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Wirtschaft

TEnde der „elenden Kreislaufbaggerei“ – Reaktionen zur Elbvertiefungsstudie

Ein Containerschiff fährt auf der Elbe bei Stade durch den Nebel. Eine Studie im Auftrag der Umweltverbände beleuchtet jetzt die Zahlen zur Elbvertiefung. Die Verbände fordern Konsequenzen.

Ein Containerschiff fährt auf der Elbe bei Stade durch den Nebel. Eine Studie im Auftrag der Umweltverbände beleuchtet jetzt die Zahlen zur Elbvertiefung. Die Verbände fordern Konsequenzen. Foto: Martin Elsen

Die Elbvertiefung ist laut einer neuen Studie ein wirtschaftliches Desaster. Was sind die Konsequenzen für Häfen und Elbe? Das sagt Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer dazu.

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Von Grit Klempow
Donnerstag, 06.02.2025, 11:50 Uhr

Landkreis. Die Bilanz der Elbvertiefung ist schlecht. Das sagt eine Studie, die vergangene Woche veröffentlicht wurde. Die Wirtschaftswissenschaftler Professor Dr. Henning Vöpel und Dr. André Wolf vom cep (Centrum für Europäische Politik) hatten wie berichtet geprüft, ob sich das Projekt wirtschaftlich rechnet. Beauftragt wurden die Ökonomen von den Umweltverbänden WWF, BUND und Nabu.

Einsatz von Steuergeldern zahlt sich nicht aus

850 Millionen Euro kostete die Vertiefung der Elbe. Aber es muss weiter gebaggert werden. Im Jahr 2023 zahlten Bund und Hamburg dafür weitere 232 Millionen Euro. Ausgezahlt hat sich der immense Einsatz von Steuergeldern laut Studie nicht: Die Umschlagszahlen in Hamburg sind weit unter den Erwartungen (25 Millionen TEU) geblieben und stagnieren sogar bei nur knapp 8,9 Millionen TEU.

„Die Prognosen der Vergangenheit mussten immer wieder nach unten korrigiert werden“, sagte Beatrice Claus vom WWF, als sie gemeinsam mit dem BUND-Kreisvorsitzenden Heiner Baumgarten, dem niedersächsischen Umweltminister Christian Meyer (Grüne) und dem Grünen-Bundestagskandidaten Joachim Fuchs die Studie in Stade vorstellte.

Digitalisierung beeinflusst Umschlagskosten

„Die Elbvertiefung konnte das Wettbewerbsproblem des Hamburger Hafens nicht lösen“, fasste Beatrice Claus zusammen. Die Weltwirtschaft ändert sich, auch durch neue Zölle wie sie nun von den USA verhängt wurden. Faktoren wie die Digitalisierung beeinflussen Effizienz und Umschlagskosten der Häfen. Rotterdam und Antwerpen verzeichnen Zuwächse - ein Wachstum des Umschlags in Hamburg ist laut Wirtschaftsstudie dagegen unwahrscheinlich.

Digitalisierung, Klimaneutralität, Energiesicherheit - auf die deutschen Häfen kommen neue Aufgaben zu. Dort müsse laut Studie jetzt investiert werden. Das wollen die Umweltverbände unterstützen. „Es gibt viele Infrastrukturprojekte, wie die Verbesserung der Schienenanbindung oder auch Kajensanierung, die wir gutheißen“, betonte Beatrice Claus.

Ausbau zum Offshore-Hafen

Umweltminister Meyer verwies auf den Ausbau des Cuxhavener Standorts durch neue Liegeplätze für den Offshore-Bereich. „Wir geben 100 Millionen aus unserem Etat“, so Meyer. Wenn in Cuxhaven im Bereich Offshore-Logistik investiert werde, brauche es diese Struktur andernorts eben nicht mehr, sagte Beatrice Claus. Eine Arbeitsteilung der Häfen habe es schließlich früher schon gegeben, wirbt auch Heiner Baumgarten für neu gedachte Strukturen.

