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Stadtentwicklung

TGegen die Angst auf dem Pferdemarkt: SPD entwickelt mit Bürgern ein Konzept

Der Pferdemarkt in der Stader Innenstadt: Bei vielen löst er Unsicherheit aus, besonders nach Einbruch der Dunkelheit.

Der Pferdemarkt in der Stader Innenstadt: Bei vielen löst er Unsicherheit aus, besonders nach Einbruch der Dunkelheit. Foto: Richter

Viele Stader und vor allem Staderinnen fühlen sich auf dem Pferdemarkt nicht mehr sicher. Das hatte die Stader SPD zum Anlass genommen, zum Runden Tisch zu bitten. Jetzt hat sie daraus ein Konzeptpapier zur Verbesserung der Situation entwickelt.

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Von Anping Richter
Mittwoch, 07.02.2024, 14:05 Uhr

Stade. Alkoholmissbrauch, Pöbeleien, Übergriffe, Müll und Uringestank: Klagen über solche Missstände auf dem Stader Pferdemarkt kamen Sozialdemokraten zunehmend zu Ohren. Im Oktober 2023 lud die Stader SPD deshalb zu einem Austausch ein. „Angstraum Pferdemarkt?“ stand auf dem Flyer, der in Briefkästen und Händen vieler Anwohner und Geschäftsleute landete. Die SPD lud ein, darüber am Runden Tisch ins Gespräch zu kommen, Ursachen auszumachen und gemeinsam Lösungen zu suchen.

Das TAGEBLATT griff das Thema mit einem Rundgang mit der Polizei, einer Reportage und Folgeberichten auf. Zuschriften und Kommentare von Lesern bestätigten die geschilderten Probleme. Im November wurde der Pferdemarkt Thema im Ausschuss für Feuerwehr, Sicherheit und Verkehr. Die Polizei verstärkte ihre Präsenz auf dem Pferdemarkt insbesondere in der Zeit von 18 bis 20 Uhr, und die Stadt ließ die Beleuchtung nach dem Ende des Weihnachtsmarkts hängen, um mehr Licht in die Straßen zu bringen.

Die SPD will das Entstehen einer No-Go-Area verhindern

Die Kriminalitätsstatistik zeigt, dass es nicht zu einem relevanten Anstieg von Straftaten auf dem und um den Pferdemarkt gekommen ist. Doch die Ängste der Bürger, so die SPD, sollten unbedingt ernst genommen werden. Es gehe darum, die Ursachen anzugehen und zu verhindern, dass eine No-Go-Area entsteht. „In den Augen von Bürgerinnen und Bürgern haben wir zugelassen, dass der Pferdemarkt zu einem Kriminalitätsschwerpunkt und rechtsfreien Raum wird“, heißt es in dem Konzeptpapier, das die SPD aus dem Runden Tisch heraus entwickelt hat.

Es überrasche nicht, dass sich am zentralen Platz in der Stadt auch die gesellschaftlichen Probleme zeigen. Der Eindruck zunehmender Verrohung sei ernst zu nehmen, findet die SPD. Doch sie will auch zwischen realen Problemen und gefühlter Bedrohung differenzieren: Letztere werde oft mit der Präsenz vieler junger Männer mit erkennbarem Migrationshintergrund in Verbindung gebracht. Diese jungen Männer nutzten den öffentlichen Raum anders, als die Mehrheitsgesellschaft es gewohnt sei. Sie seien dadurch in der Wahrnehmung sehr präsent, was bei vielen zu einem Gefühl der Überfremdung führe. Das allein auf Rassismus und Fremdenhass zurückzuführen, greife zu kurz, berge laut SPD aber „enormen Sprengstoff für das soziale Miteinander in unserer Stadt“.

Im November hat die SPD zum Runden Tisch in Sachen Pferdemarkt gebeten - und die Sorgen und Ängste von Stadern ebenso notiert wie ihre Ideen und Vorschläge.

