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E-Mobilität

TForschung im Stader Chemie-Park: Durchbruch bei hochreinem Lithium

Ideengeber und Antreiber: Unternehmenschef Dr. Axel C. Heitmann in einem der Labore im Stader Chemie-Park.

Ideengeber und Antreiber: Unternehmenschef Dr. Axel C. Heitmann in einem der Labore im Stader Chemie-Park. Foto: Skalnik/ Prime Lithium

Prime Lithium kommt bei der Forschung für die Produktion von hochreinem Lithium im Chemie-Park auf Bützflethersand voran. Es sei ein Durchbruch gelungen, teilt das Unternehmen mit. Ist damit der Weg frei für ein umfangreiches Industrieprojekt?

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Von Lars Strüning
Dienstag, 16.07.2024, 05:50 Uhr

Stade. Prime Lithium gehört zu den Hoffnungsträgern im Industriegebiet auf Bützflethersand - und damit für eine ganze Region. Die Erwartungen scheinen sich zu erfüllen.

Lithium-Produktion in Stade ab 2030 im großen Stil

„Prime Lithium feiert Durchbruch bei der erstmaligen Herstellung von extrem reinem Lithium für Hochleistungsautobatterien in Deutschland“, ist eine Pressemitteilung überschrieben. Prime Lithium will bis 2030 eine der ersten Hightech-Produktionsanlagen zur Herstellung von Lithiumhydroxid Monohydrat (LHM) für Autobatterien in Deutschland errichten. Standort: der Chemie-Park Stade neben Dow.

Jetzt konnte die AG mit Sitz in Hamburg offenbar früher als erwartet einen entscheidenden Durchbruch erzielen. „Wir sind stolz darauf, dass es uns mit einem neuen, nachhaltigen Verfahren gelungen ist, erstmals in Deutschland Lithium in höchstem Reinheitsgrad aus Spodumen-Erz zu gewinnen“, sagt der Chemiker und CEO von Prime Lithium, Dr. Axel C. Heitmann.

Und weiter selbstbewusst: Der Rohstoff werde die Herstellung von leistungsstärkeren und betriebssicheren Hochleistungsbatterien für E-Autos ermöglichen und entscheidend zur Stärkung des Automobilstandorts Deutschland beitragen.

Erzielt wurde der Durchbruch im Prime Lithium Forschungszentrum in Stade, wo Heitmann mit einem interdisziplinären Team seit Juli 2023 an einer deutschen Entwicklung für die Schlüsselkomponente der Elektromobilität arbeitet - jenseits der derzeit üblichen Herstellungsverfahren.

Batterien mit mehr Reichweite und längerem Leben

Mit den dabei entstandenen, in Kernbereichen bereits zum Patent angemeldeten, neuen Verfahren sei es nun erstmals möglich, hochreines LHM in „battery-grade-Qualität“ herzustellen. Für die weitere Entwicklung von Hochleistungsbatterien für den elektrischen Verkehr sei das von entscheidender Bedeutung, weil schon minimalste Verunreinigungen zu den bekannten Problemen führen könnten: geringere Reichweite, verkürzte Lebensdauer, längere Ladezeiten oder gar gefährliche Batteriebrände.

Neben der extrem hohen Reinheit ermögliche das neue Prime-Lithium-Verfahren auch die bisher ressourcen- und umweltschonendste Herstellung von LHM. „Wir haben Prozesse entwickelt, die es erlauben, unser Lithium nahezu CO2-neutral herzustellen, indem wir die Emissionen im Produktionsprozess auffangen und als wertvollen Rohstoff wieder direkt in die Produktion zurückführen“, erklärt Heitmann. Zum ersten Mal werde eine CCU-Technologie (Carbon-Capture & Utilisation) in der Lithiumproduktion angewendet.

Noch in diesem Jahr will die Prime Lithium AG mit dem Bau einer Hightech-Pilotanlage im Chemie-Park Stade starten. Mit der Pilotanlage sollen einzelne Verfahrensschritte weiter optimiert und für die ab 2030 geplante Großproduktion skaliert werden. Allein die Pilotanlage soll 50 Millionen Euro kosten.

Erste von drei Großanlagen kostet 700 Millionen Euro

Sollte bis 2030 eine Großanlage gebaut werden, würden nach Angaben der Betreiber 700 Millionen Euro nach Stade fließen. Zwei weitere Anlagen könnten folgen. Für den ersten Schritt wird mit etwa 350 Angestellten gerechnet, sagte Heitmann im April im Gespräch mit dem TAGEBLATT.

Heitmanns Ziel ist eine „eigenständige und resiliente Batteriewertschöpfungskette in Deutschland“, um die Abhängigkeiten von China abzubauen.

Lithium gilt als der Leistungsträger für moderne Hochleistungsbatterien für die Elektromobilität. Europa sei bei dieser Schlüsselkomponente für EV-Batterien derzeit noch zu 100 Prozent auf Importe aus Übersee angewiesen. Die gestiegene Nachfrage in den Bereichen Elektromobilität und Photovoltaik habe Lithium zum aktuell begehrtesten Rohstoff der Welt gemacht. Von 2015 bis 2022 stieg die globale Nachfrage von 40.000 auf 134.000 Tonnen.

Bei einem Bedarf von 38 Kilogramm LHM pro Hochleistungsenergiespeicher könne die Prime Lithium AG mit ihrer ersten Produktionslinie jährlich LHM für mehr als 500.000 EV-Batterien bereitstellen. Im Endausbau sind 60.000 Tonnen LHM für die Produktion von 1,5 Millionen Elektrofahrzeugbatterien geplant.

Die Prime Lithium hat von den Dow-Flächen 22 Hektar vertraglich reserviert und will dort von der „etablierten, hochentwickelten und wettbewerbsfähigen Chemie-Infrastruktur profitieren“. Schlüsselrohstoffe könnten direkt und auf kurzem Wege von Dow bezogen werden. Umgekehrt könnten die Aktivitäten der Prime Lithium AG die Strukturen des Chemie-Parks stärken.

Stader Seehafen spielt eine zentrale Rolle

So können Lithium-Vorprodukte am Seehafen Stade angeliefert und das bei der Herstellung entstehende Koppelprodukt Analcim von dort für die europäische Keramikindustrie verschifft werden.

Prime Lithium ist derzeit nicht das einzige Unternehmen, das im Chemie-Park für Furore sorgt. Wie berichtet fand gerade der erste Spatenstich für den Bau des Terminals für verflüssigte Gase wie LNG statt. Investitionsvolumen: gut eine Milliarde Euro. Zudem könnte in der Nachbarschaft zur AOS ein Holzkraftwerk entstehen, für das ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag aufgewendet werden soll.

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