TGroßfeuer in Wingst: Frau rettete ihren verängstigten Hund

Nordseeresidenz-Wingst-Bewohnerin Sylvia Gorny hat ihre Australian-Shepherd-Hündin Dora selbst aus der Wohnung geholt. Foto: Gorny
Das Feuer, das in einem mehrstöckigen Gebäude in der Wingst ausbrach, hat bei Bewohnern und Haustieren Spuren hinterlassen. Sylvia Gorny half ihrem zitternden Hund.
Wingst. Sylvia Gorny war gegen 11 Uhr am vergangenen Sonntag auf dem Weg nach Otterndorf. Sie wollte in die Sauna, um etwas zu entspannen. Ihre neunjährige Australian Shepherd-Hündin hat sie für diese kurze Zeit zu Hause gelassen.
Sie kennt das, ab und an für wenige Stunden allein zu bleiben. Kein Grund zur Sorge also - normalerweise. Denn an diesem Tag schlug die entspannte Stimmung plötzlich in Panik um.
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Die Rauchwolken waren schon von Weitem zu sehen
Schon auf dem Weg nach Otterndorf hörte Sylvia Gorny die Sirenen in Cadenberge, Feuerwehrautos und Krankenwagen kamen ihr entgegen. „Ich hatte da schon ein komisches Gefühl, dachte aber, das wird schon nichts sein“, erinnert sich die Wingsterin.
Als sie in Otterndorf ankam, erhielt sie einen Anruf und erfuhr, dass es in der Schwimmbadallee brannte. In der Straße, in der Sylvia Gorny wohnt. Sie rief ihre Nachbarin an - und die bestätigte: „Ja, es brennt bei uns. Aber nur oben, mach dir keine Sorgen.“ Leichter gesagt als getan. Schließlich war doch Sylvia Gornys Hund noch in der Wohnung.
150 Einsatzkräfte waren vor Ort
Zwar wohnt sie in dem 30-Parteien-Haus Nordseeresidenz Wingst in der ersten Etage, und das Feuer brach in der Penthouse-Wohnung aus, trotzdem war ihr Hund in Gefahr. Sie drehte sofort um und begab sich auf den 20-minütigen Heimweg.
„Schon von der B73 aus konnte ich die Rauchwolken sehen“, so Sylvia Gorny. Am Gebäudekomplex angekommen sah sie die Einsatzkräfte. „So viele habe ich noch nie auf einmal gesehen.“
Insgesamt 150 Einsatzkräfte - bestehend aus fünf Feuerwehren, Polizei, Rettungsdienst und DRK - waren in der Schwimmbadallee im Einsatz.
Hündin stand zitternd im Wohnzimmer
Sylvia Gornys erster Gedanke war, dass sie ins Haus muss, um ihre Hündin herauszuholen. Doch die Feuerwehr ließ sie vorerst nicht rein, bot an, den Hund zu holen. „Irgendwann kam dann der Feuerwehrmann ohne meinen Hund wieder raus und sagte mir, dass ich mit in die Wohnung kann.“
Dort fand sie ihre Hündin Dora zitternd und laut winselnd, nahezu schreiend, im Wohnzimmer. Es roch bereits nach Rauch. Schnell packte sie den Hund, nahm im Vorbeigehen noch einen Rucksack mit.
„Alles andere war in dem Moment nicht wichtig. Der Feuerwehrmann hat mir dann noch gesagt, ich soll Leckerlies mitnehmen.“ Im Hausflur hielt ein Feuerwehrmann kurz den Wasserschlauch zu, damit Frauchen und Hund beim Verlassen des Hauses nicht nass werden.

Durch die enorme Hitzeentwicklung schlugen die Flammen durch das Blechdach im Penthouse-Bereich, wo der Brand wahrscheinlich ausgebrochen ist. Foto: Lange
Wingster Bürgermeister besorgte Unterkünfte
Draußen angekommen wurden bereits Stühle aufgestellt, auf denen sich die Bewohnerinnen und Bewohner mit ihren Haustieren ausruhen konnten. Elf Hunde und vier Katzen leben in dem Wohnkomplex, eine Katze wird aktuell noch vermisst.
„Von den Rettungssanitätern wurden Nierenschalen mit Wasser für die Tiere bereitgestellt. Wir haben vom DRK Getränke bekommen und das Reservistenheim wurde geöffnet. Da konnten wir Kaffee trinken“, erklärt Sylvia Gorny und ist noch immer sichtlich begeistert, wie hilfsbereit und fürsorglich Helfer und Nachbarn waren.
Auch der Wingster Bürgermeister Patrick Pawlowski, der zu diesem Zeitpunkt beim Schützenfest war, eilte herbei und kümmerte sich darum, dass die Bewohner, die nicht zurück in ihre Wohnungen konnten, in nahe gelegenen Tiny-Häusern untergebracht wurden.
„Er hat mit jedem von uns gesprochen und gefragt, ob es uns gut geht. Es war überhaupt ein schönes Gefühl, dass sich alle um uns gekümmert haben und gefragt haben, wie es uns und den Tieren geht. Alle waren einfach total hilfsbereit“, freut sich Sylvia Gorny.
Am frühen Abend war der Strom wieder da
Nach etwa dreieinhalb Stunden konnten die Bewohner der ersten und zweiten Etage wieder in ihre Wohnungen. Am frühen Abend, gegen 18.30 Uhr, gab es dann wieder Strom.
Ihre Hündin hatte Sylvia Gorny zwischenzeitlich bei ihrem Ex-Mann untergebracht. Sie selbst blieb allein in der Wohnung. „Das war ein komisches Gefühl und es roch immer noch ein bisschen nach Rauch.“ Dann fiel die Anspannung ab und die Tränen liefen.
In dieser Nacht war an viel Schlaf nicht zu denken. Auch nicht bei ihrer Hündin. „Mir wurde erzählt, dass sie in der Nacht gewinselt hat und scheinbar alles verarbeitet hat. Das macht sie normalerweise nicht.“
Gutachter untersucht aktuell das Schadensausmaß
Ihre neunjährige Hündin bekommt nun abends Bachblüten - eine natürliche Unterstützung bei Ungleichgewicht von Körper, Psyche und Seele. Sie schläft mittlerweile wieder entspannter.
Allein lässt Sylvia Gorny ihren Australian Shepherd allerdings nicht mehr. Im Herbst zieht die Wingsterin um. Erst dann lässt sie Dora wieder allein. Bis dahin werden die beiden die Geschehnisse verarbeiten und hoffen, dass ihre Wohnung bei dem Unglück keinen Schaden genommen hat.
Derzeit ist ein Gutachter vor Ort, der das Ausmaß der Schäden prüfen wird, die insbesondere durch das Löschwasser entstanden sein könnten.