TGut Neuensteden in Freiburg: Wenn der Hof zur Lebensaufgabe wird

Das Gut Neuensteden in Freiburg. Foto: Helfferich
Seit 40 Jahren bewirtschaftet die Familie Wrede das Gut Neuensteden in Freiburg. Nun gab es Geld von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Was das Gut so besonders macht.
Freiburg. Es war kein leichtes Erbe, das Ilsemarie Wrede 1985 antrat. Eine unverheiratete Tante hatte ihr ein Gut vermacht, das Gut Neuensteden in Freiburg, eine typische großbürgerliche Hofanlage aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Ilsemarie und ihr mittlerweile verstorbener Mann Friedrich-Wilhelm Wrede, ehemals Kreisdirektor beim Landkreis Stade, nahmen die Herausforderung an. Seit 40 Jahren lebt die Familie auf dem Niedersachsenhof, der eigentlich immer irgendwie auch Baustelle ist.
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Ebenfalls im Jahr 1985 gründete der Kunsthistoriker und Denkmalpfleger Gottfried Kiesow die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, eine private Initiative, die sich fachlich fundiert und unabhängig für den Erhalt bedrohter Baudenkmale einsetzt.
Kiesow war es, der bei einem Besuch in Stade die Familie Wrede auf die Denkmalstiftung hinwies. „Ihr müsst Fördergelder beantragen“, drängte er die frischgebackenen Gutsbesitzer. Ilsemarie Wrede bezeichnet diese Begegnung heute als Initialzündung.
Erster Preis beim Fachhauswettbewerb
Bei der Sanierung ging die Familie äußerst behutsam vor. Stets galt es, die Struktur der Gebäude und die alten Materialien möglichst zu erhalten und die alte Bausubstanz auch im Inneren zu bewahren. So holte Ilsemarie Wrede manch vergessene Holztür vom Dachboden, möbelte sie wieder auf, um sie im Wohnhaus einzuhängen. Holzverkleidungen und Treppen wurden ebenso erhalten. Mit ihrem Gespür für den historischen Wert heimste die Familie 1992 beim Fachhaus-Wettbewerb der Kreissparkasse den ersten Platz ein.
Hier geht es zum Gut Neuensteden.
Foto: Helfferich Stallungen und Scheune.
Foto: Helfferich Auch der Blick aufs Gutshaus Neuensteden von der Gartenseite zeigt, dass hier ein dauerhafter Handlungsbedarf besteht.
Foto: Helfferich
Drei Mal förderte bisher die Deutsche Stiftung Denkmalpflege Sanierungsarbeiten auf Gut Neuensteden. So bezuschusste sie die Neueindeckung der Kruppscheune und des Haupthauses auf der Grabenseite. Die Begradigung der Giebelwände der Kruppscheune, in der Wredes ihre Pferdeställe untergebracht haben, wurde 2006 unterstützt. 2004 wurde die historische Hofpflasterung mit Geldern der Stiftung wiederhergestellt, ebenso wurden Fenster und Türen erneuert.
Die Sanierung aller Dächer kostet eine halbe Million
Diesmal überbrachte Ortskurator Dr. Reinhold Kolck einen symbolischen Scheck über 40.000 Euro. Mit dem Geld soll das Reetdach auf der Nordseite des Wohn- und Wirtschaftsgebäudes neu eingedeckt und der Heidefirst erneuert werden.
„Während des Winters hat es an vier Stellen reingeregnet“, erzählt Sylla Holtkamp-Endemann, die inzwischen Eigentümerin des Adelssitzes ist, „und die Reetdecker konnten die Löcher im Reet nicht finden.“ Die Gesamtkosten für das Dach sind mit 120.000 Euro veranschlagt.
„Wir sind sehr dankbar, dass es die Stiftung gibt“, sagt Holtkamp-Endemann, „wir haben bei jeder größeren Maßnahme eine Förderung erhalten“, so die Tochter von Ilsemarie und Friedrich-Wilhelm Wrede. Allein die Deckung aller Reetdächer des Gutes koste eine halbe Million Euro.
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Der Erhalt des Hofes ist für die nachfolgende Generation eine große Herausforderung. „Das ist ja kein Freilichtmuseum, sondern wir müssen hier arbeiten und wirtschaften“, sagt die Eigentümerin. Wie die Erbtante züchten auch Ilsemarie Wrede und jetzt Sylla Holtkamp-Endemann erfolgreich Pferde und bilden sie auch aus.
Der Hof und die Familie leben von der Zucht, der Ausbildung der Pferde und der Versorgung von Pensionspferden. Gut 30 Zuchtstuten und ebenso viele Pensionspferde werden hier gehegt und gepflegt - mit nationalem und internationalem Erfolg.
Pferdefreunde aus München, Berlin, Bonn, sogar aus den USA und Indien haben bereits auf Neuensteden Pferde gekauft. Viel freie Zeit bleibt da nicht. „Vor 20 Jahren haben mein Mann und ich zwei schicke Liegestühle geschenkt bekommen. Darin gelegen haben wir bis heute nicht“, lacht Sylla Holtkamp-Endemann.
Das Gut und die Stiftung
Die Hofanlage aus dem Ende des 17. Jahrhunderts wurde im 19. Jahrhundert nochmals umgebaut. Die reetgedeckten Fachwerkgebäude werden umgeben von einem im Rechteck verlaufenden Hofgraben. Das ein- und zweigeschossige, durch fast quadratische Gefache gegliederte Ensemble mit Satteldächern besteht aus dem Haupthaus mit dem zweigeschossigen Herrenflügel-Querbau, der daneben liegenden Kruppscheune für das Vieh, der Kornscheune mit Bretterverkleidung, dem Schweinestall und dem etwas separierten Backhaus.
Als vollständig erhaltener Adelshof hat die Anlage hauskundliche Bedeutung für die Region, heißt es auf der Internetseite der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Rund 600 Projekte fördert die Stiftung jährlich. Insgesamt konnte sie bereits rund 7500 Denkmale mit mehr als einer Dreiviertelmilliarde Euro in ganz Deutschland unterstützen.

Ilsemarie Wrede mit Tochter Sylla Holtkamp-Endemann und Reinhold Kolck von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz vor der Scheune, deren Reetdach nun mit Stiftungsgeldern saniert werden soll. Foto: Helfferich

Die Feuchtigkeit dringt durch das Reetdach der Ställe. Foto: Helfferich
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