TEs sieht mies aus: Günstige Wohnungen bleiben in Stade Mangelware

Vollmers Edeka-Markt ist längst geschlossen, hier plant die Wohnstätte einen Neubau mit Gewerbe. Foto: Alexandra Bisping
Der Wohnungsmarkt in Stade bleibt laut Wohnstätte extrem angespannt. Warum eine Mietpreisbremse in der Stadt nicht in Sicht ist und was sich in Kopenkamp-Mitte tut.
Stade. Wenn die Stader Wohnstätte - mit 2600 Wohnungen größter Vermieter in der Stadt - ihre Jahresbilanz vorlegt, ist das auch immer ein Gradmesser für die allgemeine Versorgung mit günstigem Wohnraum. Der aktuelle Stand: Es sieht mies aus.
1000 Menschen stehen bei der Wohnstätte auf der Liste
Es sei keine Entlastung am Wohnungsmarkt in Sicht, schreibt Wohnstätten-Vorstand Dr. Christian Pape in seinem Jahresbericht. „Die Aussichten am Mietwohnungsmarkt sind unverändert trüb“, so der Chef der Genossenschaft. Hoher Nachfragedruck und steigende Mieten belasteten breite Teile der Bevölkerung. Allein bei der Wohnstätte sind 1000 Wohnungsgesuche hinterlegt. Das ist kein Wunder.
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Die Wohnstätte ist bekannt für niedrige Mieten. Bei neu vermieteten Wohnungen wurden 2024 bei der Wohnstätte 8,20 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete fällig. Im Vergleich dazu liegen die marktüblichen Mieten bei 11,60. Das summiert sich bei einer 65-Quadratmeter-Wohnung im Jahr auf 2650 Euro - Mitglieder der Genossenschaft sind also klar im Vorteil. Im Schnitt aller Wohnungen liegt die Wohnstätte bei 7,50 Euro pro Quadratmeter.
Dazu kommen steigende Energiepreise. Pape rechnet fest damit, dass „der Anteil der Wohnkosten die Budgets der Haushalte in Zukunft stärker belasten wird“. Um die Wohnanlagen zukunftsfähig aufzustellen, nimmt die Genossenschaft Jahr für Jahr viel Geld in die Hand.
So viel Geld hat die Wohnstätte noch nie ausgegeben
2024 war ein Rekordjahr. Noch nie hat die Wohnstätte so viel Geld ausgegeben. Mehr als 22 Millionen Euro investierte sie in den Bestand und für den Ankauf von Wohnungen. Im Sommer wurde die mit 8,5 Millionen Euro groß angelegte Sanierung in Groß Thun abgeschlossen. 126 Wohnungen in dem Quartier wurden energetisch saniert. 2,5 Millionen Euro flossen in die Häuser am Lerchenweg 71/73. Das ist noch nicht alles.
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Im Sachsenviertel gab die Wohnstätte seit 2022 4,2 Millionen Euro aus. Hier wurden unterm Dach 15 neue Wohnungen geschaffen, 74 wurden grundlegend saniert. Fossile Gasthermen wurden durchgetauscht mit Luft-Wärmepumpen.
Die Genossenschaft verleibte sich zwei neue Wohnanlagen im Sachsenviertel und in Campe ein. Für die 78 Wohnungen - in typischen Mehrfamilienhäusern aus den 60er Jahren - wendete sie 9,6 Millionen Euro auf. Vorteil: Sie grenzen direkt an den Wohnstätten-Bestand. Das stärke Synergien in der Bewirtschaftung, so Pape, und sei „ein Baustein zur Stabilisierung der Mietpreise auf relativ niedrigem Niveau“. Pape spricht von einem Dreiklang von Ökonomie, Ökologie und Sozialem.
Ohne Mietpreisspiegel keine Mietpreisbremse
Ein weiterer Baustein könnte die Mietpreisbremse sein. In Stade herrsche laut niedersächsischem Bauministerium offiziell ein angespannter Wohnungsmarkt. Damit wäre hier eine Mietpreisbremse möglich. Mietpreisbremse heißt: Bei der Wiedervermietung von Wohnraum darf die neue Miete höchstens um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Doch die ortsübliche Vergleichsmiete muss in einem Mietpreisspiegel ermittelt werden. Und der fehlt schlichtweg in der Stadt. Rat und Verwaltung machen derzeit auch keine Anstalten, einen Mietpreisspiegel aufzustellen.
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Auf die Politik ist Christian Pape generell nicht gut zu sprechen. „Mit einer Melange aus erratischer Hektik und gleichzeitigem Handlungsvakuum hat die Politik in den vergangenen Jahren zur Verschlechterung der Situation beigetragen“, sagt er. Das CO2-Kostenaufteilungsgesetz und das sogenannte Heizungsgesetz hätten mit ihrer Komplexität die Bürokratiekosten hochgetrieben. Für Pape ist klar: „Wenige Wochen vor der Bundestagswahl ist die Wohnungspolitik ein Scherbenhaufen.“
Ideen zur Mietpreisregulierung träfen eher Kleinvermieter oder eben Genossenschaften wie die Wohnstätte, die mit keiner hohen Rendite arbeiteten. Das Gebäudeenergiegesetz stelle faktisch einen Modernisierungszwang dar bis 2045. Aber keiner sage, so Pape, „wie diese Investitionen finanziert werden können“. Kommen auf die Vermieter und Mieter Benutzungsverbote zu? Alte Gebäude mit niedrigen Energieeffizienzklassen von E bis H würden von Banken nicht mehr als Pfandobjekte akzeptiert. Eine Sanierung wird dann schwierig bis unmöglich.
Neue Mitte im Kopenkamp wächst noch dieses Jahr
Die Wohnstätte Stade geht ihren Weg unbeirrt weiter. Schließlich feiert sie in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Zentrales Projekt für 2025: die neue Mitte im Kopenkamp, dem Wohnstätten-Stammrevier, die jetzt nicht mehr so groß ausfällt wie ursprünglich angedacht. Noch dieses Jahr könnten die Arbeiten dort aufgenommen werden, wo bisher der Edeka-Markt in der Dankersstraße stand. Geplant sind acht Wohnungen, eine Physiotherapie-Praxis und ein von Bäcker Richter betriebenes Café.
Die Modernisierung der beiden Hochhäuser im Streuheidenweg 12/14 wird voraussichtlich ab Anfang 2026 folgen. Zudem gönnt sich die Wohnstätte selbst was. Die Verwaltung in der Teichstraße bekommt einen neuen, zweigeschossigen Anbau ans Haupthaus. Der alte Anbau aus den 70er Jahren sei energetisch dysfunktional. Er wird abgerissen.
(Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version dieses Artikels war die Rede davon, dass die Wohnstätte über 26.000 Wohnungen verfügt. Das war eine Null zuviel. Die Wohnstätte hat 2600 Wohnungen in ihrem Bestand. Der Fehler wurde korrigiert.)

Wohnblocks in Klein Thun. Sie wurden in den vergangenen Jahren für Millionen saniert. Foto: Wohnstätte

Noch ein Sanierungsgebiet der Wohnstätte: die Sachsenstraße. Hier wurden neue Wohnungen im Dachgeschoss geschaffen. Foto: Wohnstätte

Dr. Christian Pape, Chef der Wohnstätte. Foto: Wohnstätte