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Schiffsunglück

TTraurige Gewissheit: Fünf Seeleute bei Frachter-Kollision gestorben

Mit sichtbaren Schäden hat der Frachter „Polesie“ in Cuxhaven festgemacht.

Mit sichtbaren Schäden hat der Frachter „Polesie“ in Cuxhaven festgemacht. Foto: Fischer

Fünf Seeleute fanden bei dem Schiffsunglück bei Helgoland den Tod. Das steht nun für das Havariekommando in Cuxhaven fest. Nach dem Großeinsatz im Seegebiet wurde die Suche nach Vermissten eingestellt. Die behördliche Aufarbeitung beginnt.

Von Tim Fischer Mittwoch, 25.10.2023, 17:35 Uhr

Cuxhaven. Am frühen Dienstagmorgen gegen 5 Uhr war es zu der Schiffskollision in der Deutschen Bucht gekommen. Etwa zwölf Seemeilen (22 Kilometer) südwestlich der Insel Helgoland und 17 Seemeilen (31 Kilometer) nordöstlich der Insel Langeoog stießen die Frachtschiffe „Polesie“ (190 Meter) und „Verity“ (90 Meter) zusammen. Das Havariekommando mit Sitz in Cuxhaven übernahm die Gesamteinsatzleitung.

Am Mittwochmorgen gab das Havariekommando bekannt, dass die Suche nach den vier vermissten Seeleuten der gesunkenen „Verity“ in der Nacht eingestellt werden musste. „Wer in so einem Wrack eingeschlossen ist, hat bei den Temperaturen keine Überlebenschance mehr“, weiß Dr. Robby Renner, Leiter des Havariekommandos. Die Nordsee hat gegenwärtig 12 Grad Wassertemperatur. Renner bedauert: „Fünf Seeleute konnten nicht gerettet werden. Unsere Gedanken sind bei den Familien und Angehörigen.“

Robby Renner, Leiter des Havariekommandos, berichtet auf der Pressekonferenz im Havanehostel in Cuxhaven über die aktuelle Lage.

Robby Renner, Leiter des Havariekommandos, berichtet auf der Pressekonferenz im Havanehostel in Cuxhaven über die aktuelle Lage. Foto: Fischer

Sechs Hubschrauber, 25 Schiffe und zwei Flugzeuge im Einsatz

Das gesamte infrage kommende Seegebiet war noch in der Nacht zu Mittwoch ein weiteres Mal komplett abgesucht worden. Kapitän Michael Ippich von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) berichtete von insgesamt sechs Hubschraubern, 25 Schiffen und zwei Flugzeugen, die am Einsatz beteiligt gewesen waren: „Das gesamte Seegebiet wurde durchkämmt.“

Zwei Menschen waren bereits am Dienstag von den Einsatzkräften gerettet worden. Eine Person konnte zu dem Zeitpunkt nur noch tot geborgen werden. Insgesamt hatten sich zum Zeitpunkt der Kollision sieben Besatzungsmitglieder an Bord der „Verity“, die unter britischer Flagge fuhr und zur britisch-niederländischen Reederei Faversham Ships gehört, befunden.

Grafik-Karte Nr. 106294, Querformat 90 x 70 mm, „Verortung der Kollision zweier Frachter in der Nordsee“; Grafik: P. Massow; Redaktion: B. Schaller

Grafik-Karte Nr. 106294, Querformat 90 x 70 mm, „Verortung der Kollision zweier Frachter in der Nordsee“; Grafik: P. Massow; Redaktion: B. Schaller Foto: dpa

Die Havarie sorgte am Mittwoch für eine Gewässerverschmutzung. Aus dem Wrack der „Verity“ traten bis Mittwochnachmittag circa 90 Liter Diesel von insgesamt 127 Kubikmeter Marinediesel an die Wasseroberfläche. Das Überwachungsflugzeug „Do 228“ habe bemerkt, dass rund um die Untergangsstelle tischtennisballgroße Blasen auftreten, so Dr. Renner. Der Treibstoff befinde sich auf einer größeren Fläche von etwa 20 mal 200 Meter (Stand Mittwochmittag). Weil er zu leicht sei, könne man ihn jedoch nicht von der Wasseroberfläche aufnehmen. Allerdings verdunste er auch. Eine Gefahr soll das Leck nicht bedeuten. Laut eines Driftmodells für die nächsten drei Tage des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrografie werde der Treibstoff nicht an die Küste oder die Insel Helgoland treiben, so Renner.

