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Handball

T„Gigantisch“: Das sagen die Experten aus dem Landkreis zur EM

Die deutsche Mannschaft spielte zum EM-Auftakt in Düsseldorf vor einer Weltrekordkulisse von mehr als 53.000 Menschen.

Die deutsche Mannschaft spielte zum EM-Auftakt in Düsseldorf vor einer Weltrekordkulisse von mehr als 53.000 Menschen. Foto: Federico Gambarini/dpa

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat die Schweiz zum EM-Auftakt eindrucksvoll geschlagen. Einig sind sich die Experten, dass die Stimmung gigantisch war. Die Fachleute haben dennoch einige Baustellen im Spiel ausgemacht.

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Von Tom Stahmann,
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Von Tim Scholz,
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Von Daniel Berlin
Samstag, 13.01.2024, 13:45 Uhr

Stefanie Melbeck

Die ehemalige Buxtehuder Bundesliga-Handballerin und Nationalspielerin Stefanie Melbeck saß mit ihrer Familie auf der Tribüne in Düsseldorf. „Die Stimmung war gigantisch, einmalig“, sagt Melbeck. Und das, obwohl sie in beträchtlicher Entfernung zum Spielfeld saß. Den Ball konnte Melbeck sehen, die Mimik der Spieler kaum. „Du siehst die Emotionen nicht so direkt wie in der Halle.“

Was Melbeck aber erkennen konnte, war, dass deutschen Spieler unter Strom, unter enormem Druck standen. Sie als ehemalige Top-Handballerin hat das gespürt. Entsprechend hat sie das deutsche Team nicht vollends überzeugt. „Sie haben viel verworfen. Aber die Abwehr stand gut und für die Leistung von Andreas Wolff gibt es keine Worte“, sagt Melbeck. Im Laufe des Spiels sei die Mannschaft immer sicherer geworden.

Ein Ausblick auf den weiteren Turnierverlauf ist wie ein Blick in die Kristallkugel. „Nordmazedonien ist eine Wundertüte“, sagt Melbeck. Frankreich sei in der Breite zu stark. Da muss alles passen. Melbeck hofft, dass das deutsche Team weit kommt. Das wäre auch gut für die gesellschaftspolitische Situation im Land.

Andreas Neitzel

Selbst im Erfolgsfall würde ein Handball-Hype in Deutschland ausbleiben, meint Andreas Neitzel. Das sei „traurig für Sportdeutschland“. Die Bundesrepublik habe so erfolgreiche Mannschaftssportler. Zuletzt die Basketballer bei der WM. Aber geblieben sei nichts. Neitzel spielte für den VfL Fredenbeck in der Handball-Bundesliga und für die Nationalmannschaft der DDR 1988 in Seoul schon vor 28.000 Menschen.

Stefanie Melbeck: „Die Stimmung war gigantisch, einmalig.“

Stefanie Melbeck: „Die Stimmung war gigantisch, einmalig.“ Foto: Archiv

Das Auftaktspiel verfolgte Neitzel vor dem Fernseher. Er war in der ersten Halbzeit verwundert über die Anzahl der technischen Fehler und der Fehlwürfe, hätte am Ende aber nicht gedacht, dass Deutschland so deutlich gewinnt. „Die Abwehr war top. Die Schweiz hat sich nicht mehr getraut zu werfen“, sagt Neitzel. In seiner Karriere habe Neitzel nie einen Torwart wie Andreas Wolff erlebt mit einer Quote von über 60 Prozent gehaltener Würfe.

Robert Frahm

Trotz „ungewohnter Kameraführung“ konnte der Trainer des Handball-Oberligisten SV Beckdorf, Robert Frahm, das Spiel vor dem Fernseher genießen. „Mit der Leistung konnte Werbung für unseren Sport gemacht werden“, sagt er. Die mitreißende Vorstellung könne für einen Schub bei den Anmeldungen im Kinder- und Jugendbereich sorgen.

Am meisten überzeugt beim Auftaktsieg habe Torhüter Andreas Wolff. „Wenn ein Torwart so hält, sticht das natürlich heraus.“ Auch Julian Kösters Leistung habe ihm imponiert. „Der Mix aus jungen Spielern und den Gestandenen, die Verantwortung übernehmen, machen die Mannschaft aus“, sagt Frahm.

Frahm traut den Deutschen vor dem heimischen Publikum durchaus eine Medaille zu. „Dafür muss aber natürlich sehr viel für uns laufen“, sagt er. Wichtiger als ein Podiumsplatz sei für den Beckdorfer Trainer allerdings, den Spaß am Sport zu vermitteln und über die Begeisterung mehr Leute zum Handball zu locken.

Dennis Marinkovic

Auch der Coach der Oberliga-Frauen des VfL Stade, Dennis Marinkovic, zeigte sich nicht nur angesichts der „Weltklassestimmung“ angetan. „Es wurde Handball gearbeitet, die Spieler haben Willen, Herz und Leidenschaft gezeigt“, sagt er. Die Leistung von Andreas Wolff rage heraus, doch besonders die Defensivarbeit des Mittelblocks habe ihm gefallen. „Ein Julian Köster tritt trotz so einer Leistung nicht so in Erscheinung wie der Torhüter.“

Andreas Neitzel: „Die Abwehr war top.“

Andreas Neitzel: „Die Abwehr war top.“ Foto: Archiv

Was das Team ausmacht? „Die Unbeschwertheit. Dass sie sich in jede Situation reinwerfen und Gier zeigen“, sagt Marinkovic. In der K.o.-Phase sei vieles möglich. Weil bei einer EM aber in dieser Phase „80 Prozent der Gegner weltklasse“ seien, könne die Reise genauso schnell wieder vorbei sein.

Maxi Mühlner

Die BSV-Handballerin und Nationalspielerin Maxi Mühlner verfolgte das Spiel im Fernsehen. Vor allem die Kulisse ist ihr im Gedächtnis geblieben: „Ich bekomme schon Gänsehaut, wenn ich vor 1000 Zuschauern in die Halle Nord einlaufe. Ich möchte nicht wissen, wie sich die Jungs vor über 53.000 Zuschauern gefühlt haben.“

Wenn Deutschland in den nächsten Spielen wieder eine Top-Defensive stelle, könne die Mannschaft weit kommen, sagt Mühlner. „Das Halbfinale sollte mit etwas Glück drin sein, aber von den Top-Nationen Schweden, Dänemark und Frankreich ist Deutschland noch ein Stück entfernt.“

Mühlner hofft, dass die EM eine Handball-Euphorie auslöst, von der auch der Frauenhandball profitiert. Denn im nächsten Jahr ist Deutschland wieder Gastgeber eines großen Turniers, dann findet die Frauen-WM statt.

Spielplan der Handball-Europameisterschaft der Männer 2024 (07.01.2024)

Spielplan der Handball-Europameisterschaft der Männer 2024 (07.01.2024) Foto: dpa

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