TFemizid von Horneburg: Opfer starb binnen weniger Minuten
Hinter dieser Tür in einem Mehrfamilienhaus in Horneburg spielte sich im September 2023 das tödliche Ehe-Drama ab. Foto: Vasel (Archiv)
Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um den Femizid von Horneburg kamen neue Details ans Licht. Vor dem Stader Landgericht sagte unter anderem die Rechtsmedizinerin aus. Ihre Aussage machte deutlich: Es war ein kurzer Todeskampf.
Horneburg. Unter den Zuhörern waren am Donnerstag sichtlich emotional angefasste Familienmitglieder des Opfers, allerdings nicht ihre beiden Töchter. Eine Zuhörerin trug ein Shirt der Kampagne „Donnerstags in Schwarz“, die sich für eine Welt ohne Vergewaltigung und Gewalt starkmacht.
Der Angeklagte verfolgte den Prozess fast durchgängig mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf, den Blick starr nach unten gerichtet. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 43-Jährigen vor, am 13. September 2023 seine Noch-Ehefrau (47) - beide stammen aus Polen - in Horneburg umgebracht zu haben. Die Tat hatte er wie berichtet am ersten Prozesstag bereits gestanden.
Angeklagter bei tödlichen Stichen sturzbetrunken
Kurz nachdem die Frau gegen Mittag die Wohnung in der Moorstraße betrat, müssen die tödlichen Messerstiche verübt worden sein. Der Todeszeitpunkt lag laut Hanna-Lisa Goebels, Rechtsmedizinerin am UKE in Hamburg, etwa zwischen 12.45 Uhr und 13.50 Uhr.
Das Opfer wies mehrere Stichverletzungen am Hals auf, wie die Medizinerin berichtete. Zwei Stiche in die linke Halsseite verletzten eine Vene - wodurch die Horneburgerin letztlich verblutete. Eine solche Verletzung könne innerhalb von wenigen Minuten zum Tod führen, so Goebels. Da die Frau nur „geringe Abwehrverletzungen“ aufwies, sei sie aufgrund der Messerstiche wohl „relativ schnell handlungsunfähig“ gewesen.
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Bei der Tat war der Angeklagte betrunken: 2,33 Promille ergab der Bluttest. Bei der widerstandslosen Festnahme wirkte er abwesend und alkoholisiert, so die Polizei. Laut Rechtsmedizinerin sei der Mann nicht in der Lage gewesen, sich auszuziehen und während der Vernehmung mehrfach eingeschlafen.
Handys im Farbeimer - Chatverläufe belegen Trennung
Totschlag steht als Vorwurf im Raum. Am Rande der Verhandlung ging es am Donnerstag auch darum, ob es sich darüber hinaus um ein Sexualverbrechen handeln könnte. Einige Indizien deuten zwar darauf hin, Belege gibt es dafür allerdings nicht.
Merkwürdig: Die Polizei habe zwei Handys in einem Eimer voller Farbe entdeckt. Eines ist dem Vernehmen nach das Handy des Opfers gewesen, das andere könnte ein altes Handy der Horneburgerin sein. Das Paar hatte sich im August 2023 getrennt, wie Chatverläufe bestätigten. Häusliche Gewalt war offenbar ein Grund für die Trennung. Der Angeklagte trauerte der Beziehung hinterher und versuchte, dass sie wieder zusammenkommen, sagte ein Polizist.
Als weitere Zeugen wurden drei Nachbarn gehört. Ein Ehepaar berichtet von Streit und Geschrei. „Nicht regelmäßig, aber in Abständen“, sagte die Frau. Auch das Wort „Hilfe“ sei unter den Schreien dabei gewesen. Nähere Angaben konnten die Nachbarn allerdings nicht machen.
Nebenklage fordert mindestens 15.000 Euro für die Töchter
Die Nebenklage kündigte ein Adhäsionsverfahren an. Dabei haben Geschädigte bereits im Strafverfahren die Möglichkeit, Ansprüche wie Schmerzensgeld geltend zu machen. Der Anwalt forderte für die beiden erwachsenen Kinder, 18 und 25 Jahre alt, Schadensersatz in Höhe von je mindestens 15.000 Euro für „psychische Schmerzen“ und „emotionale Verletzungen“. Beide Kinder hätten seit dem Tod ihrer Mutter, die eine „enge Bezugsperson“ war, Panikattacken und Schlafstörungen. Ein Arzt in Polen habe eine Belastungsstörung diagnostiziert.
Nächster Verhandlungstag ist am Dienstag, 5. März, 9 Uhr. Ein Gutachter soll dann aussagen, zudem halten Nebenklage und Staatsanwaltschaft ihre Plädoyers. Der Vorsitzende Richter Marc Sebastian Hase setzte für den 26. März einen weiteren Prozesstag an, dann soll auch die Verteidigung ihr Plädoyer halten.