ARCHIV - 14.06.2013, Niederlande, Rotterdam: Der Frachter "Polesie" läuft am 14.6.13 aus Rotterdam aus. Nach einem Zusammenstoß von zwei Frachtschiffen am Dienstagmorgen in der Nordsee werden mehrere Menschen vermisst. Der Unfall ereignete sich rund 22 Kilometer südwestlich der Insel Helgoland und 31 Kilometer nordöstlich der Insel Langeoog, wie das Havariekommando am Dienstag mitteilte. Foto: Dietmar Hasenpusch/Dietmar Hasenpusch Photo-Productions/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der havarierte Frachter „Polesie“ soll Berichten zufolge noch heute nach Cuxhaven gebracht werden. Foto: Dietmar Hasenpusch Photo-Productions/dpa

„Polesie“ liegt seit Mittwochfrüh an der Seebäderbrücke

Der Frachter „Polesie“ hat sich noch in der Nacht auf den Weg nach Cuxhaven begeben. Am frühen Mittwochmorgen gegen 4.15 Uhr machte das Schiff an der Seebäderbrücke in Cuxhaven fest. Offenbar kollidierte das Frachtschiff an der vorderen Steuerbordseite mit der „Verity“. Blaue Farbreste befinden sich an der Seite des Frachters. Sie legen nahe, dass sie vom blauen Rumpf der „Verity“ stammen. Die Seebäderbrücke wurde abgeriegelt.

Frachter stoßen nahe Helgoland zusammen

Foto: Jonas Walzberg/dpa

Das Frachtschiff «Polesie» wird in der Nacht von zwei Schleppern an den Kai der ...
Das Frachtschiff «Polesie» wird in der Nacht von zwei Schleppern an den Kai der Seebäderbrücke gezogen. Foto: Jonas Walzberg/dpa Foto: Jonas Walzberg/dpa

Foto: Handout/PA Media/dpa

Zusammenstoß von zwei Frachtschiffen in der Nordsee. Foto: Handout/PA Media/dpa
Zusammenstoß von zwei Frachtschiffen in der Nordsee. Foto: Handout/PA Media/dpa Foto: Handout/PA Media/dpa

Foto: Handout/P&O/PA Media/dpa

Ein Suchscheinwerfer des P&O-Kreuzfahrtschiffs «Iona», sucht das Wasser in der N...
Ein Suchscheinwerfer des P&O-Kreuzfahrtschiffs «Iona», sucht das Wasser in der Nähe der Stelle ab, an der das britische Frachtschiff «Verity» nach einer Kollision mit dem Schiff «Polesie» in der Nordsee nahe der deutschen Insel Helgoland gesunken ist. Foto: Handout/P&O/PA Media/dpa Foto: Handout/P&O/PA Media/dpa

Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) koord...
Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) koordinieren in der Rettungsleitstelle See, dem sogenannten Maritime Rescue Co-ordination Centre (MRCC), den Such- und Rettungseinsatz. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

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Robby Renner (r), Leiter des Havariekommandos und Michael Ippich von der Deutsch...
Robby Renner (r), Leiter des Havariekommandos und Michael Ippich von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, bei einer Pressekonferenz nach der Kollision zweier Frachter in der Nordsee. Foto: Sina Schuldt/dpa Foto: Sina Schuldt/dpa

