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Lange Wartezeiten

TFrüherer Arzttermin gegen 150 Euro Aufpreis – Das geht so nicht

Ärzte dürfen gesetzlich Versicherten keine früheren Termine gegen Aufpreis anbieten, stellte ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf klar.

Ärzte dürfen gesetzlich Versicherten keine früheren Termine gegen Aufpreis anbieten, stellte ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf klar. Foto: Benjamin Nolte/dpa-tmn

Monate vergehen bis zum Termin in der Facharztpraxis: Gesetzlich Versicherte kennen das gut. Was, wenn der Arzt einen früheren Termin anbietet - allerdings gegen Geld?

Von Redaktion Dienstag, 08.10.2024, 10:05 Uhr

Ein früherer Termin innerhalb der Kassensprechstundenzeit gegen einen Aufpreis von 150 Euro: So ein Angebot dürfen Ärztinnen und Ärzte gesetzlich Versicherten nicht machen. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Az.: 34 O 107/22), auf das die Verbraucherzentrale hinweist, die selbst geklagt hatte.

Zahlen - oder mehrere Monate warten

Konkret ging es um einen Augenarzt, der über ein Online-Buchungsportal auch gesetzlich Versicherten Selbstzahler-Termine angeboten hatte. 150 Euro sollte ein Kassenpatient für einen früheren Augenarzttermin zahlen, den seine Ehefrau für ihn gebucht hatte - oder eben mehrere Monate warten. Darüber informierte eine Praxismitarbeiterin die Frau nach der Online-Buchung telefonisch. Letztendlich sagte die Frau den Termin für ihren Mann ab.

Der Mann wandte sich an die Verbraucherzentrale, diese mahnte den Augenarzt eigenen Abgaben zufolge ab. Weil der Mediziner darauf verzichtete, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, landete der Fall vor dem Landgericht Düsseldorf.

Sprechstundenzeit für Kassenpatienten

Das Gericht entschied: Der Augenarzt hat es künftig zu unterlassen, solche Termine anzubieten. Entscheidender Teil der Begründung: Der Termin gegen Aufpreis hätte innerhalb der Sprechstundenzeit stattgefunden, die für gesetzlich Versicherte vorgesehen ist. Hintergrund ist, dass Vertragsärztinnen und -ärzte dazu verpflichtet sind, mindestens 25 Stunden pro Woche für Kassenpatienten zur Verfügung zu stehen.

Das Gericht verwies in seinem Urteil zudem auf die geltende Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte. Demnach sei es ihnen nicht gestattet, etwa von Patientinnen Geschenke oder andere Vorteile zu fordern, „wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird“. Gegen diese Vorschrift habe der Augenarzt verstoßen.

Auf anderen Wegen zum schnelleren Arzttermin

Doch natürlich ist der Frust groß, wenn man sich in einer Facharztpraxis erst in vielen Monaten vorstellen kann - und die Versuchung, sich einen früheren Termin zu „erkaufen“, vielleicht vorhanden. Davon raten die Verbraucherschützer allerdings ab - und verweisen auf Alternativen: So gibt es die Möglichkeit, sich vom Hausarzt oder der Hausärztin an eine Facharztpraxis weitervermitteln zu lassen. Dafür kann ein sogenannter Dringlichkeitscode zum Einsatz kommen.

In Notfällen gibt es die Option, offene Sprechstunden aufzusuchen, für die es keinen Termin benötigt. Vertragsärztinnen und -ärzte müssen dafür mindestens fünf Wochenstunden freihalten.

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Arzttermine gibt es häufig nur noch weit im Voraus. Wer kurzfristiger einen benötigt, vielleicht noch keinen konkreten Arzt hat oder Hilfestellung braucht, kann folgende Wege nutzen.

1. Tipp: 116117 Terminservice:

Der offizielle Service der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist telefonisch über die Nummer 116117 zu erreichen, über die 116117-App oder im Internet unter „116117-termine.de“. Das Versprechen: In maximal sieben Tagen erhalten gesetzlich Krankenversicherte einen Termin innerhalb der nächsten vier Wochen. Aussuchen kann man den Arzt aber nicht.

2. Tipp: Termin-Apps:

Viele Arztpraxen nutzen inzwischen Apps für das Vereinbaren von Terminen, etwa Doctolib, Samedi oder Jameda. So können beim eigenen Arzt freie Termine gesucht werden, man kann aber auch gezielt nach Terminen bei Arztpraxen bestimmter Fachrichtungen im Umkreis suchen. Wer möchte, wird auch benachrichtigt, falls jemand anderes absagt und spontan ein Platz frei wird.

