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Justiz

TFake und Lügen? TAGEBLATT gewinnt Rechtsstreit gegen AfD

Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen teilgenommen haben.

Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen teilgenommen haben. Foto: Jens Kalaene/dpa

Der Zeitungsverlag Krause hat als Herausgeber des TAGEBLATT einen juristischen Erfolg gegen die AfD im Landkreis Stade errungen. Dafür musste er bis vor das Hamburger Oberlandesgericht ziehen.

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Von Lars Strüning
Freitag, 26.07.2024, 19:20 Uhr

Stade. Die juristische Auseinandersetzung hat eine Vorgeschichte. Das TAGEBLATT hatte auf tageblatt.de am 13. März einen Bericht der Deutschen Presse-Agentur (dpa) veröffentlicht, der sich als „Faktencheck“ um das Geheimtreffen rechtsextremer Kräfte in Potsdam drehte. „Potsdamer Konferenz: Hat Correctiv gelogen?“ hieß die Überschrift. Das Recherche-Medium Correctiv hatte das Treffen in Potsdam öffentlich gemacht.

AfD schaltet renommierte Medienanwälte ein

Unter anderem stand in dem Bericht: „Nach Correctiv-Recherchen wird öffentlich, dass dort im November 2023 über Pläne zur Ausweisung Geflüchteter, aber auch deutscher Staatsbürger gesprochen worden sei.“

Dagegen wehrte sich die AfD mit ihrem Stader Kreisvorsitzenden Maik Julitz, indem die renommierte Kanzlei für Medienrecht Höcker Rechtsanwälte eingeschaltet wurde. Die schickte dem TAGEBLATT eine Löschungsaufforderung der umstrittenen Passage zu und begründete sie seitenlang.

AfD fragt: „Hat das TAGEBLATT gelogen?“

Das TAGEBLATT nahm - zur Überprüfung des Sachverhalts und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - die kritisierte Passage vorübergehend aus dem Bericht.

Daraufhin wiederum reagierte die AfD auf ihrer Internetseite. Schlussfolgerung: Der Faktencheck im TAGEBLATT enthalte eine Falschbehauptung. „Dieser ‚Fakt‘ im TAGEBLATT ist ein Fake“, schrieb die AfD und legte nach.

Das TAGEBLATT habe „heimlich, still und leise, ohne die Leser zu informieren, die wesentliche Behauptung, die Auslöser von Demonstration auch hier im Landkreis waren, aus dem vorgenannten Artikel entfernt“. Es stelle sich die Frage: „Hat das TAGEBLATT gelogen?“

Das alles lief vom 4. April an unter der Überschrift: „AfD-Kreistagsabgeordneter Julitz geht erfolgreich gegen Falschbehauptung im Faktencheck des Tageblattes vom 19.03. 2024 vor“.

Von AfD Unterlassungserklärung verlangt

Das TAGEBLATT wiederum ergänzte den gekürzten Online-Bericht nach Prüfung und stellte die ursprüngliche Fassung wieder her. Das wurde auch per Transparenzhinweis am Ende des Textes dem Leser erklärt.

Julitz selbst hatte TAGEBLATT-Recherchen bestätigt, wonach auch er an dem Treffen in Potsdam teilgenommen hatte.

Dieses Bild löste eine TAGEBLATT-Recherche aus: Der weiße BMW-SUV mit Stader Kennzeichen gehört der Firma des AfD-Kreisvorsitzenden Maik Julitz und steht vor dem Gästehaus in Potsdam.

Dieses Bild löste eine TAGEBLATT-Recherche aus: Der weiße BMW-SUV mit Stader Kennzeichen gehört der Firma des AfD-Kreisvorsitzenden Maik Julitz und steht vor dem Gästehaus in Potsdam. Foto: Recherche-Netzwerk Correctiv

Gegen die oben beschriebenen Behauptungen wehrte sich der Zeitungsverlag Krause. Er verlangte von der AfD eine Unterlassungserklärung. Darauf ließ sich die Partei nicht ein.

Der Verlag zog vor Gericht und forderte ein Verbot der von der AfD getätigten Äußerungen - mit Erfolg auf ganzer Linie. Der Zeitungsverlag wurde dabei von Anfang an juristisch von Medienanwalt Benjamin von Allwörden aus Stade vertreten.

Erfolg auf ganzer Linie fürs TAGEBLATT

In der ersten Instanz urteilte das Landgericht Hamburg am 3. Juni noch im Sinne der AfD. Bei den Aussagen von Julitz handele es sich um Meinungsäußerungen.

Der Zeitungsverlag Krause wollte und konnte da so nicht akzeptieren und legte dagegen Beschwerde beim Oberlandesgericht Hamburg ein. Dessen Beschluss fiel diametral zur ersten Instanz aus.

Die Beschwerde des Verlags, urteilte der 7. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts, sei zulässig und begründet. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegenüber der AfD stehe dem Verlag „vollumfänglich zu“. Die Behauptungen von Julitz seien keine Meinungsäußerungen, sondern Tatsachenbehauptungen.

Das TAGEBLATT selbst habe hingegen keine „Falschbehauptungen“ oder „Fakten“ aufgestellt. In dem kritisierten Artikel gebe es einen Beitrag der dpa wieder, es sei kein eigener Bericht.

So handelt es sich auch nicht um eine Behauptung des TAGEBLATT. „Die Verbreitung eines Artikels der dpa ist kein zu-Eigen-Machen“, führen die Richter weiter aus.

Es ist nicht zu erkennen, dass das TAGEBLATT gelogen hat.

Aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg

Gericht: „Erheblich ehrverletzender Charakter“

Teile der Äußerungen der AfD seien ehrenrührig und zu untersagen. Das Gericht spricht von einem „erheblich ehrverletzenden Charakter“. Auch wenn die Frage „hat das TAGEBLATT gelogen?“ offen gestellt wurde und so eine Meinungsäußerung darstellt, sei sie ebenfalls zu untersagen, weil ihr jegliche Grundlage fehle. Es sei nicht zu erkennen, dass das TAGEBLATT gelogen hat.

Somit ist es der AfD per einstweiliger Verfügung verboten, die genannten Behauptungen weiterhin zu veröffentlichen. Mit dem Beschluss ist der Rechtsstreit abgeschlossen, nachdem der AfD-Kreisverband die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Juli 2024 als endgültig und verbindlich anerkannt hat. Die entsprechenden Online-Einträge sind bereits gelöscht. Die AfD trägt die Kosten des Verfahrens.

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