T„Gelbe Säcke immer dünner“: Abfall-Ärger und sein Wahrheitsgehalt

Im Gelben Sack landen noch immer zu viele Fehlwürfe. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa
Jeder kennt es: Der Sack reißt beim Zuschnüren. Der Ärger darüber hält sich hartnäckig. Im Kreis Stade räumt Entsorger Karl Meyer jetzt mit den größten Müll-Mythen auf.
Landkreis. „Wer möchte, dass mehr recycelt wird, der sollte seinen Müll sortenrein trennen“, betonte jüngst Uwe Feige, Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), der die Interessen der kommunalen Ver- und Entsorgungswirtschaft in Deutschland vertritt. Beim VKU weiß man, welche Abfälle häufig in der falschen Tonne landen. Die größten Probleme sind dabei deckungsgleich mit denen im Landkreis Stade.
Prominentes Beispiel gefällig? Etwa, dass zahlreiche Menschen ihren Bioabfall in vom Handel angepriesenen kompostierbaren Plastikbeuteln entsorgen. Dem ist aber nicht so, zumindest nicht ohne Weiteres. Der Landkreis kontrolliert und mahnt dazu seit rund zwei Jahren.
Die zehn größten Müll-Irrtümer im Kreis Stade
Im Kreis Stade ist in den allermeisten Fällen Entsorger Karl Meyer für die Müllabfuhr zuständig. In einer bemerkenswerten Aktion in den Sozialen Netzwerken informiert das Unternehmen am sogenannten „Mythos-Mitwoch“ seit geraumer Zeit über die größten Fehlannahmen, die sich bei den Bürgern offenbar hartnäckig halten.
Die zehn größten Müll-Mythen im Überblick:
„Gelbe Säcke werden immer dünner“
„Definitiv falsch“, heißt es dazu von Karl Meyer in der Instagram-Kampagne. Die generelle Beschaffenheit der Gelben Säcke im Kreis Stade werde von den Dualen Systemen festgelegt. Diese richteten sich dabei „nach dem Mini-Max-Prinzip“, heißt es weiter.
Das bedeutet: „So wenig Material wie nötig für so viele Verpackungen wie möglich.“
Der Entsorger räumt zwar ein, dass die Gelben Säcke sehr dünn seien. Die Beschaffenheit aber habe sich seit Jahren nicht geändert. Dass die Säcke manchmal reißen, hat dann wohl jeder eher mit ihrem Inhalt zu tun. Denn: „Der Gelbe Sack ist nur für leichte Verpackungen gedacht wie zum Beispiel Joghurtbecher, Konservendosen, Getränkeschalen oder Getränkekartons“, so das Unternehmen Karl Meyer. Schwerere Abfälle wie Bratpfannen oder Spielzeug gehörten nicht in den Gelben Sack.
Derzeit holt Karl Meyer die Gelben Säcke im Kreis noch im Auftrag ab. Vom 1.Januar 2025 an ist dann wieder das Recycling Zentrum Stade (RZS), eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Meyer-Gruppe aus Wischhafen, für die Abfuhr verantwortlich. Apropos: In der Debatte um die Einführung einer vom Landkreis favorisierten Gelben Tonne von 2028 an sprach sich RZS-Geschäftsführer Peter Hermes zuletzt im TAGEBLATT klar für das Beibehalten der Sacksammlung aus. Darin sei der Anteil der Fehlwürfe erheblich niedriger. Hermes: „Liegen die Fehlwürfe im Gelben Sack bei circa 17 Prozent, so befinden sich in der Gelben Tonne bis zu 50 Prozent Fehlwürfe.“
Ausschreibung
T Karl Meyer Gruppe holt sich die Gelben Säcke zurück
„Joghurtbecher müssen immer ausgespült werden“
„Auf keinen Fall“, heißt es im Instagra-Post dazu. Das Ausspülen der Becher verschwende nur unnötig Wasser. Es genüge, wenn größere Reste ausgekratzt würden. Karl Meyer:„In der Branche sprechen wir von ,löffelrein‘. Das reicht für den Recyclingprozess aus. Den Rest erledigen die Anlagen.“
Dazu beim Joghurt die Bitte:
- Deckel ab. Nur so könnten die einzelnen Bestandteile auch wirklich recycelt werden.
