TGewerbeflächen in Stade: Wieso der Surfpark der Stadt Probleme macht

Stades Innenstadt mit dem Blick gen Norden - der Platz für Gewerbeflächen ist begrenzt. Foto: Martin Elsen
Die Stadt Stade hat Gutachter eingeschaltet, um eine kluge Vorratshaltung in Sachen Gewerbeflächen zu entwickeln. Ein weiteres Gutachten funkt dazwischen: zum Surfpark.
Stade. Gewerbeflächenentwicklungskonzept heißt das Zauberwort für die städtische Entwicklung. Am Donnerstag, 6. Februar, wird die Stader Politik in einer groß angelegten Sitzung im Königsmarcksaal des historischen Rathauses von 18 Uhr an ein umfangreiches Papier der Firma Georg Consulting aus Hamburg beraten. Das stellt Stade vor große Aufgaben.
Gutacher sehen eklatanten Mangel an Gewerbeflächen
In der Hansestadt, so das Konzept, bestehe „ein eklatanter Mangel an Gewerbeflächen“, der schon heute „ein aktuelles Problem“ darstelle. Dazu geselle sich „das Risiko zunehmender Flächenknappheit im Laufe der Zeit“. Die Stadt muss sich also auf die Suche nach neuen Gebieten machen, um neues Gewerbe an- oder bestehende Betriebe mit Expansionswunsch umzusiedeln. Das ist leichter gesagt als getan.
Stade weist laut Untersuchung 206 Hektar „qualifizierte Potenzialflächen“ auf. Eine entsprechende Datenbank wurde eingerichtet. Die Crux: Lediglich 35 Hektar sind Eigentum der Stadt. Nur hier hätte sie direkten Zugriff. 155 Hektar befinden sich in Privatbesitz. Bei gut 15 Hektar liegt eine Mischform vor. Um so mehr brauche es eine kommunale Gewerbeflächenentwicklung, sagt das Gutachten, dessen Ergebnisse zum Teil ernüchternd sind.
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Nicht einmal fünf Prozent der Flächen stünden für eine kurzfristige Entwicklung fürs Gewerbe zur Verfügung. Die Firma Georg Consulting hat fünf einzelne Flächen ausgemacht. 95 Prozent mit insgesamt 37 Flächen könnten mittel- und langfristig genutzt werden. Der Bedarf sieht ganz anders aus.
Betriebe finden in Stade keine Gewerbeflächen
Stade werde bis 2040 etwa 60 Hektar (netto) für Gewerbeneubauten benötigen, dafür müssten etwa 80 Hektar zur Verfügung gestellt werden. Das heißt in der Konsequenz: Ansiedlungswilligen Firmen, die nach Stade kommen wollen, kann kein adäquates Grundstück angeboten werden. Das gleiche gilt für Betriebe, die bereits in der Stadt ansässig sind, aber womöglich expandieren wollen und dafür neue Flächen suchen.
So sei die Flächenmobilisierung und -sicherung eine wesentliche Herausforderung der städtischen Wirtschaftsförderung. Also der Ankauf von Grundstücken und die Ausweisung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen. Die Experten empfehlen der Stadt einen „strategischen Flächenerwerb“, um Spekulationen entgegenzuwirken, und eine Vermarktung über das Erbbaurecht, um langfristig die Kontrolle über die Grundstücke zu behalten.
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Für die nahe Zukunft hat die Stadt das Gebiet des „Chemcoastparks“ an der Freiburger Straße/Obstmarschenweg, die städtischen Flächen im CFK-Valley in Ottenbeck und das Gelände für Surf-und Gewerbepark im Süden im Angebot. Für den Chemcoastpark in der Nähe zur Industrie auf Bützflethersand werde derzeit der Bebauungsplan aufgestellt. Hier könnten sich gut Zulieferer der Chemie-Industrie ansiedeln. Das CFK-Valley und umliegende Areale sollten für „wissenorientiertes Gewerbe“ wie CFK und Wasserstoff reserviert bleiben. Bleibt noch ein umstrittenes Gebiet.
Grünes Gewerbegebiet mit dem Surfpark wackelt
Surfpark und Co. bescheinigt das Gutachten eine zukunftsweisende und nachhaltige Note wegen der hohen Grünflächenquote, dem Verzicht auf Erdgas und dem „all-electric-Energiekonzept“ mit Wärmepumpen und Fotovoltaik. Doch das Gebiet ist in seiner Umsetzung unsicherer denn je.
Wie berichtet hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg das Gewerbegebiet für nichtig erklärt, weil es auf dem geplanten Areal für Großindustrie entwickelt wurde. So steht es im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises. Und der ist bindend. Sollte der Surfpark kommen, wird es schwierig, dort wie vorgesehen störendes Gewerbe anzusiedeln, so die Richter. Der BUND und die Bürgerinitiative „Surfpark - Nein Danke“ waren gegen das Projekt vorgegangen.
Die Stadt will in diesem Jahr in Absprache mit dem Landkreis versuchen, mittels eines Zielabweichungsverfahrens eine Ausnahme vom RROP zu bekommen. Die Kläger gegen den Surfpark wollten jetzt wissen: Ist das rechtens?
Das lange Warten auf den Surfpark im Stader Süden
Die Gutachter Petersen, Hardraht und Pruggmayer sagen in Zusammenarbeit mit Prof. Martin Schulte dazu „Nein“. Das Zielabweichungsverfahren, so die kurzgutachterliche Stellungnahme, „dürfte kaum erfolgversprechend sein“. Der im RROP aufgezeigte Premiumstandort für die Industrie genieße eine herausgehobene Bedeutung, eine weitestgehend konfliktfreie Nutzung müsse gewährleistet werden. In direkter Nachbarschaft zu einem Surfpark scheint das undenkbar.
Sollte der Landkreis dem Zielabweichungsverfahren der Stadt zustimmen, hätte der BUND wiederum Klagerecht gegen diese Entscheidung. Der einzige gangbare Weg ist für die Gutachter, die Neuauflage des dann veränderten RROP abzuwarten, der gerade wieder aufgelegt wird. Bis der rechtssicher in Kraft tritt, können noch Jahre vergehen. Ob die Surfpark-Investoren so lange warten wollen?