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TFür diese Maßnahmen müssen Landbesitzer auf der Geest zahlen

Der Königsdamm gleicht einer Hügelpiste. Gegenverkehr hat auf der schmalen Straße schlechte Karten.

Der Königsdamm gleicht einer Hügelpiste. Gegenverkehr hat auf der schmalen Straße schlechte Karten. Foto: Ahrens

Rund um Frankenmoor wird ein Großprojekt geplant: 2,66 Millionen Euro sind unter anderem für Wegebau und Moorvernässung vorgesehen. Die Flurbereinigung kostet - auch für Landbesitzer und Kommunen. Welche Maßnahmen sind geplant und wer zahlt wie viel?

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Von Sophia Ahrens
Montag, 30.10.2023, 18:30 Uhr

Frankenmoor. Dutzende Landeigentümer reden wild durcheinander. In Krögers Gasthof in Ohrensen wurde zu einer Infoveranstaltung zum Thema „Flurbereinigung Frankenmoor“ geladen. Der große Andrang zeigt: Das Thema beschäftigt viele Grundbesitzer in dem 1602 Hektar großen Gebiet. Viele stehen dem kryptischen Namen noch ratlos gegenüber - und einige kritisch.

Schon seit fünf Jahren arbeitet ein Arbeitskreis an dem Projekt mit dem unhandlichen Begriff „Flurbereinigungsverfahren“. Zwei Millionen Euro Förderung durch das Amt für regionale Landesentwicklung stehen in Aussicht. Mit diesem Geld soll das Verfahren unterschiedlichen Interessen nutzen: Landwirtschaft, Naturschutz, Wegebau und Naherholung. Von den geplanten Maßnahmen profitieren auch die Landbesitzer rundherum. Deshalb wird nicht alles aus öffentlicher Hand beglichen - und Eigentümer müssen zahlen.

Flurbereinigung im Frankenmoor soll Ökologie und Wegebau dienen

Der Begriff Flurbereinigung ist den meisten Menschen aus Projekten wie beispielsweise einem Autobahnbau geläufig. Das Verfahren kommt unter anderem zum Einsatz, wenn Eigentumsgebiete neu geordnet werden müssen. Zerstückelte Flächen können in der Landwirtschaft nicht effizient bewirtschaftet werden. Die Besitzer bekommen die Möglichkeit, beispielsweise gleichwertige Flächen zu tauschen, sodass alle profitieren.

Ein Flickenteppich: Wolfgang Müller rechnet im Verfahren mit etwa 173 Beteiligten.

Ein Flickenteppich: Wolfgang Müller rechnet im Verfahren mit etwa 173 Beteiligten. Foto: Amt für regionale Landesentwicklung

173 Grundbucheinträge verteilen sich im Projektgebiet auf die 1600 Hektar. Die bunte Karte der Eigentümer offenbart zersplitterte Flächen, vor allem in Bargstedt. Eine Optimierung wird später möglich sein - als positiver Nebeneffekt. Doch die Flurbereinigung konzentriert sich ums Frankenmoor vor allem auf Wegebau, Entwässerung und Ökologie. Die Krux an dem Gebiet: Mit Kutenholz, Bargstedt, Fredenbeck und der Samtgemeinde Fredenbeck sind gleich vier Kommunen involviert. „Es gibt erhebliche Zuschüsse, die wollen wir als Gemeinde auf jeden Fall mitnehmen“, sagt Ulrich Rathjens, Bürgermeister von Bargstedt. Er geht davon aus, dass das Verfahren noch bis 2032 andauern wird.

Arbeitskreis hat Schwerpunkte für 2,66 Millionen Euro festgelegt

Den Arbeitskreis aus Eigentümern, Gemeinden und Behörde beschäftigt die Flurbereinigung schon seit 2018 - obwohl das Verfahren noch gar nicht offiziell eingeleitet ist. Die Gebietsgrenzen wurden vorläufig anhand der geplanten Maßnahmen und der Eigentumsstrukturen festgelegt. Aktuell wird mit vorläufigen Kosten von 2,667 Millionen Euro gerechnet. Die Summe kommt zustande, weil die Höchstförderung vom Land bei 75 Prozent beziehungsweise zwei Millionen Euro liegt. Die restlichen gut 660.000 Euro müssen Eigentümer und Kommumen stemmen.

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Wofür wird das Geld ausgegeben? Die ersten Ergebnisse des Arbeitskreises haben im Punkt Wegebau den Königsdamm als wichtigstes Projekt auserkoren. Die beidseitig bebaute Straße, die als wichtige Verbindungsfunktion zwischen Deinste, Ohrensen und Aspe gilt, soll saniert werden. Der Kostenfaktor ist hoch, da die Straße durch das Moor führt. Weitere Wege sollen, wenn noch Geld vorhanden ist, ebenfalls für den Verkehr fit gemacht werden.