- Becher einzeln und nicht ineinandergestappel in den Gelben Sack werfen. Den Stapel erschwerten das Recycling.
„In den Gelben Sack gehört nur Plastik“
Fälschlicherweise werde laut Karl Meyer oft angenommen, dass der Gelbe Sack grundsätzlich für alle Arten von Plastikabfällen herhalten darf: „Tatsächlich ist der Gelbe Sack aber dafür da, gebrauchte Kunststoff-Verpackungen zu sammeln, um diese zu recyceln. In den Gelben Sack gehören also zum Beispiel kein Plastikspielzeug, keine Plastikgießkannen und keine Zeltplanen.“
Die Regelung, dass nur Verpackungen mit dem grünen Punkt in den Sack gehören, ist seit Jahren überholt. Eine Änderung, über die viele Menschen und Haushalte wenig Bescheid zu wissen scheinen.
Die Auflistung sieht folgende Kunststoff-, Leicht- und Verbundstoff-Verpackungen im Gelben Sack vor (eine Auswahl):
- Einwickelfolie / Folien / auch Aluminiumfolien, ‑dosen, -deckel, -schalen, -tuben
- Kunststoffflaschen von Spül-, Wasch-, Körperpflegmitteln; auch leere Spraydosen
- Becher (Joghurt etc.)
- PET-Flaschen / Getränkedosen (jeweils ohne Pfand)
- Einweggeschirr
- Fleisch-, Obst- und Gemüseschalen aus Schaumstoff
- Konservendosen / Tierfutterdosen
- Verschlüsse
- Arzneimittelblister (ohne Medikamente!)
- Getränke- und Milchkartons
- Vakuumverpackungen (Kaffee, Suppentüten etc.) / Süßwarenverpackungen
- Styroporverpackungen
- Farbeimer (entleert)
Nicht in den Gelben Sack gehören demnach (eine Auswahl):
- Kunststoffartikel wie CDs / Elektrogeräte
- Feuerzeuge
- Klarsichthüllen oder Kugelschreiber
- Einwegrasierer / Zahnbürsten
- Kinderspielzeuge oder Swimmingpools / Zelte
- Glas
- Pappe / Karton
- Dämmmaterial (dann auch nicht Styropor, Holzwolle)
Notiz am Rande: Im vergangenen Jahr wurden im Landkreis 6217 Tonnen Leichtverpackungen gesammelt.
„Alte Zahnbürsten gehören in den Gelben Sack“
Falsch! Zahnbürsten sind keine Verkaufsverpackungen. Deshalb gehören diese in den Restmüll - außer: In Regionen mit der Wertstofftonne (Gelbe Tonne). Diese ist laut Karl Meyer nicht nur für Verpackungen, sondern auch „für stoffgleiche Nichtverpackungen gedacht“. Dazu gehörten dann auch zum Beispiel Plastikeimer.

Alte Zahnbürsten gehören in den Restmüll und nicht in den Gelben Sack. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
Einwegrasier und Spritzen aller Art sind zudem eine Gefahr für Müllwerker, die sich an ihnen bei der Abholung verletzen können. Dies komme auch immer wieder vor.
„Küchenpapier und Servietten werden über die Papiertonne entsorgt“
Weg vom Plastik - hin zur blauen Papiertonne. Ein weit verbreiteter Mythos sei, dass Papiertücher wie Servietten und Küchenpapier in die Altpapiertonne gehören. Doch der Entsorger warnt: „Gebrauchtes Küchenpapier und benutzte Servietten können mit Nahrungsmittelresten oder Ölen verunreinigt sein, was die Sortierung erheblich erschwert. Sie gehören deshalb in die Restmülltonne.“
Dies gelte ebenso für benutzte Taschentücher: Diese können mit Krankheitserregern behaftet sein und gehöhren deshalb immer in den Restmüll.
Und die korrekte Entsorgung von Kassenbons? Diese sollten im Restmüll und nicht in der Papiertonne landen, da sie nicht aus Fasermaterial bestehen und sich nicht recyceln lassen.
