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Grundlagenforschung

TElbe Kliniken: Forschung aus Buxtehude soll weltweit Hautkrebs bekämpfen

Die Buxtehuder Strahlen- und Zellbiologin Dr. Beate Volkmer leitet seit 29 Jahren gemeinsam mit Dr. Rüdiger Greinert das Labor für Molekulare Zellbiologie am Elbe Klinikum Buxtehude.

Die Buxtehuder Strahlen- und Zellbiologin Dr. Beate Volkmer leitet seit 29 Jahren gemeinsam mit Dr. Rüdiger Greinert das Labor für Molekulare Zellbiologie am Elbe Klinikum Buxtehude. Foto: Wisser

Individuelle Krebstherapien können die Heilungschancen für die Menschen erhöhen, die von der heimtückischen Krankheit betroffen sind. Deshalb ist die Forschung in Buxtehude so wichtig.

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Von Karsten Wisser
Sonntag, 30.06.2024, 17:50 Uhr

Buxtehude. Das Rotklinker-Gebäude im hinteren Bereich des Elbe Klinikums in Buxtehude ist eher unscheinbar. Was in den Räumen des Labors für Molekulare Zellbiologie (LMZ) passiert, ist das genaue Gegenteil davon. Dort leiten Dr. Beate Volkmer und Dr. Rüdiger Greinert das Labor für Grundlagenforschung im Bereich der Hautkrebstherapie.

Die zentrale Frage: Wie entsteht Hautkrebs?

Die Zellbiologin und der Biophysiker und ihr Labor für Molekulare Zellbiologie (LMZ) stehen gerade im Fokus, weil sie dank finanzieller Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) einen „Next Generation Sequencer“ (NGS) bekommen haben. Das NGS ist eine verbesserte Technologie zur DNA-Untersuchung.

Diese Technologie erlaubt höhere Geschwindigkeiten: Ein komplettes, menschliches Genom kann innerhalb eines Tages sequenziert werden. Das neue Gerät hat 370.000 Euro gekostet und soll dabei helfen, eine zentrale Frage zu beantworten: Wie entsteht Hautkrebs?

Lösen geschädigte Stammzellen Krebs aus?

Dieser Frage gehen Beate Volkmer und Rüdiger Greinert seit Jahren in der Grundlagenforschung zu den zellulären, molekularen, genetischen und epigenetischen Entstehungsmechanismen von Hautkrebs nach.

Finanzielle Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Höhe von 370.000 Euro hat nun die Anschaffung eines sogenannten „Next Generation Sequencer“ (NGS) ermöglicht.

Finanzielle Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Höhe von 370.000 Euro hat nun die Anschaffung eines sogenannten „Next Generation Sequencer“ (NGS) ermöglicht. Foto: Wisser

In Buxtehude geht es um die Frage, in welchem Maß durch UV-Strahlung der Sonne oder künstliche Strahlung - zum Beispiel aus Solarien - geschädigte Stammzellen aus den unteren Hautschichten für Hautkrebs verantwortlich sind. Außerdem soll erforscht werden, wie diese Schädigung schnell erkannt werden kann.

Schwarzer Hautkrebs: 10 bis 20 Prozent sterben

Insbesondere UVA-Strahlung kann tief in die Haut eindringen und die dermalen Stammzellen schädigen. Aus diesen Zellen können nach einer Wanderschaft in die oberen Hautschichten Pigmentzellen entstehen, die für die Bräunung der Haut verantwortlich sind. Sie können aber auch schwarzen Hautkrebs verursachen, und der ist eine tödliche Bedrohung.

„10 bis 20 Prozent der Menschen sterben nach der Erkrankung am schwarzen Hautkrebs“, sagt Rüdiger Greinert. „Es gibt seit vielen Jahrzehnten den Verdacht, dass der schwarze Hautkrebs eher etwas mit UVA als mit UVB zu tun hat“, so Rüdiger Greinert.

Auf der Suche nach der Krebsimpfung

Mithilfe des NGS können Forscher eine Vielzahl an Genen, die mit einem Krankheitsbild zusammenhängen, in einem Durchlauf analysieren. Dies macht eine zügige Analyse im Rahmen der Präzisionsmedizin möglich und kann zum Einsatz von personalisierten Therapieoptionen beitragen. So wird „Next Generation Sequencing“ für die Anwendung der gerade in der Entwicklung befindlichen Impfungen gegen Krebs benötigt“, sagt Rüdiger Greinert.

In Buxtehude gewinnen die Forscher aus Hautproben dermale Stammzellen und vervielfältigen diese in Zellkulturen. „Das ist sehr aufwendig, weil es nur sehr wenige Stammzellen gibt“, sagt Beate Volkmer. Als einziges Labor weltweit erreicht das LMZ in Buxtehude dabei einen Reinheitsgrad von 98,5 Prozent.

