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Prozess

TDrama im Drogenprozess: Verteidiger sehen Ermittlungsfehler und unfaires Verfahren

Das Verfahren richtet sich an acht Menschen, die auf Festivals Drogen verkauft haben sollen.

Das Verfahren richtet sich an acht Menschen, die auf Festivals Drogen verkauft haben sollen. Foto: Sina Schuldt/dpa/Archivbild

Der Prozess am Landgericht um eine mutmaßliche Drogenbande entwickelt sich zum filmreifen Gerichtsdrama mit spannungsgeladener Atmosphäre. Die Beweisführung stagniert, da die Verteidigung mit Anträgen nicht knausert.

Von Silvia Dammer Montag, 25.03.2024, 12:45 Uhr

Kutenholz. Bereits die Verständigungsgespräche vor Beginn der Beweisaufnahme scheiterten für fünf der acht Angeklagten. Richter Paarmann, Vorsitzender der 1. Strafkammer, hatte bei qualifizierten Geständnissen der Angeklagten geringere Strafmaße in Aussicht gestellt als das Gesetz für die angeklagten Vergehen fordert.

Den sieben Männern und einer Frau aus Stade und Kutenholz wirft die Anklage vor, als Bande organisiert auf drei Festivals Drogen von Marihuana über Kokain bis Ecstasy-Pillen und Amphetamine an Festivalteilnehmer verkauft zu haben. Die Angeklagten D. und R.K. sitzen in U-Haft.

Die Verteidigung der sechs Angeklagten, denen Drogenhandel beziehungsweise -transport vorgeworfen wird, empfand den Verständigungsvorschlag der Kammer als Druckmittel, da Richter Paarmann ein vollumfängliches Geständnis gemäß der Anklage forderte. Besonders strittig war der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Bande, der von der Verteidigung als überzogen angesehen wurde, zumal dieses durch ein im Wohnwagen des 74-jährigen Vaters von R.K. gefundenes Beil begründet wurde. Trotz dieser Bedenken legten drei Angeklagte ein Geständnis ab.

Ist das Beil eine Waffe?

Mehrere Verfahrensfehler, darunter das Fehlen von Wertstoffgutachten zu Beginn der Hauptverhandlung und die Qualifizierung des Beils als Waffe und nicht als Werkzeug in einem Wohnwagen, führten zu Anträgen der Verteidigung auf Einstellung des Verfahrens. Die Kammer stellte die Anträge für eine spätere Entscheidung zurück.

Der Vater von R.K., der seinen Sohn und Drogen zu Festivals fuhr, aber nicht am Verkauf beteiligt war, ist schwerhörig. Seine Verteidigerin wies darauf hin, als sie seine psychische Belastung im Prozess hervorhob. Da er derzeit ohne Hörhilfen ist, forderten die Anwälte der beiden Hauptangeklagten eine Prüfung seiner Verhandlungsfähigkeit, um ein faires Verfahren für ihn und alle anderen Angeklagten zu gewährleisten. Eine akustische Beeinträchtigung erschwere die Verfolgung des Gerichtsprozesses und falsch verstandene Fragen könnten zu Antworten führen, die andere Angeklagte belasten.

74-Jähriger erhält spezielle Kopfhörer

Diesen Antrag lehnte die Kammer ab, da der 74-Jährige anscheinend trotz Schwerhörigkeit dem Verfahren folgen konnte. Vom Gericht erhielt er zudem spezielle Kopfhörer. Seine Reaktion „So kann ich hören“ war für die Verteidiger des Angeklagten D. Indiz, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lagen, der Angeklagte sei verhandlungsunfähig.

Der folgende Antrag richtete sich daher auch gegen die Verteidigerin des 74-Jährigen. Die Kammer sollte sie als Verteidigerin entpflichten, da sie die Schwerhörigkeit ihres Mandanten ignoriere und damit das Verfahren gefährde. In diesem Zusammenhang solle das Verfahren gegen den 74-Jährigen entweder abgetrennt werden oder das gesamte Verfahren gegen alle Angeklagten noch einmal von vorn beginnen, damit der 74-Jährige es mit Hörhilfen verfolgen könne.

Die Verteidigerin des 74-Jährigen betonte noch einmal, dass ihr Mandant der Verhandlung zu jedem Zeitpunkt folgen konnte und sein Satz nach Erhalt der Kopfhörer falsch interpretiert worden sei.

Die Kammer behielt sich die Entscheidung über die Anträge für einen späteren Zeitpunkt vor.

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