THanse Song Festival: Von paradiesischer Musik bis zu kreischender Ekstase

Wie Schauspieler Robert Stadlober die Texte von Kurt Tucholsky mit seiner Musik leuchten lässt, ist zutiefst herzergreifend. Foto: Weselmann
Das Hanse Song Festival hat Stade gerockt. Welche Entdeckung das Paradies auf Erden war, wer das Publikum zum Kreischen brachte und wo abgetanzt wurde. Ein Streifzug.
Stade. Die Tiny Wolves haben Glück. Als der Kinderchor die 13. Ausgabe des Hanse Song Festivals vor dem Alten Rathaus am frühen Sonnabendabend eröffnet, ist der Regen weitergezogen und ein Kreis von Menschen umjubelt die jungen Sängerinnen und Sänger. Dazu gehören Lennart Przibylla und Karolina Szczepariska.
Die beiden Musikfans aus Stade und Hamburg wollen die Mausis im Königsmarcksaal hören und sind vom Auftakt der Tiny Wolves ganz angetan. „Die haben gerade unser Lieblingslied ‚Nur ein Wort‘ gesungen“, erzählt Karolina Szczepariska begeistert. Sie ist zum ersten Mal beim Hanse Song Festival und schon gespannt auf die ungewöhnlichen Bühnen und vielfältigen Musikacts.
Vor dem Schwedenspeicher stehen Musikfans Schlange
Den ganzen Abend über ziehen Musikfans wie sie von Location zu Location durch die Altstadt. Gabi Patjens, Ute Gökbayrak und Marita Hellwege aus Lamstedt sind schon den ganzen Tag in Stade unterwegs auf Junggesellinnenabschied. Zum krönenden Abschluss ihrer Tour lassen sich die drei Pädagoginnen beim Hanse Song Festival zwischen Landgericht, Altstadtkirchen, Seminarturnhalle und Schlachthof treiben.
Hanse Song Festival in Stade
Schlange stehen heißt es beim Schwedenspeicher. Jon Flemming Olsen - bekannt von seinen Auftritten als Imbisswirt Ingo bei „Dittsche“ und mit Texas Lightning beim ESC - macht hier den Anfang. Innerhalb kürzester Zeit ist der Raum ganz unterm Dach brechend voll, so dass etliche auf dem Weg nach oben wieder kehrt machen müssen.

Bei seinem Auftritt im Schwedenspeicher begeistert Jon Olsen Flemming mit einer beflügelnden Mischung aus melancholisch-nachdenklicher Musik und heiter-humoristischen Zwischentönen. Foto: Weselmann
„Vor fünf Minuten dachte ich noch, vor leeren Reihen singen zu müssen, und habe mich gewundert, dass jemand auf einmal hinter der Bühne nach Stühlen fragt“, stimmt der Musiker gleich den humoristischen Gegenpart zu den thematischen Schwergewichten seines frisch erschienenen Album an, das er hier präsentiert. Und mit diesem Balanceakt zwischen heiteren Zwischentönen und hochemotionalen Texten fängt er sein Publikum, so dass „alle gemeinsam in die Ekstase segeln“, wie er zu Beginn sein persönliches Ziel verkündet hat.
In St. Cosmae ist das Paradies auf Erden
Im Alten Schlachthof ist Ekstase programmiert. Hier kocht der Musikkessel mit jedem Musik-Act höher und höher. Das fängt schon bei Lara Hulo an, die von Suchen und Finden, Festhalten und Verlieren singt und gerne mal harte Worte fallen lässt.

Bei Lara Hulo springt der energetische Funke sofort auf das Publikum über. Foto: Weselmann
Für ein Kontrastprogramm sorgt „Das Paradies“ in St. Cosmae. So nennt Musiker Florian Sievers sein Soloprojekt - und nichts geringeres als diese göttliche Verheißung zaubert er mit seinen luftigen Klängen musikalisch in den Kirchenraum. Ginette Burrichter und ihr Mann Niels gehen ganz erfüllt hinaus. Sie sind aus Schleswig-Holstein angereist und voller Lob für das „kleine und feine“ Festival.

„Das Paradies“ nennt Florian Sievers sein Soloprojekt - und nichts geringeres zaubert er mit seinen luftigen Klängen in die St.-Cosmae-Kirche. Foto: Weselmann
Überhaupt zieht dieses besondere Musikevent jedes Jahr wieder unzählige neue Besucher. Sophie Otte und Ruben Tietz, die beide ursprünglich aus Stade kommen, hatten zwar immer das Mamf, das Müssen-alle-mit-Festival, präsent, aber zum Hanse Song Festival haben sie erst jetzt gefunden. Sie finden es „richtig cool“ und loben die verträglichen Preise. Im Alten Rathaus haben sie eine Pause eingelegt, wo sie auf jeden Fall Marlo Grosshardts Auftritt im Königsmarcksaal erleben wollen.

Sophie Otte und Ruben Tietz - beide kommen ursprünglich aus Stade - sind zum ersten Mal beim Hanse Song Festival und machen vor dem nächsten Act im Königsmarksaal eine kleine Pause. Foto: Weselmann
Politik und Poesie liegen hier dicht beieinander
Mit seinen gesellschaftskritischen Liedern spricht der Singer-Songwriter vielen Menschen aus der Seele. Innerhalb kürzester Zeit hat er ein riesiges Publikum gewonnen. In Stade ist das nicht anders.
Jung und Alt haben den Saal bis auf den letzten Platz besetzt. Neben seiner Festivaltour, die ihn auf die Bühne von Wutzrock, Haldern, Hurricane und Southside führen wird, schreibt er gerade ganz viel neue Musik. Er sei schon immer politisch interessiert gewesen, und die Musik sei für ihn ein Sprachrohr, seine Meinung zu äußern, so Marlon Grosshardt im Gespräch. Wobei es sich für ihn durchaus verrückt anfühlt, „wenn künstlerische Utopien auf Realpolitik treffen“.
Gleichermaßen politisch wie poetisch wird es bei Robert Stadtlober im Schwedenspeicher. Mit seinen Vertonungen bringt der aus Filmen wie „Sonnenallee“ oder „Crazy“ bekannte Schauspieler Kurt Tucholskys Texte zum Leuchten. Solche musikalischen Momente machen das Hanse Song Festival so wunderbar.
Beim Hanse Song Festival gibt es Kreischalarm
Das Finale ist voller Höhepunkte. Zu den freundlichen Jungle Vibes und warmen Beats von Moglii tanzt das Seminarturnhallen-Publikum im grünen Scheinwerferlicht in die Nacht. Jung und wild endet das Festival im Alten Schlachthof - inklusive Kreischalarm von den Fans vor der Bühne.

Hannah Taebel und ihr Papa Thomas haben richtig Glück gehabt: Erst haben sie die Festivalkarten bei den Stadtwerken gewonnen und dann auch noch die Setlist von Aaron ergattert. Foto: Weselmann
Paula Arwen Linngrön und Julia Niebuhr aus Bargstedt und Buxtehude haben Aaron den ganzen Abend entgegengefiebert und ihre Gesichter glühen noch von seinem energetischen Auftritt. Hannah Taebel strahlt noch mehr über ihr Glück. Erst haben sie und ihr Papa die Festival-Tickets gewonnen, und jetzt kann sie noch die Setlist von Aaron mit nach Hause nehmen.
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