Ökonomisch ist die Flussvertiefung also laut Studie eine Fehlinvestition. Sie schade aber auch dem Ökosystem Elbe. Die Verschlickung und Verlandung der Seitenarme sei der „Herzinfarkt fürs Ökosystem“, beschreibt es die WWF-Expertin. „Wir sehen, dass die Trübung zunimmt, die Sauerstoffgehalte nehmen ab - das Ökosystem verschlechtert sich kontinuierlich“, so Beatrice Claus, die das Naturschutzgroßprojekt Krautsand leitet.

Gesamtkonzept für den Hafenstandort Deutschland

Untermauert von der Wirtschaftsstudie fordern die Umweltverbände nun eine „Kooperation statt Konkurrenz“ zwischen den Seehäfen und ein Gesamtkonzept für den Hafenstandort Deutschland, so Heiner Baumgarten. Sie fordern den Bund auf, die Wirtschaftlichkeit der Elbvertiefung, aber auch die der Außen- und Unterweser, zu untersuchen. Die steht noch immer als Projekt im Bundesverkehrswegeplan.

Joachim Fuchs, Bundestagskandidat der Grünen, unterstützt das: „Was jetzt folgen muss, ist, dass die Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan nicht nur hinsichtlich der Auswirkungen auf die Klimaziele - was wir schon lange fordern - sondern auch hinsichtlich ihrer ökonomischen Nutzen untersucht werden. Weitere Vertiefungen - egal, ob Weser oder Elbe - sind aus meiner Sicht völlig verfehlt“, sagte Fuchs.

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Die Umweltverbände wollen eine Rücknahme der Elbvertiefung. „Auch, um diese 90 Millionen Euro Mehrkosten für die Unterhaltung jedes Jahr wieder einzusparen“, so Beatrice Claus. Ein Kompromiss für die Elbe wäre, die Flusstiefe auf einem höheren Niveau zu halten, sagt Meyer dazu. „Dann wird sich durch die Sedimente etwas entwickeln, man spart Kosten und die wenigen Tiefgang-Schiffe würden andere Häfen anlaufen.“

Niemand stelle das wirtschaftliche Zentrum Hamburger Hafen infrage, so Christian Meyer. Deutschlandweit aber lägen die Kosten für das Ausbaggern von Flüssen bei einer Milliarde Euro pro Jahr. Die Flüsse immer mehr den Schiffen anzupassen, sei ein Fehler und habe weiter steigende Folgekosten.

Elende Kreislauf-Baggerei

„Wir setzen auf diese Hafen-Kooperation und wollen diese elende Kreislauf-Baggerei beenden“, so Niedersachsens Umweltminister. Der Bund müsse seine Hafenstrategie mit einem Konzept weiter entwickeln, das die ökonomische und ökologische Situation berücksichtige. „Alle gegeneinander zu subventionieren, ist am Ende das teuerste“, so Meyer, in dessen Zuständigkeit auch der Küstenschutz liegt.

Der Hochwasserschutz sei eng mit dem Zustand der Flüsse verwoben, so Beatrice Claus. Erst durch die Vertiefungen seien die Wassermassen überhaupt erst bis Hamburg und Bremen gekommen, sagt sie. Der effektivste Schutz sei deshalb die Rücknahme der Vertiefung und eine Renaturierung der Seitenarme.

Zahlreiche Container werden am Container Terminal Altenwerder (CTA) der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gelagert. Nach einer Studie zur Wirtschaftlichkeit der Elbvertiefung haben sich die Kosten aber nicht in steigenden Umschlagzahlen im Hamburger Hafen ausgezahlt.

Zahlreiche Container werden am Container Terminal Altenwerder (CTA) der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) gelagert. Nach einer Studie zur Wirtschaftlichkeit der Elbvertiefung haben sich die Kosten aber nicht in steigenden Umschlagzahlen im Hamburger Hafen ausgezahlt. Foto: Christian Charisius/dpa

Beatrice Claus (WWF) und Heiner Baumgarten (BUND, links) stellten Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (2. von links) und dem Grünen Bundestagskandidaten Joachim Fuchs die Studie zur Wirtschaftlichkeit der Elbvertiefung vor.

Beatrice Claus (WWF) und Heiner Baumgarten (BUND, links) stellten Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (2. von links) und dem Grünen Bundestagskandidaten Joachim Fuchs die Studie zur Wirtschaftlichkeit der Elbvertiefung vor. Foto: Klempow

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