Foto: Dietmar Hasenpusch/Dietmar Hasenpusch Photo-Productions/dpa

Der Frachter "Verity" ist nach einem Zusammenstoß mit einem Frachter zwischen He...
Der Frachter "Verity" ist nach einem Zusammenstoß mit einem Frachter zwischen Helgoland und Langeoog gesunken. Foto: Dietmar Hasenpusch/Dietmar Hasenpusch Photo-Productions/dpa Foto: Dietmar Hasenpusch/Dietmar Hasenpusch Photo-Productions/dpa

Foto: Dietmar Hasenpusch/Dietmar Hasenpusch Photo-Productions/dpa

Der Frachter "Polesie" ist in ein Schiffsunglück in der Nordsee verwickelt. Foto...
Der Frachter "Polesie" ist in ein Schiffsunglück in der Nordsee verwickelt. Foto: Dietmar Hasenpusch/Dietmar Hasenpusch Photo-Productions/dpa Foto: Dietmar Hasenpusch/Dietmar Hasenpusch Photo-Productions/dpa

Foto: Jonas Walzberg/dpa

Der Seenotrettungskreuzer «Hermann Marwede» koordiniert die Suche vor Ort (Archi...
Der Seenotrettungskreuzer «Hermann Marwede» koordiniert die Suche vor Ort (Archivbild vom März 2023). Foto: Jonas Walzberg/dpa Foto: Jonas Walzberg/dpa

Foto: Jonas Walzberg/dpa

dpatopbilder - Nach der Kollision mit einem anderen Frachter auf der Nordsee vor...
dpatopbilder - Nach der Kollision mit einem anderen Frachter auf der Nordsee vor Helgoland wird das Frachtschiff «Polesie» in der Nacht von zwei Schleppern an den Kai der Seebäderbrücke in Cuxhaven gezogen. Foto: Jonas Walzberg/dpa Foto: Jonas Walzberg/dpa

Den 22 Seeleuten der „Polesie“ gehe es physisch gut. Seelischen Beistand erhielten sie seitens des psychosozialen Dienstes des Havariekommandos, damit ist die Seemannsmission Cuxhaven betraut.

Und wie geht es jetzt mit dem in der Nordsee - in einer Tiefe von etwa 30 Metern - liegenden Wrack der „Verity“ weiter? Mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt werde an einer Bergungsverfügung gearbeitet, um den weiteren Austritt des Kraftstoffes zu stoppen beziehungsweise das gesunkene Schiff durch spezialisierte Firmen zu bergen. Für die Schifffahrt sei rund um das Wrack zunächst ein Sperrradius von zwei nautischen Seemeilen gezogen worden, teilt der Leiter des Havariekommandos mit.

Die Rettungskräfte wollen die Suche nach Überlebenden der Harvarie bis Mitternacht fortsetzen.

Die Rettungskräfte wollen die Suche nach Überlebenden der Harvarie bis Mitternacht fortsetzen. Foto: Handout/PA Media/dpa

Bereits am Dienstag seien bei Stauwasser zwei Tauchgänge zum Wrack unternommen worden, die allerdings abgebrochen werden mussten. Allerdings habe man am Mittwoch ein autonomes Unterwasserfahrzeug (AUV), einen Tauchroboter, einsetzen können. In erster Linie diente dies der Schadenbegutachtung. Demnach sei die „Verity“ nicht auseinandergebrochen.

Staatsanwaltschaft ermittelt auch wegen fahrlässiger Tötung

Die Untersuchung der Kollisionsursache liege nicht beim Havariekommando, sondern bei der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in Hamburg. Die Staatsanwaltschaft Hamburg sei eingeschaltet, so Renner. Ermittelt wird nach Informationen unseres Medienhauses wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr und der fahrlässigen Tötung.

Mit sichtbaren Schäden hat der Frachter „Polesie“ in Cuxhaven festgemacht.

Mit sichtbaren Schäden hat der Frachter „Polesie“ in Cuxhaven festgemacht. Foto: Fischer

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