3. Tipp: Krankenkassen-Terminservice:

Einige Krankenkassen bieten Hilfe bei der Terminsuche an. Machen Sie sich bei Ihrer Kasse schlau - vielleicht können Sie dort per Online-Formular oder telefonisch Terminwünsche angeben. Allerdings vermittelt nicht jede Kasse an jede Fachrichtung und eine freie Arztwahl gibt es auch nicht unbedingt.

4. Tipp: Videosprechstunde:

Sie sind nicht auf einen Termin vor Ort angewiesen? Einige Ärzte und Ärztinnen bieten Videosprechstunden an, in der vielleicht schon früher ein Termin frei ist. Auch an manche Krankenkassen können deren Versicherte sich wenden und bekommen einen Video-Termin vermittelt.

Übrigens: Für manche Fachärzte, etwa einen Radiologen, ist eine Überweisung nötig, hier kann also nicht direkt ein Termin vereinbart werden. Dann ist erst ein Hausarzt-Termin fällig, wo die Überweisung ausgestellt wird, wenn der Arzt das für sinnvoll hält.

Weiter viele Atemwegserkrankungen in Deutschland

Die einen haben schon wieder Corona, andere schniefen wegen Rhinoviren. Zahlreiche Erkältungen plagen die Menschen, wie die aktuellen Zahlen bestätigen. Zwar habe sich der Anstieg aus den Vorwochen nicht fortgesetzt, aber weiterhin seien vergleichsweise viele Menschen betroffen, heißt es im aktuellen Bericht zu Atemwegserkrankungen des Robert Koch-Instituts (RKI). Infiziert hätten sich die Menschen vor allem mit Rhinoviren und Coronaviren.

In der Woche ab dem 23. September habe es geschätzt rund 8.600 Atemwegserkrankungen pro 100.000 Einwohnern (Vorwoche: 9.100) gegeben. Davon seien rund 1.400 Covid-19-Erkrankungen gewesen.

AOK: Krankschreibungen im laufenden Jahr auf Höchststand

Die Zahl der Krankheitsfälle von Beschäftigten in Deutschland steuert in diesem Jahr auf ein Rekordniveau zu. Schon zwischen Januar und August kamen auf 100 Versicherte rund 225 krankheitsbedingte Arbeitsausfälle, wie der AOK-Bundesverband auf Basis von Krankmeldungen ermittelt hat.

Das waren demnach bereits so viele Krankheitsfälle wie im gesamten Vorjahr. Dabei stehe die zu erwartende Krankheitswelle im Herbst und Winter erst noch aus, hieß es. Zum Vergleich: Im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2021 kamen auf 100 Versicherte lediglich knapp 160 Krankheitsfälle pro Jahr.

Den größten Anteil der Fehlzeiten machen der Untersuchung zufolge erneut Atemwegserkranken aus. Auf 100 AOK-Mitglieder kamen im bisherigen Jahresverlauf rund 75 solcher Arbeitsunfähigkeitsfälle. Auch hier rechnet die Krankenversicherung für das laufende Jahr mit einem erneuten Höchstwert.

Weiterer Treiber sind psychische Erkrankungen

Zu den Treibern zählen die Versicherer allerdings auch psychische Erkrankungen. Hier kamen zwischen Januar und August auf 100 Versicherte rund 15 solcher Fälle und damit bereits mehr als im Gesamtjahr 2023. Weil Arbeitnehmer bei solchen Erkrankungen in der Regel deutlich länger krankgeschrieben sind als etwa bei einer Erkältung, hat sich die Zahl der Fehlzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen zwischen 2014 und 2024 um fast die Hälfte erhöht.

Seit 2021 können sich Arbeitnehmer auch telefonisch krankschreiben lassen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte sich mit Blick auf die steigenden Fehlzeiten jüngst für eine Abschaffung dieser Möglichkeit ausgesprochen. Allerdings gibt es der AOK zufolge keine Belege dafür, dass diese in nennenswertem Umfang missbräuchlich genutzt werde. Es könne aber durchaus sein, dass durch die telefonische Krankschreibung und automatische Übermittlung an die Versicherungen Krankheitsfälle nun umfassender erfasst werden. (dpa-tmn)

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