Zähl Pixel
Kuriose Prozesse

TFamilienfehde um Eiskönigin-Kleid und ein tobender Ex-Mann mit Axt

Vor dem Otterndorfer Amtsgericht wurde ein Fall des Betrugs verhandelt.

Vor dem Otterndorfer Amtsgericht wurde ein Fall des Betrugs verhandelt. Foto: Puchner/dpa

Nirgends tritt der ganz normale Alltagswahnsinn so sehr hervor wie vor dem Amtsgericht. In Otterndorf wurden jetzt zwei Familienstreitfälle verhandelt - samt überraschender Wendung.

Von Redaktion Dienstag, 24.09.2024, 19:15 Uhr

Otterndorf. Wer hat das Eiskönigin-Kleid bestellt? Dieser Frage musste Richterin Sabine Deutschmann auf den Grund gehen, in einem Fall von Internet-Betrug.

Die Anklage gegen die 27-jährige Bürokauffrau lautete auf Beschaffung eines Vermögensvorteils. Zu Bestellungen in Höhe von 382,75 Euro war es bei einem Online-Händler gekommen, die aber nicht bezahlt wurden. Ihre Schwester erstattete daraufhin Anzeige, nachdem sie herausgefunden hatte, dass die Bestellungen auf ihren Namen getätigt wurden. Viele Jahre hatten die Geschwister keinen Kontakt.

Die 27-Jährige gab hingegen an, immer alle Pakete ungeöffnet zurückgeschickt zu haben. Sie könne auch die Paketzustellerin benennen. Ihre Schwester meinte, sie hole regelmäßig eine Schufa-Auskunft ein. Und dabei seien ihr „komische Dinge“ aufgefallen. Richterin Deutschmann fragte nach, warum sie dies regelmäßig tue und erhielt eine überraschende Antwort. Es sei schon häufiger zu Mahnungen gekommen, mit denen sie nichts anfangen könne.

Familiendrama am Amtsgericht: Überraschende Wendung im Gerichtssaal

Aus den Rechnungen ging hervor, was bestellt worden war: Kinderbekleidung. Dass zu dem Zeitpunkt der Bestellungen die Angeklagte wie auch die Zeugin und auch die Stiefmutter schwanger waren, machte die Situation spannend. Richterin Sabine Deutschmann warf also einen genaueren Blick auf die Rechnungen. Ein Eiskönigin-Kleid für Kinder schien keine typische Bekleidung für einen männlichen Säugling zu sein, den die Angeklagte zur Welt gebracht hatte.

Auch die Bestellung eines Umstandspullovers wie auch eines Still-BHs passte weder zeitlich zu der Schwangerschaft der Angeklagten noch zu der der Zeugin. Der Staatsanwalt hielt den Sachverhalt für nicht bestätigt und erklärte, eine Verurteilung der Angeklagten könne nicht erfolgen, da nicht sicher sei, ob diese die Bestellungen getätigt habe. Außerdem habe sie eine glaubwürdige Aussage gemacht. Die Angeklagte wurde freigesprochen.

Verhandlung in Otterndorf: Richterin nennt es „ungewöhnlichen Fall“

Ein Informatiker musste sich zudem vor dem Amtsgericht Otterndorf dafür verantworten, den neuen Partner seiner Ex-Frau bedroht und mit einem Axtstiel verfolgt zu haben.

Der Angeklagte, gebildet und im fortgeschrittenen Alter, hatte den neuen Partner seiner Ex-Frau massiv bedroht und verfolgt. Zu schweren Verletzungen war es dabei nicht gekommen. Aber auch nach dem Ablauf einer einstweiligen Verfügung sei es noch einmal zu einem Vorfall gekommen, merkte der neue Partner der Zeugin an, noch bevor das Gerichtsverfahren richtig startete. Er habe sich erneut verfolgt gefühlt.

Der angeklagte Informatiker, mit zwei erwachsenen Töchtern, hatte Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt.

Ein eher ungewöhnlicher Fall, merkte Richterin Sabine Deutschmann an. In der Regel seien Angeklagte jünger, wenn sie wegen Körperverletzung angeklagt sind.

Als erste Zeugin wurde die Ex-Frau des Angeklagten aufgerufen. Die Zeugin schilderte, wie sie an dem Tag der Tat auf Langlaufskiern unterwegs war und der Angeklagte auf ihren neuen Partner losgegangen sei. Sie habe nicht viel machen können, außer die Tat zu filmen. Ihr Ex-Mann und sie wohnten in unmittelbarer Nachbarschaft. Während der Ehe habe es keine Probleme gegeben, aber sie hätten nie zusammengelebt. Ihr damaliger Mann habe unter psychischen Problemen gelitten und sie habe ihm auch zweimal das Leben gerettet.

Der Angeklagte bestätigte seine schweren Zeiten und dass er kein guter Gesprächspartner war. Er habe schließlich die Scheidung eingereicht. Seine Frau habe sich damals schon dem neuen Mann zugewandt, gab er an.

Wie es zu dem Angriff kam

Der Privatier, der neue Partner der Zeugin, erläuterte, er habe sich zum Tennis und Schwimmen mit ihr getroffen und schließlich sei mehr aus ihnen geworden. Dass der Nachbar auch der Ex-Mann war, habe er bis zu dem Angriff nicht gewusst. Diesen konnte er nur abwehren, weil er langjährige Erfahrungen in der Selbstverteidigung habe. Es sei schließlich zu einer regelrechten Verfolgungsjagd durch den Ort gekommen. Der Angeklagte sei mit einem Axtstiel hinter ihm hergelaufen. Eine Entschuldigung habe er nie bekommen.

Der Angeklagte wirkte sehr ruhig, ließ den Zeugen aber keine Sekunde aus dem Blick. Der Verteidiger des Angeklagten wollte wissen, ob der Zeuge darüber informiert sei, wer die Scheidung eingereicht hat. Er bohrte weiter und stellt die These auf, dass es schon früher als dargestellt zur Untreue der Ehefrau gekommen sei. Der neue Partner war sichtlich irritiert über die Frage und Aussage des Anwalts und brachte dies unverblümt zum Ausdruck. Fragen von Verteidigern müsse man nicht immer verstehen, merkte die Richterin an. „Und die schöne alte Sitte der ehelichen Treue spielt hier auch keine Rolle“, fügte sie hinzu.

Nach einer kurzen Beratung zwischen Angeklagtem und Anwalt zogen sie schließlich den Einspruch zurück, womit das Urteil von 40 Tagessätzen zu 50 Euro gesprochen ist. (CNV-Medien)

Weitere Artikel