TErst spurlos verschwunden, dann Freispruch in Stade

Das Landgericht Stade hat eine Bremervörderin vom Vorwurf des gemeinschaftlichen schweren Raubes freigesprochen. Foto: dpa/Monika Skolimowska
Angriff vor dem Modehaus: Das Landgericht hat eine Bremervörderin (45) vom Vorwurf des gemeinschaftlichen schweren Raubes freigesprochen. Mahnende Worte gab es trotzdem.
Stade/Bremervörde. Eigentlich sollte der Prozess vor der 3. Großen Strafkammer am Landgericht Stade schon vor drei Wochen enden. Doch die Angeklagte mit fast 20 Vorstrafen war am dritten Verhandlungstag unentschuldigt nicht erschienen. Folge: Es wurde Haftbefehl gegen sie erlassen, um das Erscheinen der Angeklagten beim nächsten Termin zu garantieren.
Nach drei Wochen in der JVA Vechta wurde die Angeklagte am Freitag in Handschellen zur Verhandlung geführt. Ihrer Laune hatte das augenscheinlich keinen Abbruch getan. „Ich bin doch selber schuld“, räumte sie gegenüber dem Vorsitzenden Richter Marc-Sebastian Hase ein und berichtete, dass sie nach anderthalb Jahren in einer Obdachlosenunterkunft nun sogar eine Wohnung in Aussicht habe. Vermittelt in der JVA.
Doch zurück zum Prozess: Wie mehrfach berichtet, war die vielfach vorbestrafte 45-Jährige angeklagt, an einer Tat beteiligt gewesen zu sein, die sich in der Nacht zum 31. Juli 2023 auf dem Parkplatz des Modehauses Burfeind in Bremervörde ereignete. Ein heute 30-jähriger Drogendealer, der mittlerweile unter Zeugenschutz lebt, war dort gegen 1 Uhr von einem bis heute nicht ermittelten Täter mit einem Baseballschläger verletzt und ausgeraubt worden. Die Beute betrug gerade mal 30 Euro. Die Angeklagte war auch vor Ort.
Unterschiedliche Angaben gegenüber Gericht und Polizei
Fest steht, dass sich die Angeklagte telefonisch mit dem Drogendealer auf dem Parkplatz verabredet hatte, um bei ihm Kokain zu kaufen. Die Staatsanwaltschaft nahm an, dass die Bremervörderin mit dem unbekannten Täter unter eine Decke steckte. Die Verabredung, so vermutete man, habe dazu gedient, den 30-Jährigen in eine Falle zu locken.
Drei Verhandlungstage vor dem Landgericht änderten die Beweislage. Das lag auch daran, dass sich der Drogendealer nun anders äußerte als 2023. Direkt nach der Tat hatte er gegenüber der Polizei die Angeklagte deutlich belastet. Vor Gericht sagte er aus, dass er die Angeklagte ab dem Beginn des tätlichen Angriffes nicht mehr gesehen habe. Er habe nur noch am Boden gelegen und versucht, sich zu wehren, meinte der 30-Jährige.
Der Angreifer, der laut dem Drogendealer eine Kapuze trug und plötzlich aus dem Schatten einer Hecke auf ihn zusprang, hatte mehrfach mit einem Baseballschläger auf sein Opfer eingeschlagen. Der 30-Jährige musste in der OsteMed Klinik Bremervörde mit sechs Stichen am Kopf genäht werden.
Angeklagte entgeht hoher Mindeststrafe für schweren Raub
Bereits vor drei Wochen, als die Angeklagte nicht zur Verhandlung erschien, hatte der Richter angedeutet, dass es einen Freispruch geben könnte. So kam es auch. Zunächst plädierte die Staatsanwältin auf Freispruch und zitierte einen zentralen Begriff des Strafrechts: „Im Zweifel für den Anklagten.“ Eine Beteiligung könne der Angeklagten nicht nachgewiesen werden.
Der Verteidiger der 45-Jährigen schloss sich der Forderung der Staatsanwältin ohne viele Worte an. Richter Marc-Sebastian Hase sprach nach kurzer Beratung das Urteil: Freispruch, aus Mangel an Beweisen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Staat.
Der Angeklagten, die laut eigenen Aussagen mittlerweile clean ist, gab der Richter mahnende Worte mit auf den Weg: „Ich hoffe, sie halten sich aus solchen Situationen in Zukunft heraus. Bei einer Verurteilung hätte sich Ihre Strafe richtig gewaschen.“ Die Mindeststrafe hätte fünf Jahre betragen. (bz)