardts Anliegen, diesen Betrieben, die sich zu 98 Prozent dem Mittelstand zurechnen lassen, politisch eine Stimme zu geben. „Wir alle sind Wirtschaft. Jeden Tag“, ist dabei ein typischer Spruch des IHK-Chefs, der sich selbst als Optimisten bezeichnet. Das passt zu seiner weltoffenen, fröhlichen Grundhaltung. Mehr Leichtigkeit im Umgang miteinander fordert er von vielen Entscheidern - bei aller Ernsthaftigkeit des Tuns. Eine Erfahrung, die von Speßhardt womöglich aus Australien mit nach Stade gebracht hat.
Lässig, aber auf den Punkt - so ist der neue IHK-Chef
Dort arbeitete er zuletzt als Hauptgeschäftsführer der Auslandshandelskammer (AHK) mit Sitz in Sydney und Melbourne. Bevor er in die Wirtschaft ging, war der heute 48-Jährige als Politikberater und als Büroleiter im Deutschen Bundestag in Berlin tätig. Jetzt ist er seit gut einem Jahr im neuen Job. Seine Reden sind schon heute fast legendär.
Sie wirken wie aus dem Stegreif, lässig, auf den Punkt und mit Aussage. „Der Staat muss stark sein“, verwundert fast bei der ansonsten so launigen Vorgehensweise. Diese Aussage habe sich gerade in Krisenzeiten - ob Corona oder Kriege - bewahrheitet. Warum er inmitten der Krisen nach Stade gewechselt ist? Weil er und seine Frau, eine Kulturjournalistin, Trüffelsucher seien, sagt er mit einem Augenzwinkern. Ein Trüffel hat er aktuell schon gefunden: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist am Dienstag zu Gast beim traditionellen Neujahrsempfang der IHK im Stadeum. Das lässt aufhorchen.
Region Stade - „hier passiert noch was“
Die Region Stade sei top aufgestellt. Er ist sich sicher: „Hier passiert noch was.“ Die Region sei lange nicht fertig in ihrer Entwicklung. Der Elbe-Weser-Raum soll zum „Tesla des Wasserstoffs“ werden, ist seine Vision. Alle Tätigen seien vor dem Hintergrund der Energiewende Zeugen eines der größten Umbrüche überhaupt.
Der neue Hafen für verflüssigte Gase an der Elbe in Stade, das milliardenschwere Invest ins LNG-Terminal, wo später auch grüne Gase gelagert und umgewandelt werden sollen, die Absicht von Prime Lithium, sich auf Bützflethersand anzusiedeln, das alles seien Mutmacher. „Der Standort ist hochattraktiv“, sagt von Speßhardt.
Festgestellt hat er: „Die Elbe ist wie eine Mauer“ und begrenze die überregionale Zusammenarbeit. Nahezu automatisch folgt das Plädoyer für einen Ausbau von A26 und A20 mit Elbquerung gen Schleswig-Holstein. Schon der Anschluss der A-26-Rumpfautobahn an die A7 in Hamburg werde einen Schub auslösen. Deswegen will die IHK eine Kampagne starten, die da heißt: „Das wird gut.“
Von Speßhardt: Frauen an die Macht
Von Speßhardt wirkt nicht nur nach außen. Intern will er mehr Frauen an den Entscheidungsprozessen beteiligen. Da gebe es eine gehörige Schieflage. Zudem kämpft er um das duale Studiensystem mit hohem praktischen Anteil sowie um die duale Ausbildung. Mit großer Zufriedenheit hat er zur Kenntnis genommen, dass die Ausbildungsquote bei der IHK um 5,5 Prozent gestiegen ist - trotz der demografischen Entwicklung. Jetzt müsse die Berufsorientierung an den Schulen verstärkt werden, gerade an den Gymnasien. Von Speßhardt: „Unser Rohstoff ist die Bildung.“
Derweil bastelt der IHK-Chef an der neuen Leichtigkeit im eigenen Haus. Dass er allen das Du angeboten hat, ist für eine IHK schon fast eine kleine Revolution.