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Zukunftswerkstatt

TEin Leben für das Ehrenamt: Jörg Petersen berichtet von Höhen und Tiefen

Jörg Petersen, Vorsitzender des Fördervereins Historischer Kornspeicher, berichtete über die Höhen und Tiefen des Ehrenamtes.

Jörg Petersen, Vorsitzender des Fördervereins Historischer Kornspeicher, berichtete über die Höhen und Tiefen des Ehrenamtes. Foto: Daniel Beneke

Der 5. Dezember ist internationaler Ehrenamtstag. Jörg Petersen, Vorsitzender des Freiburger Kornspeichers, berichtete bei der Zukunftswerkstatt „Ehrenamt stärken“ von Höhen und Tiefen dieser Arbeit. Und er verdrückte ein paar Tränen der Rührung.

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Von Susanne Helfferich
Dienstag, 05.12.2023, 08:20 Uhr

Freiburg. Landrat Kai Seefried hatte eingeladen zur Zukunftswerkstatt und rund 80 Ehrenamtliche aus unterschiedlichen Bereichen waren gekommen. Vier Impulsvorträge und zwei Talkrunden füllten fast dreieinhalb Stunden. Das Beste kam zum Schluss.

Ehrenamt kann Erfüllung sein, aber auch Schwerstarbeit. Davon berichtete Jörg Petersen, Vorsitzender des Fördervereins Historischer Kornspeicher in Freiburg. Das Ehrenamt habe sein ganzes Leben durchzogen. Begonnen habe er damit bei den christlichen Pfadfindern in Hamburg, die regelmäßig ältere Gemeindemitglieder unterstützten, zum Beispiel beim Einkaufen oder Rasenmähen. „Die Menschen, denen wir halfen, hatten kein Geld“, erzählte Petersen, „aber ich spürte eine große Dankbarkeit.“

Die Liste der Ehrenämter Jörg Petersens ist lang

Diese Erfahrung habe ihn geprägt, sagte Petersen, und ihn Dankbarkeit gelehrt für die eigenen, wesentlich besseren Lebensumstände. Er nahm sich vor, auch künftig zum Wohle der Gemeinschaft Verantwortung zu übernehmen. Das tat er während des Studiums im Fachschaftsrat, später als Mitglied der SPD und fast 20 Jahre als Ratsmitglied in Freiburg und Fraktionsvorsitzender im Samtgemeinderat. Er leitete 31 Jahre den Sozialverband in Freiburg. Alles ehrenamtlich. Außerdem initiierte Petersen gemeinsam mit Malte Bösch von der Vereinsrunde „Freiburg sagt Danke“ im ersten Corona-Jahr und das „Aktionsbündnis Nordkehdingen hilft“, um ukrainischen Flüchtlingen zu helfen.

Als wäre das nicht genug, gehört Petersen zu den Gründervätern des Fördervereins Historischer Kornspeicher. Ab 2003 machte er sich mit einer Reihe von Mitstreitern stark für den Erhalt des Baudenkmals. Als das gelungen war, musste ein Nutzungskonzept her, das Gebäude saniert werden, Förderanträge mussten gestellt werden. „Eine kräftezehrende Auseinandersetzung mit Ämtern und Behörden um manchmal klitzekleine Details sorgten für nervenraubende Verzögerungen“, erinnert sich Petersen.

Seit 2016 Vorsitzender des Freiburger Kornspeichers

2014 schlossen die Ehrenamtlichen die Sanierung des Speichers ab, und im selben Jahr startete der Verein sein Kulturprogramm. „Niemand, der eine derartige Aktion nicht selbst erlebt hat, kann ermessen, was für uns Laien hinter uns lag“, sagte Petersen, der seit 2016 Vereinsvorsitzender ist.

Der Weg zum soziokulturellen Zentrum Kornspeicher habe viele Tiefen erlebt, berichtet Petersen: Anfeindungen, finanzielle Sorgen, als die Landesförderung auslief oder plötzlich alle Brandmelder ausgetauscht werden mussten. Auch Angst vor dem Scheitern und der Tiefpunkt, als die Gastronomie geschlossen werden musste. Aber auch die Sorge, was folgt, wenn die „alte Garde“ sich aus der ehrenamtlichen Arbeit zurückzieht.

Warum sich Ehrenamtliche das antun

„Ich werde oft von Gästen im Kornspeicher gefragt: Warum tust du dir das an?“, so der Vereinsvorsitzende. „ Als würde man einem Masochisten sein Beileid aussprechen.“ Grundvoraussetzung sei, zu 100 Prozent von der Sinnhaftigkeit seines Tuns überzeugt zu sein. Er wolle seine Mitmenschen an seiner Freude teilhaben lassen und ihnen in Zeiten zunehmender Individualisierung einen Ort schaffen, wo sie sich treffen und Freude an Kultur genießen können. Der Freiburger berichtet von der Dankbarkeit der Speicherbesucher, von berührenden Begegnungen und einem stabilen Spendenaufkommen.

2018 lief die Landesförderung für den Kornspeicher aus. Eine regelmäßige Besucherin habe ihn damals angesprochen, wie es denn so laufe. Er habe ihr dann von der Finanzlücke von 25.000 Euro erzählt. Zwei Tage später habe die Frau angerufen und gesagt: Ich habe mit meinem Mann gesprochen. Wir übernehmen das. „So etwas treibt mir die Tränen in die Augen“, so Petersen - und so ist es dann auch. „Das ist Wertschätzung unserer Arbeit, aus der das Ehrenamt Kraft schöpft.“

Landkreis schafft eine Stelle für Ehrenamtskoordination

Da ehrenamtliche Arbeit oft an ihre Grenzen stößt, hat der Nachbarkreis Rotenburg seit 2008 eine Koordinierungsstelle eingerichtet. Sandra Pragmann und ihre Kollegin beraten über Förderprogramme, vermitteln Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, helfen mit einer Freiwilligendatenbank und vermitteln Fortbildungen. Dass auch im Landkreis Stade viel Kompetenz vorhanden ist, zeigten die Vorträge von Karin Lange von der Diakonie und Philipp Tramm vom Kreissportbund. Lange berichtete vom Machmitzentrum für ehrenamtliche Integrationsarbeit und Tramm von der Koordinationsarbeit. Auch bei diesen beiden Projekten geht es um Freiwilligenmanagement, Wissenstransfer, Fortbildungen und Hilfestellung beim Umgang mit der Bürokratie.

Ab kommendem Jahr soll im Landkreis eine neue Stelle für Ehrenamtskoordination eingerichtet werden. Das verkündete der Landrat zum Schluss der Veranstaltung. Am Montag verabschiedete der Kreistag den Stellenplan.

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