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Tiermedizin

THanseklinik: Augenoperationen für Pferde aus der ganzen Welt

Mit einer speziellen Kopflampe operiert der Spezialist für Augenheilkunde an der Hanseklinik für Pferde in Sittensen, Dr. Stephan Leser.

Mit einer speziellen Kopflampe operiert der Spezialist für Augenheilkunde an der Hanseklinik für Pferde in Sittensen, Dr. Stephan Leser. Foto: Hennings

Ob geliebtes Familienpony oder teures Sportpferd – wenn das Tier krank wird, ist es gut, es in erfahrenen Hände zu wissen. Die Hanseklinik für Pferde in Sittensen ist so ein Ort, der sich mit seiner Fachkompetenz weltweit einen Namen gemacht hat.

Von Sabine Hennings Samstag, 26.10.2024, 15:00 Uhr

Sittensen. Die drei Geschäftsführer der Hanseklinik für Pferde in Sittensen, Dr. Jens Körner, Dr. Stephan Leser und Dr. Olivier Brandenberger sind Experten auf ihren Gebieten. Dr. Körner leitet die Orthopädie, die Ambulanz und die Sportmedizin, Dr. Leser die Ophthalmologie, also die Augenheilkunde für Pferde, und die Allgemeinchirurgie, und Dr. Brandenberger ist Leiter der Allgemein- und Weichteilchirurgie. Die „Zevener Zeitung“ besucht die Klinik, die Patienten aus der ganzen Welt aufnimmt, aber in ihrem direkten Umfeld kaum bekannt ist.

Eine der häufigsten Augenerkrankungen bei Pferden

Eine Augenoperation steht an. Der Patient aus Polen schläft bereits auf dem Tisch. Das gleichmäßige Geräusch der Beatmung ist zu hören, während das Team die Vorbereitungen für die Operation trifft. Der schwarze Wallach hat eine sogenannte periodische Augenentzündung, umgangssprachlich auch als Mondblindheit bekannt. Eine schmerzhafte bakterielle Erkrankung, die bei Nichtbehandlung zur Erblindung führt. Dr. Stephan Leser wird an dem Tier eine Vitrektomie vornehmen. Dabei wird der Glaskörper unter sterilen Bedingungen zerkleinert, abgesaugt und gespült.

Dr. Stephan Leser.

Dr. Stephan Leser. Foto: Hansekli

Auffällig sind die Gegensätze an diesem Ort. Auf der einen Seite die großen Seilzüge an den Decken, mit denen die Pferde bewegt werden, und dann die feinen Instrumente, mit denen der Operateur am Auge des vierbeinigen Patienten arbeitet. Sie wurden größtenteils extra für diese Operationen angefertigt, erzählt Dr. Leser, um sie genau an den Aufbau und die Größe der Pferdeaugen anzupassen.

Auslöser sind Bakterien, aufgenommen durchs Fressen

Die Augenentzündung des Tieres, eine Uveitis, bekommen 10 bis 12 Prozent der Pferde, informiert Dr. Leser, während er, zusammen mit der Tierärztin Eva Kruse, das abgedeckte Auge des Wallachs auf die Entfernung des Glaskörpers vorbereitet.

In Deutschland gibt es nur zwei Kliniken, die diese Operation durchführen. Von insgesamt 1.500 Augen-OPs im Jahr, die in Sittensen durchgeführt werden, ist für zwei Drittel diese entzündliche Erkrankung die Ursache.

Während Teile des Glaskörpers entfernt werden, wird über dieses Gerät gleichzeitig der Glaskörperraum mit einer Salzlösung aufgefüllt.

Während Teile des Glaskörpers entfernt werden, wird über dieses Gerät gleichzeitig der Glaskörperraum mit einer Salzlösung aufgefüllt. Foto: Hennings

Ausgelöst wird die periodische Augenentzündung durch Bakterien, erklärt der Mediziner. Sie gelangen beim Fressen über die Schleimhäute in den Körper des Pferdes.

Anzeichen einer Erkrankung sind, dass das Tier die Augen zukneift und häufig die Pupille eng wird. „Die Entzündung verursacht starke Schmerzen, aber Pferde leiden still. Deshalb bekommt der Mensch das oft gar nicht mit“, erklärt der Veterinärmediziner.

Jeder im Team weiß genau, was zu tun ist

Die beiden Ärzte haben inzwischen zwei Zugänge zum Glaskörper des Pferdes gelegt. Ein schneidendes und gleichzeitig absaugendes Messer entfernt die entzündeten Teile des Glaskörpers und gleichzeitig wird er mit einer Salzlösung gefüllt.

Während der Opthalmologe die Flüssigkeit entfernt, ist das Licht aus. Nur die ebenfalls speziell für diese Operationen am Auge konstruierte Kopflampe strahlt. Der technische Assistent Lorenz Brandenburger hat die ganze Zeit über die Flasche im Blick, aus der die Salzlösung ausbalanciert über eine Pumpe in das Auge eingebracht wird. Konzentrierte Ruhe herrscht in dem OP. Jeder weiß genau, was zu tun ist.

Wiedererkrankungen gibt es nur sehr selten

Dann kommt noch einmal ein entscheidender Moment, so Dr. Leser. Beide Zugänge müssen sorgfältig verschlossen werden, um zu verhindern, dass Flüssigkeit austritt. Dann werden die beiden Häute, die den Glaskörper umschließen, mit wenigen Stichen verschlossen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein operiertes Auge erneut erkrankt, ist sehr gering, erklärt er. „Unter zwei Prozent liegt die Zahl der Wiedererkrankungen.“

Der Wallach wird noch einige Tage in der Sittenser Klinik beobachtet, bevor er die Rückreise antritt.

Kleine Partikel schwimmen in der Flüssigkeit, die Dr. Leser aus dem Glaskörper des Pferdes entfernt hat.

Kleine Partikel schwimmen in der Flüssigkeit, die Dr. Leser aus dem Glaskörper des Pferdes entfernt hat. Foto: Hennings

So eine Operation ist nicht ganz billig. Bei rund 10.000 Euro liegt die Rechnung, die ein Pferdebesitzer anschließend bekommt. Aus diesem Grund rät Dr. Stephan Leser dringend dazu, eine Krankenversicherung für die Tiere abzuschließen.

Durch die Operation erblindete das Mini-Shetty nicht

Auf die Frage, ob es Operationen gibt, die ihm besonders in Erinnerung geblieben sind, fällt dem Ophthalmologen das Mini-Shetty ein, das mit einer schweren Augenentzündung in die Hanseklinik gebracht wurde. „Die Chancen standen sehr schlecht“, erinnert er sich. Aber die OP war erfolgreich und der Zwerg konnte vor der Erblindung bewahrt werden.

Sehr gut erinnern kann er sich auch an die Dressurreiterin aus dem dänischen Nationalteam, Josefine Hoffmann. Ihr Wallach hatte sich wenige Wochen vor einer Europameisterschaft im Stall eine schwere Verletzung der Hornhaut zugezogen. „Es war fraglich, ob er auf dem Auge wieder sehen wird. Das hätte bedeutet, dass die beiden nicht mehr Teil des Nationalteams gewesen wären.“

Durch die Operation konnten 90 Prozent des Augenlichtes gerettet werden, und Pferd und Reiterin ritten erfolgreich bei der Meisterschaft.

Wir sind live bei einer Augenoperation am Pferd dabei

Heute schauen wir hinter die Kulissen der Hanseklinik für Pferde in Sittensen. Um genau zu sein: in den Operationssaal. Was dort passiert, erklärt der operierende Arzt.

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