Tor zu individueller Krebstherapie

Diese dermalen Stammzellen werden bestrahlt und dann mithilfe des neuen Geräts zum Beispiel nach Mutationen untersucht. Die Forscher unterscheiden dabei auch zwischen den unterschiedlichen Spendern der Hautproben und machen damit das Tor zu individueller Diagnostik und Krebstherapie auf.

„Jeder soll irgendwann eine Therapie bekommen können, die auf das Erscheinungsbild seiner individuellen Krankheit ausgerichtet ist“, beschreibt Rüdiger Greinert das Ziel der Forschung.

So können Impfstoffe gezielt entwickelt werden

„Wir gehen so tief ins Genom rein, dass wir zum Patienten sagen können, in deinem Genom ist diese Veränderung aufgetreten, und das werden wir mit einer gezielten Therapie behandeln“, so Greinert.

Zum Teil gibt es das bei häufig vorkommenden Mutationen schon. Ziel ist es, Krebszellen und gesunde Zellen des Patienten zu vergleichen und den Unterschied zu finden. Wenn diese gefunden worden seien, können von speziellen Firmen gezielt Impfstoffe entwickelt werden - mit einer Methode, ähnlich zu der, die beim Coronavirus eingesetzt wurde, sogenannte mRNA-Impfstoffe.

Der Begriff Impfung ist dabei etwas missverständlich. „Das Immunsystem wird so beeinflusst, dass seine Zellen genau den Tumor erkennen und eliminieren“, sagt Beate Volkmer.

Das Immunsystem wird so beeinflusst, dass seine Zellen genau den Tumor erkennen und eliminieren.

Dr. Beate Volkmer, Laborleitung Elbe Klinikum Buxtehude

„Das Ziel ist die Aufklärung individueller Unterschiede in Krankheitsbildern und -entwicklungen bei Krebs-, aber auch anderen Erkrankungen, wie neurodegenerativen, kardiologischen und endzündungsbedingten Krankheitsbildern“, erläutert Dr. Beate Volkmer. „Das wird in der Patientenversorgung eine Revolution“, sagt Rüdiger Greinert. Beide sind übrigens Mitglieder der Strahlenschutzkommission auf Bundesebene.

Pro Analyse Daten im Terabytebereich

Neben dem hohen Reinheitsgrad punktet das Labor in Buxtehude auch damit, dass es in der Lage ist, die Unmengen von Daten aus dem NGS auszuwerten. Pro Analyse geht es um einen zweistelligen Terabyte-Bereich und die Vernetzung zwischen Grundlagen-Forschung und der praktischen Anwendung von Forschungsergebnissen als Basis für die Patientenversorgung.

Im Elbe Klinikum in Buxtehude gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen der Grundlagenforschung und den behandelnden Ärzten.

Im Elbe Klinikum in Buxtehude gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen der Grundlagenforschung und den behandelnden Ärzten. Foto: Wisser

Wie wichtig das alles ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen. An schwarzem Hautkrebs und an den hellen Hautkrebsen erkranken allein in Deutschland jedes Jahr neu 300.000 Menschen. Zehn Prozent davon haben den schwarzen Hautkrebs.

Es sterben mehr Menschen an hellen Hautkrebsen

Die hellen Hautkrebse sind weniger gefährlich, weil sie weniger Metastasen bilden. Die Sterblichkeit ist geringer. Aufgrund der großen Menge sterben aber laut Weltgesundheitsorganisation in absoluten Zahlen mehr Menschen an den hellen Hautkrebsvarianten als am schwarzen Hautkrebs.

So sieht die „Sonne" im Kleinformat aus. Dieses Gerät kann das ganze Spektrum der Sonnenstrahlung simulieren.

So sieht die „Sonne" im Kleinformat aus. Dieses Gerät kann das ganze Spektrum der Sonnenstrahlung simulieren. Foto: Wisser

Hautkrebserkrankungen steigen in fast allen Ländern an. „Sie steigen auch deshalb, weil die Menschen älter werden“, sagt Rüdiger Greinert. Die hellen Hautkrebsvarianten sind Altershautkrebs-Erkrankungen. Sie treten vorwiegend bei Menschen auf, die älter als 60 Jahre sind“, so Rüdiger Greinert. Hinzu kommt der Klimawandel. Es gibt mehr UV-reiche Tage und das Hautkrebs-Risiko steigt.

Ein UV-Forschungsinstitut für Buxtehude?

Forscher, Experten aus dem Bereich biologische UV-Forschung und Hautkrebs sowie Vertreter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) kamen in der vergangenen Woche in Buxtehude zusammen. Sie diskutierten die Nutzung von „NGS“ in der biologischen UV-Forschung.

Außerdem ging es in der Runde um die Zukunft der biologischen UV-Forschung in Deutschland. Es gibt nur noch in Darmstadt ein weiteres Labor, das im Bereich UV-Strahlung forscht. Als Möglichkeit, sich wieder breiter aufzustellen, werden mehrere Möglichkeiten diskutiert. Eine davon besteht in einer Institutsgründung in Buxtehude.

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