TEin Halbblinder, zwei Täubchen und ein Lahmer rollen zum Kneipenquiz
Flipper im Wohnzimmer und auch sonst Bock auf Spiele: Joachim und Tanja Bargsten sowie Andreas und Katja Heuer alias „Stade inklusiv“ (von links). Foto: Richter
„Inklusion gewinnt. Immer.“ Mit diesem Schlachtruf hat sich „Stade inklusiv“ um die Teilnahme am TAGEBLATT-Städte-Quiz beworben. Sie wollen mit Rollstuhl zum Sieg fahren.
Stade. Als „Chaostruppe aus einem Lahmen, einem Halbblinden und ihren zwei Täubchen“ haben sich die vier Stader vorgestellt. Die charmante Bewerbung hat ihnen die Teilnahme am Kneipenquiz eingebracht. Sie hat die TAGEBLATT-Redaktion außerdem neugierig gemacht - und zu einem Besuch bei der selbsternannten Chaostruppe geführt.
Tanja und Joachim Bargsten und Katja und Andreas Heuer sind „Stade inklusiv“ - eines von zehn Stader Teams, die am Donnerstag in Deck 2 in Buxtehude zum Rate- und Wissenstest anreisen. Zehn weitere vertreten die Buxtehuder Farben. Das ganze findet statt als ein Teil des TAGEBLATT-Städtevergleichs.
Wer weiß es besser, Buxtehude oder Stade? Das soll sich beim Hanse-Quiz entscheiden. Kneipen-Quizmaster André Wollenberg führt durch den Abend. Foto: Richter/ Montage Medienzentrum
„Stade inklusiv“ schüchtert potenzielle Gegner in bester Wrestling-Manier schon jetzt vorsorglich ein: Die vier drohen mit „sieben sehenden Augen, sechs gesunden Beinen, vier messerscharfen Gehirnen und wahnsinnig viel Motivation“. Beim Hausbesuch in Stade-Hagen erklärt die Truppe, was dahinter steckt.
Eine Comedy-Doku war Namenspatin
„Wir sind Comedy-Fans“, erklärt Joachim Bargsten. „Ein Blinder, ein Lahmer, ein Tauber“: Das ist nicht nur ein klassischer Witz-Einstieg, sondern auch der Titel der „behinderten Comedy-Challenge“, einer Reality-Doku in der ARD, die sie sehr schätzen und an die sie ihre Bewerbung angelehnt haben.
Der Lahme - das ist Joachim, der seinen Rollstuhl einmal im Monat zum „Quizmobil“ ernennt und damit in die Stader Seminarturnhalle rollt. Beim dortigen Kneipenquiz, der „Nacht des unnützen Wissens“, nennt seine Truppe sich „Hainzelmännchen“. Bargsten glänzt vor allem mit Wissen aus den Bereichen Technik, Naturwissenschaften und Sport.
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Bis vor zwei Jahren war Joachim Bargsten aktiver Fußballer, Handballer und Volleyballer. Wegen einer Erkrankung benötigt er jetzt einen Rollstuhl, tobt sich sportlich aber von jeher auch bei anderen Spielen aus: Ein Flipperautomat, Geschenk von seiner Ehefrau Tanja zu seinem 50. Geburtstag, steht mitten im Wohnzimmer. Tanja Bargsten teilt sein Spiele-Faible besonders dann, wenn es um Wissen geht: Der Keller ist voll mit verschiedenen Trivial-Pursuit-Ausgaben, die immer wieder hervorgeholt werden.
Tanja Bargsten wird von ihrem Team als „wandelnde Wikipedia-Seite für Serien, Popkultur und die Royal Family“ vorgestellt. Aha. Liest sie etwa Klatsch-Magazine? Sie lächelt wissend und antwortet souverän: „Ich muss sowas wissen. Ich bin Englischlehrerin.“
Ein Überläufer aus Buxtehude kämpft für Stade
Andreas Heuer, „der Halbblinde“, sagt, dass er mit einem Auge zwar etwas erkennen kann, wenn er das Blatt sehr dicht vor seine Nase hält. „Aber trotzdem gehe ich in der Bilderrunde meistens Getränke holen.“ Dafür laufe er in der Musikrunde zur Hochform auf, sagt Tanja Bargsten: „Er war der erste, der MTV zu Hause hatte. Das hatten in Hagen damals nicht viele.“
Die vier Freunde kennen sich offenbar schon sehr lange. Andreas Heuer hat allerdings nicht immer in Stade gelebt. „Ich bin sogar gebürtiger Buxtehuder.“ Überläufer sind wegen ihres Insiderwissens ja oft besonders gefährlich.
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Seine Frau Katja Heuer ist waschechte Staderin. Ihr Vater ist in der Salzstraße am Alten Hafen großgeworden: „Der hat früher noch gehört, wie bei Sturmflut die Kanonen abgefeuert wurden.“ Vieles von seinem Wissen habe er an sie weitergegeben. Zudem jongliert sie von Berufs wegen mit Zahlen und unterhält exzellente Kontakte zu Stader Altenheimen: „Dort werde ich von Zeitzeugen aus erster Hand mit Anekdoten zur Stadtgeschichte versorgt“, sagt sie.
Mit Lokalstolz und der Kraft der Inklusion
Aber historisches Hansestädte-Wissen wird nur ein Aspekt sein, wenn beim Kneipenquiz am Donnerstag, 20. November, im Deck 2 in Buxtehude die Teams aus den beiden Hansestädten gegeneinander antreten. Es geht wie immer um eine kunterbunte Vielfalt - und oft auch um Abseitiges und Verblüffendes. Unter anderem ist Quizmaster André Wollenberg dafür bekannt, die Namen skurriler Phobien abzufragen.
Mit Schwarmintelligenz kommt man da weit. Die hat das Team „Stade inklusiv“ ganz eindeutig. Dazu kommen jede Menge Lokalstolz für Stade - und die Stärke, die sich aus langjähriger Freundschaft und den besonderen Herausforderungen ergibt, die sich durch das Leben mit Behinderungen ergeben. Ihrem Motto nach kann außerdem sowieso nichts mehr schiefgehen: „Inklusion gewinnt. Immer.“
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