Komplizierter ist beim Geschenkpapier: Ist es aus reinem Papier, kann man es in der Papiersammlung entsorgen. Hat es hingegen eine Kunststoffbeschichtung, kommt es nach dem Auspacken der Präsente besser in den Restmüll. Der Unterschied zeigt sich, wenn das Papier eingerissen ist: Bei beschichtetem Papier kommt oft eine dünne Folie zum Vorschein.
„Trinkgläser gehören nicht in den Altglascontainer“
Richtig, weil: In den Altglas-Containern werden nur Glasverpackungen gesammelt. Denn Trinkgläser haben den Angaben zufolge einen höheren Schmelzpunkt als Verpackungsglas, also Flaschen und Gläser, die zum Altglas gehören.
Unterschiedliche Schmelzpunkte führen bei der Produktion von neuem Glas laut Karl Meyer zum Beispiel „zu kleinen Einschlüssen“. Diese könnten unter anderem dazu führen, dass das Glas später brüchig werde, zerspringe und so Splitter ins Lebensmittel gelangten. Trinkgläser im Altglas könnten das Recycling in schweren Fällen sogar ganz verhindern.
„Bei der Leerung der Glascontainer wird doch sowieso wieder alles zusammengekippt“
Das stimmt nicht. Was nicht für jeden bei der Abholung von außen zu sehen ist: Die Container auf den Sammelfahrzeugen bestehen aus Kammern, sodass Weiß- und Buntglas tatsächlich unterschiedlich aufgeladen werden.
„Kompostierbare Plastiktüten gehöhren nicht in den Biomüll“
Richtig. Wie von den Abfallberatern des Landkreises zuletzt immer wieder angemahnt, unterstützt auch Karl Meyer dieses Verbot.

Wegen des Verkaufssiegels weit verbreitet, aber nicht geeignet fürs Recycling: Plastikmüllbeutel im Biomüll. Foto: Landkreis Stade
„Alles was in die Biotonne gelangt, muss sich spätestens nach zwölf Wochen zu 90 Prozent zersetzt haben. Dies ist bei kompostierbaren Biomülltüten nicht der Fall.“ Die Tüten benötigten eine längere Abbauzeit, könnten in den Recyclinganlagen gar nicht zu 100 Prozent abgebaut werden. Dies führe dazu, dass im fertigen Kompost immer noch Schnipsel der Tüten enthalten seien.
Tipp: Feuchte oder nasse Bioabfälle können auch in Zeitungspapier einwickelt werden. Auch Papiertüten seien „definitiv eine bessere Alternative“.
„Warum trennen? Am Ende wird ohnehin alles verbrannt“
Dies sei laut Meyer „Quatsch“: Egal ob Gelber Sack, Biotonne, Altpapier oder Altglas - sämtliche Wertstoffe werden demnach in die entsprechenden Sortier- und Aufbereitungsanlagen gebracht. Dort werden die Wertstoffe aussortiert und wieder in den Kreislauf gebracht.
Verbrannt werden lediglich Restmüllabfälle - und thermisch in der Strom- und Wärmeproduktion genutzt.
Karl Meyer räumt ein: „Klar ist auch, beim Recycling ist noch viel Luft nach oben.“ Daher sei Mülltrennung so wichtig.
„Produkte aus Recycling-Materialien sind von geringerer Qualität als neue Produkte“
Dies sei ebenfalls ein häufiger Irrglaube. Doch laut Entsorger seien etwa Stahl oder auch Aluminium ohne Qualitätsverlust unbegrenzt recycelbar. Glas, Plastik und Papier seien „gut“ recycelbar.
„Leider gehen jedoch viele Menschen noch davon aus, dass recyceltes Papier nicht so hochwertig ist wie normales Papier“, heißt es in der Instagram-Story. Doch die Technologie werden immer besser. So habe Recyclingpapier inzwischen dieselben Eigenschaften wie Papier aus Primärfasern.
So schließt das Kehdinger Unternehmen mit dem Aufruf: „Durch das Recyceln von Materialien können CO2-Emissionen sowie Wasser- und Energieverbrauch reduziert werden. Das Recyceln schont außerdem die Umwelt, da viel weniger Abfall entsteht.“