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Hockey-Präsident

TDieser Altländer führt einen der erfolgreichsten deutschen Sportverbände

Henning Fastrich wohnt mit seiner Lebensgefährtin seit drei Jahren in Jork.

Henning Fastrich wohnt mit seiner Lebensgefährtin seit drei Jahren in Jork. Foto: Scholz

Henning Fastrich gewann Silber bei Olympia und ist heute Präsident des Deutschen Hockey-Bundes. Jetzt baut er auf einem Apfelhof im Alten Land eine „Erlebniswelt“ auf.

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Von Tim Scholz
Sonntag, 06.10.2024, 15:00 Uhr

Jork. Henning Fastrich lässt seinen Blick schweifen. Die beiden Bauernhäuser aus dem 18. Jahrhundert, die Apfelbäume, die Weite. „Es ist ein Genuss“, sagt er. Fastrich sitzt an einem sonnigen Augusttag mitten auf dem Hof, vor ihm ein Glas seiner eigenen Apfelschorle. Hund Punto liegt im Schatten.

„Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell heimisch werden“, sagt Fastrich. Vor drei Jahren zog er mit seiner Lebensgefährtin Tiziana Kleine aus Berlin auf den 1,5 Hektar großen Apfelhof in Osterjork, den sie gemeinsam zu einer „Erlebniswelt“ namens „The Jork“ ausbauen wollen.

Hockey-Silber in Seoul und Paris

Doch das ist nicht das einzige Thema an diesem Sommertag. Denn was die wenigsten wissen: Fastrich führt einen der erfolgreichsten Sportverbände Deutschlands. Seit drei Jahren ist er Präsident des Deutschen Hockey-Bundes (DHB), gerade in seiner zweiten Amtszeit.

Dem Hockeysport ist Fastrich damit treu geblieben. Denn als Spieler gewann er in den Achtzigerjahren mit dem Gladbacher HTC zwei deutsche Meisterschaften und mit der Nationalmannschaft 1988 in Seoul Olympia-Silber. „Wenn ich daran denke, bekomme ich immer noch eine Gänsehaut“, sagt Fastrich.

Nicht anders geht es ihm, wenn er an die Spiele im Sommer denkt. „Paris hat eine Benchmark gesetzt“, sagt er mit Blick auf die Organisation, die Spielstätten, die Atmosphäre.

„Das Thema war schnell abgehakt“

Auch sportlich kann sich der DHB-Präsident nicht beklagen. „Unser Anspruch ist eine Medaille oder zumindest das Halbfinale“, sagt Fastrich. Und das haben die deutschen Hockey-Herren mit Silber erreicht.

Überschattet wurde das Finale allerdings von der provozierenden Geste eines Niederländers gegen den deutschen Torhüter. Wenige Minuten später, so Fastrich, habe er bereits eine Nachricht erhalten: Sein niederländischer Amtskollege habe sich dafür entschuldigt. „Das Thema war schnell abgehakt“, jedenfalls schneller als in den Medien und den sozialen Netzwerken.

Bundeskanzler Olaf Scholz sah sich das Olympia-Finale zwischen Deutschland und den Niederlanden an.

Bundeskanzler Olaf Scholz sah sich das Olympia-Finale zwischen Deutschland und den Niederlanden an. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Fastrich erklärt Bundeskanzler die Hockey-Regeln

In Paris traf der DHB-Präsident auch zahlreiche Spitzenpolitiker wie Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock und tauschte sich mit ihnen im Hockeystadion aus. „Das waren sehr intensive Gespräche über Sportpolitik“, sagt Fastrich.

Beim Finale saß er in der Reihe vor dem Bundeskanzler. „Das war ganz ulkig. Er hat mir immer wieder auf die Schulter getippt und nach den Regeln gefragt“, erzählt Fastrich. Das Repräsentieren und Netzwerken scheint ihm zu liegen.

DHB-Präsident will Hockey attraktiver machen

Dazu passt, dass Fastrich enge Kontakte zu den Top-Verbänden in Europa pflegt und gemeinsam mit ihnen daran arbeitet, den Hockeysport attraktiver zu machen. Vor allem in der Zeit zwischen den Olympischen Spielen soll mehr Aufmerksamkeit generiert werden.

In Deutschland ist Hockey eine Randsportart, der ein elitäres Image anhaftet. Um mehr Menschen für den Sport zu begeistern, müsse man sich öffnen, sagt Fastrich. Große Turniere könnten dabei helfen. „Wir versuchen, so viele Veranstaltungen wie möglich zu bekommen“, sagt Fastrich. Mit Erfolg: Wie 2023 findet im kommenden Jahr die Feldhockey-EM in Mönchengladbach statt.

Der Sport hat ihm Türen geöffnet

Bleibt die Frage, was ihn motiviert, sich ehrenamtlich als Präsident zu engagieren. „Ich hatte eine schöne Zeit als Spieler, in der sich viele Türen geöffnet haben, privat wie beruflich“, sagt Fastrich. „Jetzt habe ich das Gefühl, etwas zurückgeben zu können.“

Eine solche Tür öffnete sich ihm auch nach seiner sportlichen Karriere über sein Hockey-Netzwerk. Fastrich begann bei Volkswagen im Controlling. Später verantwortete er die Finanzen des Hamburger Lebensmittelherstellers Carl Kühne, bekannt für Senf, Gewürzgurken und Essig.

Hinter dem Hof stehen 400 Weirouge-Bäume, ein Apfel mit rotem Fruchtfleisch.

Hinter dem Hof stehen 400 Weirouge-Bäume, ein Apfel mit rotem Fruchtfleisch. Foto: Scholz

Seine beruflichen Erfahrungen nutzt Fastrich, um den Verband wie ein mittelständisches Unternehmen zu führen, ihn personell und strukturell neu aufzustellen, wie er sagt.

Zudem kommt ihm dieses Know-how beim Projekt im Alten Land zugute. Fastrich kümmert sich um Strategie und Finanzen, seine Lebensgefährtin um Werbung und Marketing. Das Paar hat sich vom Agriturismo in Italien inspirieren lassen und will auf dem Hof einiges anbieten.

Was das Paar auf dem Hof anbieten möchte

Die Rede ist von Yoga und Lesungen, einem Hofladen und Ferienwohnungen sowie verschiedenen Produkten aus den eigenen Äpfeln wie Schorlen und Duftkerzen. „Es ist ein Herzensprojekt“, sagt Fastrich. „Wir haben Lust, den Hof weiterzuentwickeln.“ Man wolle aber nicht in Konkurrenz zu den klassischen Apfelhöfen im Alten Land treten.

Künftig soll auf dem Hof auch Apfelessig hergestellt und abgefüllt werden. „Ich komme ja aus der Branche und schon mein Großvater war ein großer Essighersteller“, sagt Fastrich. Die Fässer lässt das Paar in Italien anfertigen, der Heimat von Tiziana Kleine. Im kommenden Jahr soll der Hof voraussichtlich eröffnet werden.

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