TDiagnose Schlaganfall: Berbel Haeseker kämpft sich zurück ins Leben
Vorweihnachtliche Stimmung in der Wohnung von Berbel Haeseker in Bremerhaven. Foto: Kul
2021 erlitt Berbel Haeseker einen Schlaganfall. Aus der Tragödie zog sie auch etwas Positives: Heute setzt sich die Bremerhavenerin für andere Betroffene ein.
Bremerhaven. Die Bremerhavenerin Berbel Haeseker steht mitten im Leben. Mit 72 Jahren hat sie alles andere als einen ruhigen Alltag. Ihr Terminkalender ist voll mit Reha-Sport, Wasser-Gymnastik, Physio, Ergotherapie. Und es gibt noch was: ihr Einsatz für die Betroffenen eines Schlaganfalls. Sie engagiert sich in einer Selbsthilfegruppe und leitet sie, trifft sich regelmäßig mit Angehörigen und bietet Orientierung an.
Dabei hat sie selbst einen Schlaganfall erlitten. Diese Erkrankung ereilt die langjährige Krankenschwester im März 2021. Sie bemerkt zunächst ein Zittern der Hand, denkt sich dabei nichts Schlimmes, lässt sich aber sicherheitshalber ins Krankenhaus bringen. Am nächsten Morgen wacht sie mit einer kompletten Lähmung der rechten Körperhälfte auf – Diagnose Schlaganfall.
Persönlicher Schicksalsschlag gibt Bremerhavenerin eine neue Richtung
„Wenn jemand Schlaganfall bekommt, ändert sich alles. Auch für die Angehörigen ändert sich alles“, weiß sie. Die Betroffenen werden von heute auf morgen ein Pflegefall. Viele fallen danach erst einmal in ein tiefes Loch: „Eigentlich bei fast allen kommt nach dem Schlaganfall große Traurigkeit, eine Depression, da das alte Leben nicht mehr möglich ist.“

Berbel oder Bärbel? Eigentlich sollte ihr Name mit dem „ä“ geschrieben werden. Aber der Standesbeamte und Rektor der Grundschule an ihrem Geburtsort Fleeste (Loxstedt) schrieb den Namen falsch. Foto: Kul
Um bestimmte Fähigkeiten wiederzuerlangen, ist viel Arbeit notwendig. Das nimmt sie nach der eigenen Diagnose auf sich. Sie trainiert viel und gewinnt bestimmte Fähigkeiten zurück. Parallel gründet sie erst einmal einen Gesprächskreis. Ihr kommunikatives Wesen hilft ihr dabei, auch ihr Beruf als Krankenschwester, den sie 45 Jahre lang ausgeübt hat. Sie arbeitete in der Abteilung Psychiatrie im Klinikum Reinkenheide.
Nach ihrem Schlaganfall engagiert sich Berbel Haeseker für Betroffene
Nach dem Gesprächskreis schreibt sie auch mithilfe eines Ghostwriters ein Buch über ihre Erfahrungen, absolviert einen Kurs bei der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe zur zertifizierten Schlaganfallhelferin. Ihr Einsatz wird auch von anderen wahrgenommen und gewürdigt. Für ihren unermüdlichen Einsatz wird sie 2024 mit dem Motivationspreis der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ausgezeichnet. Zuvor war sie mit 19 Nominierungen die am häufigsten vorgeschlagene Kandidatin.
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Ihre Selbsthilfegruppe trifft sich aktuell jeden ersten Montag im Monat in der Guten Stube des Standortmanagements Geestemünde. Es gibt rund 40 Teilnehmer, etwa 20 sind immer da. Jeden zweiten Montag kommt sie im Seminarhaus Wulsdorf mit den Angehörigen zusammen. Bei den Treffen der Selbsthilfegruppe gibt es meistens zuerst einen kleinen Vortrag eines Referenten, danach geht es um den Austausch.
Information und Austausch: Selbsthilfegruppe gibt Halt und Hoffnung
Und gibt es dabei einen besonderen Trick, mit dem sie Betroffene aufrichtet und ihnen Mut macht? „Viele sagen, wenn es dir gut geht, dann fühle ich mich auch gut und ermutigt“, erzählt sie. Ihr positives Beispiel, dass man sich nach einem Schlaganfall zurück ins Leben kämpfen kann, inspiriert auch andere. Die Menschen bauen sich in der Gruppe gegenseitig auf. „Wir sind keine Jammergruppe. Wir gucken nach vorn“, sagt sie.

Die Gruppe Schlaganfall und Hoffnung. Foto: privat / Haeseker
Berbel Haeseker ist in der Region verwurzelt. Sie wächst in Fleeste in der Einheitsgemeinde Loxstedt auf und wird nach der Schule Krankenschwester. Auch von daher kennt sie sich mit medizinischen Themen aus, natürlich auch mit dem Schlaganfall. Verursacht wird er durch eine Durchblutungsstörung im Gehirn, wodurch das Gehirn nicht ausreichend mit Blut versorgt wird. Auslöser ist entweder ein Blutgerinnsel, eine Gefäßverkalkung im Gehirn oder eine Hirnblutung. Die Krankheit ist gar nicht selten. In Bremerhaven kommen jedes Jahr rund 1000 Menschen mit Verdacht auf Schlaganfall ins Krankenhaus, deutschlandweit ist die Rede von etwa 270.000 Menschen.
Welche Faktoren das Risiko für Schlaganfall erhöhen und vermindern
Der Schlaganfall kommt meistens nach dem 80. Lebensjahr, kann aber trotzdem jeden treffen, auch in den jüngeren Jahren, weiß sie. Und kann man sich dagegen schützen? Die Maßnahmen, die dagegen helfen würden, sind mehr oder weniger allgemein und würden auch für viele andere Krankheiten gelten. „Kein Übergewicht, kein Rauchen, wenig Stress“, sagt sie. Wenn der Blutdruck hoch ist und sich Ablagerungen in den Adern gebildet haben, steigt das Risiko.
Die Aktivitäten von Berbel Haeseker gehen weiter. Die Gruppe wird am 12., 13. und 14. Dezember mit einem Stand auf dem kleinen Weihnachtsmarkt auf dem Theodor-Heuss-Platz in Bremerhaven sein. Mithilfe eines Glücksrads sollen viele Sachen an Besucher verteilt werden. Für 2026 ist eine Website geplant, mit der Aktivitäten der Gruppe und Informationen über die Krankheit unter die Menschen gebracht werden. Zu ihren persönlichen Zielen, die sie Löffelliste nennt – Dinge, die man tut, bevor man den Löffel abgibt – gehört eine Japan-Reise nach Tokio in 2026. In Kanada und Namibia war sie schon. Auch Paragleiten an der türkischen Südküste hat sie erlebt.
Was Mediziner raten
Symptome für Schlaganfall treten plötzlich auf und betreffen meist nur eine Körperseite. Dazu gehören Lähmungen oder Taubheitsgefühle im Gesicht, Arm oder Bein, Sprachstörungen, Sehstörungen wie Doppelt-Sehen oder Erblindung, Schwindel mit Unsicherheit beim Gehen sowie starke Kopfschmerzen mit Übelkeit. Betroffenen wird dringend geraten, sofort den Notarzt (112) zu rufen, den Symptombeginn zu notieren und sich auszuruhen – dabei weder zu essen, zu trinken noch Medikamente zu nehmen. Jede Minute zählt, weil schnelle Behandlung Folgeschäden reduziert. Auch vorübergehende Symptome müssen sofort ärztlich abgeklärt werden. Bei Verdacht sollte nicht gezögert werden, für medizinische Abklärung zu sorgen.