Das Frankenmoor soll wiedervernässt werden

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Entwässerung: Der Stühgraben in Wedel wurde in den 60er Jahren mit Rohren versehen und entwässerte so ein circa 240 Hektar großes Gebiet, das teilweise bebaut ist. Die Rohre sind inzwischen sanierungsbedürftig und drohen einzustürzen, heißt es in den Grundsätzen des Verfahrens.

Im Naturschutzgebiet Frankenmoor spielt die Wiedervernässung eine große Rolle. Um einen Konflikt von Landwirtschaft und Naturschutz zu vermeiden, sollen die privaten Flächen im Verfahren in öffentliche Hand wandern. Sobald genügend Flächen getauscht oder gekauft wurden, will der Landkreis in dem Gebiet Wiedervernässungsmaßnahmen starten.

So nass wie an dieser Stelle ist das Frankenmoor längst nicht überall. Das will der Landkreis ändern.

So nass wie an dieser Stelle ist das Frankenmoor längst nicht überall. Das will der Landkreis ändern. Foto: Ahrens

25 Prozent der Gesamtsumme, also gut 660.000 Euro, die nicht vom Land gefördert werden, müssen Gemeinden und Eigentümer übernehmen. Landbesitzer stellen sich nun die drängende Frage: Was muss ich zahlen, wenn das Verfahren beginnt und meine Flächen in das Gebiet fallen? Die Flurbereinigung sieht vor, dass die Kommunen mindestens 12,5 Prozent der Gesamtsumme, also die Hälfte der 660.000 Euro übernehmen. Wenn es die Haushaltslage hergibt, können die Gemeinden auch mehr zahlen. Die restlichen Beträge würden auf die Eigentümer zurückfallen.

Was Landbesitzer für die Flurbereinigung zahlen müssen

Für die Landbesitzer in der Gemeinde Bargstedt gibt es schon eine gute Nachricht: Per Ratsbeschluss sichert die Gemeinde zu, den gesamten Anteil zu übernehmen. Nach der aktuellen Kalkulation, die den Stühgraben noch nicht berücksichtigt, wären das gut 280.000 Euro. „Die Bereiche werden nicht nur landwirtschaftlich genutzt, sondern auch zur Naherholung von unseren Bürgern“, begründet Bürgermeister Rathjens den Entschluss.

Die anderen Gemeinden haben zwar schon ihre Unterstützung beschlossen, allerdings noch keine Prozentzahl festgelegt. Auf die Eigentümer in diesen Gebieten kann daher eine Summe von null bis 120 Euro pro Hektar zukommen. Wird nur der Mindestsatz von 12,5 Prozent übernommen, muss Fredenbeck 28.000 Euro zahlen, Kutenholz knapp 90.000 Euro und die Samtgemeinde Fredenbeck 25.500 Euro.

Gemischte Reaktionen der Landbesitzer zum Verfahren

Bei den Eigentümern fällt die Freude über das Projekt daher sehr unterschiedlich aus. „Die Euphorie ist ein bisschen verflogen, wir sind damit schon fünf Jahre am Gange“, sagt ein Landwirt aus Wedel. Der Stühgraben und der Königsdamm haben für ihn wenig Nutzen. „Mir bringt es nichts, aber zahlen muss ich trotzdem.“ Er befürchtet, dass die Fördergelder von diesen beiden Projekten verschlungen werden - und für kleinere Maßnahmen nichts mehr übrig bleibt. Er und ein Kollege aus Aspe hoffen daher auf neue Windparks, durch die die Wege in ihren Orten ausgebaut werden könnten.

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Gerd Pott aus Bargstedt sagt zum ausgewählten Gebiet: „Man muss einen Kompromiss finden, wir können von den Frankenmoorern nicht verlangen, das alles alleine zu zahlen.“ Auch Projektleiter Wolfgang Müller sieht die Solidargemeinschaft: „Wenn meine Nachbarfläche durch den Graben richtig entwässert wird, habe ich auch einen Vorteil, weil das Wasser nicht auf meine Fläche läuft.“

Die Summen, die für die einzelnen Maßnahmen eingepreist werden, sind vorläufig - ebenso das Projektgebiet und die Ideen selbst. Endgültig entscheidet ein gewählter Vorstand, wie und wo die 2,6 Millionen landen. Dafür muss die Flurbereinigung aber erst angeordnet werden - und das steht noch aus.

Wenn das Verfahren angelaufen ist, sind die Landbesitzer und Kommunen aber in der Pflicht. Auch ein offizieller Widerspruch wäre nicht zwingend mit Erfolg gesegnet: „Eigentum verpflichtet laut Grundgesetz, gewissen planerischen Sachen kann man sich nicht verschließen“, so Müller.

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