Kai Koeser (SPD) sammelt und sortiert beim Runden Tisch der SPD zum Thema „Angstraum Pferdemarkt?“ die Eindrücke und Ideen der Bürger. Foto: Anping Richter

Ideen: Eine Rap-Bühne oder ein Picknick für alle auf dem Pferdemarkt

Was tun? Die SPD will dafür sorgen, dass Vorschläge vom Runden Tisch umgesetzt werden. So soll die Polizeipräsenz im Alltag durch eine bessere personelle Ausstattung der Kontaktbeamten verstärkt werden. Ein regelmäßig tagender Kriminalpräventionsrat soll prüfen, ob zusätzlich ein neuer städtischer Ordnungsdienst sinnvoll sein könnte und welche Rolle die ehrenamtlichen „Bürger im Dienst“ spielen könnten. Auch der Einsatz von Notruf-Apps oder Videoüberwachung soll geprüft und die Kommunalen Betriebe sollen besser ausgestattet werden - im Rahmen eines gesamtstädtischen Konzepts gegen Verdreckung und Wildmüll. Bei der geplanten Neugestaltung des Pferdemarkts könnten verschiedene Gruppen beteiligt und ihre Bedürfnisse einbezogen werden.

Ein Ergebnis des Runden Tischs ist, dass es zu wenige Treffpunkte für Jugendliche gibt. Mit diesen Gruppen und der Stadtjugendpflege soll ein Konzept erarbeitet werden, das unterschiedliche soziale Hintergründe berücksichtigt. Denkbar wären alternative Treffpunkte, ein Streetworker, eine Rap-Bühne auf dem Pferdemarkt oder ein temporärer Basketballkorb.

Es gehe auch darum, „dass die Stadt diese Jugendlichen anders erlebt: aktiv, fröhlich, interessiert“. Der Pferdemarkt soll aber nicht nur Jugendlichen mehr bieten, sondern wieder „ein Platz für alle“ werden. Stellvertretend stehe er für die ganze Stadt, ein neues Miteinander und ein neues Wir-Gefühl. Dazu könnten Ideen wie die einer Bürgerin beitragen, die ein öffentliches Picknick auf dem Pferdemarkt vorschlug.

Die Stadtgesellschaft soll sich Regeln für das Zusammenleben geben

Die Schere zwischen subjektivem Sicherheitsgefühl und der objektiv messbaren Gefährdungslage weise auf eine zunehmende Entfremdung gesellschaftlicher Gruppen und wachsendes Misstrauen hin, findet die SPD. „Unsere Gesellschaft ist bunter und vielfältiger geworden. Wir müssen erkennen, dass ein „Stader Junge“ nicht mehr zwangsläufig so aussieht wie vor 20 oder 30 Jahren.“ Doch eine Stadtgesellschaft gebe sich Regeln für das Zusammenleben. Die will die SPD als Leitbild entwickeln - eine Stader Erklärung im Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern, Parteien und Institutionen.

Mehr zum Thema im Fachausschuss und mit einem Experten

Auch die Stader CDU ist besorgt um den Pferdemarkt. Sie beantragt, dass die Stadtverwaltung ein besseres Beleuchtungskonzept für diesen Bereich entwickelt, um Bürgerinnen und Bürgern die Angst zu nehmen oder sie zu mindern. Gleiches gilt für den Stader Bahnhof und sein Umfeld. Mit Deutscher Bahn, Polizei und Bahnhofspolizei sollen außerdem Lösungen für den baulichen Zustand und die Sicherheit gefunden werden. Darüber berät der Ausschuss für Stadtentwicklung, Klima und Umwelt in öffentlicher Sitzung am Donnerstag, 8. Februar, ab 17.30 Uhr im Ratssaal des Historischen Rathauses.

Die SPD lädt dazu ein, sich am Dienstag, 13. Februar, ab 18 Uhr im SPD-Lokal, Archivstraße 1, anzusehen, wie andere Städte mit ihren Problemzonen fertig werden: Falko Droßmann, Bundestagsabgeordneter und früherer Chef des Bezirksamts Hamburg-Mitte, stellt Maßnahmen auf St. Pauli, am Hauptbahnhof und in St. Georg vor.

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