Ein halbes Jahr vor der Reform: Wird die Grundsteuer höher ausfallen?

Vom kommenden Jahr an wird die Grundsteuer nach einem neuen Verfahren erhoben. (Archivbild) Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Niedersachsens Kommunen haben die Grundsteuer in den vergangenen Jahren im Schnitt kontinuierlich erhöht. Im Januar greift ein neues Berechnungsverfahren.
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Hannover. Viele Hauseigentümer und Mieter in Niedersachsen müssen schon vor der Grundsteuer-Reform in einem halben Jahr mehr Geld bezahlen. Das geht aus Daten des Landesamts für Statistik hervor. Der Hebesatz, mit dem die Städte und Gemeinden die Höhe der Grundsteuer festlegen, steigt demnach seit Jahren.
Der Hebesatz für die Grundsteuer B, die für private und gewerbliche Grundstücke gilt, lag im Jahr 2023 im landesweiten Durchschnitt bei 452 Prozent. Im Jahr 2022 waren es noch 445 Prozent. Damit setzte sich ein mehrjähriger Trend fort.
Auch der durchschnittliche Hebesatz für landwirtschaftliche Grundstücke stieg: von 396 auf 402 Prozent. Die Grundsteuer wird den Eigentümern eines Grundstücks in Rechnung gestellt. Die Forderungen können aber an etwaige Mieter oder Pächter weitergegeben werden.
Kommunen können Steuer unabhängig von der Reform erhöhen
Von Januar an greift für die Berechnung ein neues Verfahren. Das war nötig geworden, weil die Grundstücke bislang nach jahrzehntealten Grundlagen bewertet worden waren. Insgesamt soll das Aufkommen der Grundsteuer durch die Reform nicht steigen. Ob künftig mehr oder weniger Geld fällig wird, kann aber von Eigentümer zu Eigentümer variieren.
„Durch die neue Berechnungsweise wird es Grundstückseigentümer geben, die mehr zahlen werden, andere werden eine geringere Grundsteuer als bisher zu entrichten haben“, teilten der Niedersächsische Städtetag sowie der Städte- und Gemeindebund mit.
Die Kommunen können die Steuer zudem mit anderer Begründung als der Reform erhöhen - etwa, wenn sie mehr Aufgaben bei der Flüchtlingsunterbringung, der Krankenhausfinanzierung oder dem Betrieb von Kindertagesstätten übernehmen.
Stand der Vorbereitungen und die Änderungen im Überblick
Wer muss die Grundsteuer bezahlen?
Wer ein Grundstück sein Eigentum nennt, muss Grundsteuer bezahlen. Das gilt auch für den Besitz von Eigentumswohnungen. Wer das Grundstück allerdings vermietet oder verpachtet, kann die Forderungen über die Nebenkosten an die Mieter oder Pächter weiterreichen.
Wird die Steuer mit der Reform teurer?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Denn: Die Berechnung wird auf ein völlig neues Verfahren umgestellt. Manche werden also mehr, andere weniger bezahlen als bisher. In der Summe soll das Steueraufkommen dabei das gleiche bleiben wie vor der Reform.
Allerdings haben die Kommunen das letzte Wort: Mit dem sogenannten Hebesatz legen sie die tatsächliche Höhe der Steuer fest. Und diesen Hebesatz dürfen sie, wie in den vergangenen Jahren bereits vielerorts geschehen, auch anheben - sofern es dafür andere Gründe gibt als die Reform.
Im Jahr 2023 lag der Hebesatz für die Grundsteuer B, die für private und gewerbliche Grundstücke gilt, im landesweiten Durchschnitt bei 452 Prozent. Im Jahr 2022 waren es noch 445 Prozent. Damit setzte sich ein mehrjähriger Trend fort.
Was erwarten die Kommunen?
Dem Niedersächsischen Städtetag sowie dem Städte- und Gemeindebund zufolge werden einige Kommunen den Hebesatz für 2025 senken und andere ihn anheben. Das hat zunächst mit der veränderten Berechnungsgrundlage zu tun.
Allerdings sei auch eine Erhöhung der Steuern möglich, erklären die beiden Verbände: „Zum einen werden den Kommunen aufgrund gesetzlicher Neuerungen immer mehr Aufgaben zugewiesen, zum anderen haben auch die Kommunen unter den steigenden Kosten und der zunehmend dramatischen Finanzlage zu leiden. Eine Anhebung kommunaler Steuern ist demnach nicht ausgeschlossen, entsprechende Planungen sind hier aber nicht bekannt.“
Wachsende Aufgaben der Kommunen sehen die Verbände etwa bei der Flüchtlingsunterbringung, der Krankenhausfinanzierung und dem Betrieb von Kindertagesstätten. Die Finanzhilfen des Landes und des Bundes seien schon lange nicht mehr ausreichend.
Wer profitiert von der Steuer?
Für die Städte und Gemeinden ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Im Jahr 2023 lag das Steueraufkommen für bebaubare und bebaute Grundstücke in Niedersachsen bei rund 1,5 Milliarden Euro.
Im Zuge der Reform hatten die Kommunen daher davor gewarnt, die Steuer an sich infrage zu stellen. Nur mit ihr hätten die Gemeinden genug Geld zur Verfügung, um sich zum Beispiel um Straßen, Schulen, Feuerwehr, Kindergärten und Freizeiteinrichtungen zu kümmern.
Gibt es ein landesweites Vergleichsportal?
Anders als in anderen Bundesländern lautet die Antwort in Niedersachsen: Nein. Zwar müssen die Kommunen mit dem Hebesatz für 2025 auch veröffentlichen, welcher Hebesatz aufkommensneutral wäre - also in Summe gleich viel Geld bringen würde wie vor der Reform. Diese Angaben werden vom Finanzministerium aber nicht zentral zusammengetragen. In Sachsen und Nordrhein-Westfalen dagegen gibt es dafür Online-Tools des Landes.
Wie viele Grundsteuererklärungen fehlen noch?
Laut Finanzministerium mussten für rund 3,5 Millionen Einheiten Grundsteuererklärungen eingereicht werden. Etwa 93 Prozent davon liegen bislang vor - rund 247.000 fehlen aber noch. Wenn eine Erklärung nicht abgegeben wurde, kann das Finanzamt selbst eine Schätzung vornehmen. Zudem kann für die Eigentümer ein Verspätungszuschlag von 25 Euro pro Monat fällig werden.
Wie viele Einsprüche gegen die Messbescheide gibt es?
Inklusive der Schätzungen der Finanzämter wurden bisher knapp 3,4 Millionen Grundsteuer-Messbescheide verschickt. Gegen etwa jeden achten davon - knapp 430.000 - wurde Einspruch eingelegt. Über die Einsprüche müssen die Finanzämter jeweils im Einzelfall entscheiden.
Warum wird die Berechnung überhaupt geändert?
Das Bundesverfassungsgericht hatte veraltete Bewertungsgrundlagen moniert, bis Ende 2019 musste der Bund daraufhin ein neues Grundsteuergesetz beschließen.
Die Länder dürfen aber vom Bundesmodell abweichen - eine Möglichkeit, von der Niedersachsen Gebrauch macht. Das niedersächsische Modell ist eine komplizierte Berechnung, die sowohl die Bodenfläche und die Gebäudefläche als auch die Lage der Grundstücke berücksichtigt.