THat der Wolf auch Vorteile für Natur und Mensch? Das sagen Jäger und Naturschützer

Ein Wolf läuft auf Futter wartend durch ein Gehege im Tierpark (Symbolbild). Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild
Allein die Frage dürfte für viele bereits eine Provokation sein: Hat der Wolf vielleicht auch positive Auswirkungen auf Natur und Mensch? Naturschützer und Jäger sind sich nur in einem Punkt einig.
Landkreis Cuxhaven. Das Thema Wolf ist ein heißes Eisen. Für manche ist seine Rückkehr ein Zeichen für eine natürlichere Umwelt. Viele Menschen in der Region lehnen seine Ausbreitung allerdings strikt ab.
Die Emotionen schwanken zwischen der Sehnsucht nach einer vermeintlich ursprünglichen Natur bis hin zu den ältesten Urängsten vor dem Wald und den Gefahren, die darin lauern mögen.
Wolfsangriffe bedeuten Leid für Weidetiere und einen wirtschaftlichen Schaden für die Halter
Ganz praktisch bedeuten Angriffe von Wölfen auf Nutztiere einen wirtschaftlichen Schaden bei Tierhaltern, vom Stress und Leid der Schafe, Rinder und Pferde ganz zu schweigen. Auch für die Tierhalter ist es traumatisch, die getöteten Nutztiere auf ihren Weiden zu finden.
Doch hat der Wolf trotz allem einen positiven Effekt für die Natur oder sogar für den Menschen? Allein die Frage dürfte für viele Menschen bereits überaus polarisierend sein.
Wildbestände dank Wolf unter Kontrolle halten?
Immer wieder wird angeführt, dass der Wolf helfen könnte, die Wildbestände unter Kontrolle zu halten. Rotwild und Damwild sorgen für einen starken Verbiss an jungen Bäumen und schädigen den Wald.
Und: Wildunfälle gehören mit zu den häufigsten Unfallursachen im ländlichen Raum. Hilft der Wolf womöglich, das Wild und damit Verbiss und Unfallgefahr zu reduzieren?
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Was sagen Naturschützer zur Rückkehr des Wolfs?
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) sieht die Rückkehr des Wolfs positiv. „Die Rückkehr des Wolfs nach Deutschland betrachten wir als großen Erfolg für den Natur- und Artenschutz“, teilte Sprecherin Gina Briehl vom Nabu in Hannover mit. Mit den richtigen Gesetzen könne Artenschutz langfristig funktionieren.
„Allerdings zeigt die Rückkehr auch, dass wir Menschen den Umgang mit der Natur für ein konfliktarmes Nebeneinander wieder erlernen müssen“, erklärt die Sprecherin weiter.
Der Nabu betont, dass Wölfe sich zu mehr als 90 Prozent von Wild ernährten. „Mit etwa ein, zwei Prozent der erbeuteten Biomasse sind Nutztiere eine Ausnahme auf dem Speiseplan des Wolfs und spielen für sein Überleben keine Rolle“, unterstreicht die Sprecherin.
Nabu: Wolf ist „Gesundheitspolizei im Ökosystem“
„Wölfe jagen vorwiegend ältere, kranke oder junge Tiere, da sie eine leichte Beute darstellen“, so die Sprecherin. „Nicht zu Unrecht wird der Wolf auch als Gesundheitspolizei im Ökosystem bezeichnet, da er den Wildbestand gesund hält.“
Das ist für den Nabu auch der größte Vorteil des Wolfs. Dass das Raubtier den Wildbestand maßgeblich reduziert, würden die Naturschützer hingegen nicht bestätigen.
„Die Wilddichte unserer Natur- und Kulturlandschaft ist unnatürlich hoch, so dass ein Rudel den Bestand in ihrem Revier in der Regel nicht maßgeblich reduziert“, so Briehl. Sprich: Es gibt in Deutschland demnach so viele Rehe, dass der Wolf keinen Effekt hat.
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Was sagen Jäger zur Rückkehr des Wolfs?
Bei den Jägern wird vieles hingegen komplett anders bewertet. Als Unterstützung bei der Reduzierung des Wildes wird das Raubtier auf jeden Fall nicht gesehen, eher als Konkurrenz um die Beute. Die Zahl der Rehe möchten die Waidmänner selbst regulieren.
Und so sind aus Sicht der Jäger einige Erwartungen an den Wolf zu optimistisch. „Man kann nicht einfach einen einzelnen Faktor wie den Wolf in unsere Kulturlandschaft einführen und hoffen, dass wieder ein natürlicher Urzustand hergestellt wird“, sagt Eike Lindau, Kreisjägermeister und Vorstand der Jägerschaft Wesermünde-Bremerhaven.
Jäger fordern nachhaltiges Wolfs-Management
Zwar würde man etwa an der B71 bei Heerstedt weniger Wild sehen, was mit den dort gesichteten Wölfen zusammenhängen mag. „Das Wild verschwindet aber nicht einfach, sondern weicht auf andere Regionen aus“, sagt Lindau. Demnach würde sich auch das Unfallgeschehen nur verlagern.
Das Problem mit dem Wildverbiss sei komplexer. „Es kommt vor allem auf eine gesunde Mischung an Bäumen in den Wäldern an“, sagt der Kreisjägermeister. Dann lasse sich auch der Wildverbiss in den Griff bekommen.
Auf der anderen Seite wollen auch die meisten Jäger wie Eike Lindau den Wolf nicht ausrotten. Stattdessen fordert er ein nachhaltiges Bestandsmanagement, bei dem die Zahl auf einem angemessenen Niveau stabil gehalten wird.
Dadurch soll auf der einen Seite der Bestand gesichert und gleichzeitig die Konflikte mit Menschen und Weidetieren auf ein Minimum reduziert werden. Genaue Zahlen müssten ermittelt werden. Doch derzeit gebe es offensichtlich zu viele Probleme, so der Jäger.
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Jäger und Naturschützer nur in einem Punkt einig
Doch trotz aller Unterschiede sind sich Jäger und Nabu zumindest darin einig, dass der Wolf keine Hilfe dabei ist, das Wild nachhaltig zu reduzieren. Dafür gibt es einfach zu viele Rehe.